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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

8. 6. 2014 - 23:23

The daily Blumenau. WM-Journal '14, Eintrag 14.

Die sportliche Preview in 13 Teilen. Heute (11): dort wo die den Deutschen zugeschriebenen Tugenden aktuell daheim sind. Über Italien und die Schweiz. #ITA #SUI

Auch 2014 online: der Versuch das Journal '13 (wie schon das von 2003, '05, '07, 2009 und 2011) durch ein kürzeres Format zu ersetzen, um so Täglichkeit hinzukriegen. Mit Items aus diesen Themenfeldern.

Heute: ein Eintrag ins WM-Journal '14. Die Preview mit den Einschätzungen der WM-Teilnehmer gibt's diesmal nicht einzeln oder nach den gelosten Gruppen, sondern nach Kulturräumen.

Teil 10 gehört den brasilianischen Gastgebern und Favoriten.

Teil 9 räumte den mittelamerikanischen Teams aus Mexiko, Costa Rica und Honduras wenig Chancen ein.

Teil 8 beschrieb drei asiatische Vertreter (Iran, Japan, Süd-Korea).

Thema in Teil 7 waren die vier Teams aus Ost- und Südosteuropa (Russland, Kroatien, Bosnien, Griechenland)

Teil 6 teilten sich die Nachbarn Argentinien und Uruguay

Teil 5 gehört 'tschland, dem deutschen Lieblingsnachbarn.

Teil 4 war Frankreich und Algerien gewidmet.

Teil 3 befasste sich mit den vier Teams aus Sub-Sahara-Afrika: Cote d'Ivoire, Kamerun, Ghana und Nigeria.

Teil 2 featurt die beiden Vertreter der Benelux-Staaten, Belgien und die Niederlande.

Teil 1: Mutterland & Offsprings, England, USA und Australien.

Die Einträge 2 und 3 gaben erste Antworten auf die zentralen Fragen; Eintrag 1 beschrieb ein Was-wäre-wenn aus österreichischer Sicht.

Stabile Defensiv-Reihen, eine prinzipiell einmal auf Torsicherung ausgerichtete Spielanlage, großes Selbstbewusstein auch wegen der Gewissheit, immer in ein Match zurückkommen zu können: so war Team Germany in den 90ern unterwegs. Heute sind es die südlichen Nachbarn, das von den Ligen in Deutschland und Italien geprägte Schweizer Team und die Italiener selber.

Team Italia

Viel hat sich seit der Euro '12, die Italien durchaus nicht unüberraschend im Finale sah, nicht geändert. Das aktuelle Aufgebot von Cesare Prandelli unterscheidet sich unwesentlich von dem von vor zwei Jahren und noch unwesentlicher vom Confed-Cup-Team '13. In beiden Turnieren war bei Spanien Endstation, '12 deutlich, '13 knapp.

Prandellis Korsettstanden sind Keeper Buffon, die drei Juve-Verteidiger davor, dann Motta und de Rossi, die Pirlo flankieren, (nachdem Montolivo verletzt ist) Marchisio als Freigeist im offensiveren Bereich und Balotelli vorne drin.

Prandellis Zusatzplus: mit dieser wirklich sehr erfahrenen und eingespielten Truppe kann er strategisch unglaublich flexibel sein. Die 4-3-1-2-Grundformation kann sich jederzeit in ein 4-3-3, ein 4-5-1, ein 4-2-3-1 oder auch in ein 3-5-2 verwandeln, ganz nach Belieben.

Um beim letzten System zu bleiben: angesichts der einzigen echten Unsicherheit, ja Schwäche der Squadra Azzurra, nämlich der Abwesenheit von Außenverteidigern von echter Klasse, wäre es nicht einmal die blödeste Idee, so zu spielen. Die nominierten Angreifer sind ohnehin allesamt Spieler, die lieber aus der Etappe, auch über die Flügel kommen. Und die (Immobile, Cerci, Insigne) sind auch die einzigen Neueren, die Chancen auf die Startelf haben.

In der Defensive baut man auf die alten Häuser, vor allem die Mittelfeld-Zentrale ist schwer überwuzelt - aber ich habe Pirlo schon die letzte Euro nicht mehr ganz zugetraut und bin falsch gelegen. Bloß: jetzt ist er noch zwei Jahre älter und spielt in einer ungewohnten Klimazone.

Wenn die Italiener das in den Griff kriegen, dann ist wieder einiges möglich. Das auf der Kontinuität der letzten Jahre fußende Selbstvertrauen ist da, die Hierarchie im Kader stimmt und das Vertrauen auf die Trickkiste von Prandelli ist oft schon die halbe Miete. Auch in der schweren Gruppe D, der der Ex-Weltmeister England, Uruguay und eben Italien (plus Costa Rica).

Aber: egal wie man's dreht - im Viertelfinale droht entweder Brasilien (gegen die in ihrer Heimat keiner spielen will) oder Spanien. Und die waren in den beiden letzten Jahren eben noch eine Nummer zu groß.

Der 23er-Kader

Tor: Gianluigi Buffon (Juventus), Salvatore Sirigu (PSG/F), Mattia Perin (Genoa) sowie Antonio Mirante (Parma) falls Sirigu nicht fit wird.

Abwehr: Andrea Barzagli, Leonardo Bonucci, Giorgio Chiellini (Juventus), Gabriel Paletta (Parma), Mattia De Sciglio, Ignazio Abate (Milan), Matteo Darmian (Torino) und Andrea Ranoccia (Inter) falls noch Barzagli ausfällt.

Mittelfeld: Andrea Pirlo, Claudio Marchisio (Juventus), Daniele De Rossi (Roma), Thiago Motta, Marco Verratti (PSG/F), Antonio Candreva (Lazio), Alberto Aquilani (Fiorentina), Marco Parolo (Parma).

Angriff: Mario Balotelli (Milan), Antonio Cassano (Parma), Alessio Cerci, Ciro Immobile (Torino -> BVB/D), Lorenzo Insigne (Napoli).

Stand-By: Christian Maggio (Napoli), Manuel Pasqual (Fiorentina), Romulo (Verona), Mattia Destra (Roma), Guiseppe Rossi (Fiorentina).

Ricardo Montolivo (MIlan) wäre bei den 23 dabei gewesen, hat sich aber kurzfristig verletzt.

Zu einem Fitness-Test eingeladen waren weitere Spieler aus der Serie A: Bardi (Livorno), Scuffet (Udinese); Astori (Cagliari), De Silvestri (Sampdoria); Poli (Milan), Baselli (Atalanta), Bernardeschi (Crotone), Bertolacci (Genoa), Bonaventura (Atalanta), Florenzi (Roma); El Shaarawy (Milan), Osvaldo (Juve), Berardi, Zaza (Sassuolo), Gabbiadini (Sampdoria), Gilardino (Genoa).

Wer fehlt?

Dass es Gilardino nicht in den 30er-Großkader geschafft hat, überrascht nicht - Prandelli hatte das angekündigt - bei Stephan El Shaarawy von Milan hingegen hielt die Entwicklung nicht Schritt mit den Erwartungen.

Bis auf die drei Spieler von Paris St. Germain verzichtet Cesare Prandelli auf alle Legionäre; Salvatore Bocchetti (Spartak Moskau), Domenico Criscito (Zenit St. Petersburg), Davide Santon (Newcastle), Graziano Pellè (Feyenoord), Giulio Donati (Leverkusen) oder Antonio Nocerino und Marco Borriello von West Ham und natürlich Pablo Osvaldo (Southampton).

Wohl schon zu alt sind Borini, Giaccherini, Mannone und Dossena von Sunderland, Alessandro Diamanti ist in China zu weit weg vom Schuss, so wie Alessandro Del Piero in Sydney oder Di Vaio und Ferrari in der MLS.

Aus der Seria A fehlt etwas überraschend die vormalige Zukunfts-Aktie Angelo Ogbonna (Juve), Federico Balzaretti (Roma) sowie Power-Zwerg Giovinco (Juve).

Nicht dabei Federico Marchetti (Lazio) und schon länger abservierte Altstars wie Pepe, Quariogella, Francesco Totti, Luca Toni und Antonio di Natale.

Team Schweiz/Suisse/Svizzera/Switzerland

Die Zeiten, in denen ein gutes Vorankommen der Schweiz noch eine echte Überraschung war, sind vorbei. Nach der furiosen 2006er-WM und dem einzigen Sieg gegen den späteren Weltmeister 2010 wird heuer niemand den langjährigen Underdog unterschätzen. Zumal sich die Nati unter Ottmar Hitzfeld noch weiter stabilisiert hat. Der Deutsche, den viele für einen Schweizer halten, hält strikt am von Köbi Kuhn eingeführten Kurs fest.

Das lässt sich nicht nur am recht rigiden 4-2-3-1 ablesen, das bis hinunter in die Jugendnationalteams gespielt werden soll, sondern auch am eng gewebten Kadernetz, bei dessen Zusammenstellung auch Kriterien wie Belastungsfähigkeit oder teamtaktische Intelligenz entscheidend sind. Hitzfelds Schweizer Nati kommt dementsprechend recht humorlos rüber, auf dem Platz. Und das ist Absicht.

Wie auch bei Italien gibt es Korsettstangen auf klar vergebenen Stammplätzen. Tormann Benaglio, Lichtsteiner und Rodriguez außen in der Abwehr, Kapitän Inler und einer seiner Napoli-Kumpane in der defensiven Zentrale, davor Shaqiri, Xhaka, Stocker und als Solo-Spitze Drmic.

Die Innenverteidigung werden wohl Van Bergen/Schär bilden, das alte und gern verletzte Dream Team Djourou-Senderos ist nur zweite Wahl; so wie auch Gelson im Zentrum und Mehmedi und Seferovic vorne. Und diese Aufzählung zeigt schon: der (auf schweizerisch: das) Kader ist dicht, es hat durchgehend Optionen. Sogar im Tor könnte Sommer Benaglio ohne den geringsten Qualitätsverlust ersetzen.

Das kann in der Gruppe E, die mit Frankreich und Ecuador Gegner bringt, die letztlich auf Augenhöhe sind (dazu kommt Außenseiter Honduras), schon etwas hermachen. Und in der wäre Platz 1 schon eine gute Sache, um einmal Argentinien (gleich im Achtelfinale) umgehen zu können.

Dazu bräuchte es allerdings ein wenig mehr Pep, als die Schweizer in ihrer sehr öden (und allzu leichten) Quali-Gruppe und auch in den letzten Tests gezeigt haben. Sich nur zu stabiliseren allein, sich nur auf die einstmals zu typisch deutsch erklärten Tugenden zu verlassen, wird zu wenig sein.

Der 23er-Kader

Tor: Diego Benaglio (Wolfsburg/D), Roman Bürki (Grashopper), Yann Sommer (Basel -> Gladbach/D)).

Abwehr: Stephan Lichtsteiner (Juventus/IT), Johan Djourou (HSV/D), Michael Lang (Grashopper), Ricardo Rodriguez (Wolfsburg/D), Fabian Schär (Basel), Philippe Senderos (Valencia/SPA), Steve von Bergen (YB)), Reto Ziegler (Sassuolo/IT).

Mittelfeld: Tranquillo Barnetta (Frankfurt/D), Gökhan Inler, Valon Behrami, Blerim Dzemaili (Napoli/IT), Gelson Fernandes, Admir Mehmedi (Freiburg/D), Xerdan Shaqiri (Bayern/D), Valentin Stocker (Basel), Granit Xhaka (Gladbach/D).

Angriff: Josip Drmic (Nürnberg/D), Mario Gavranovic (FCZ), Haris Seferovic (Real Sociedad/SPA).

Stand.By: Marvin Hitz (Augsburg/D); Timm Klose (Wolfburg/D), Silvan Widmer (Udine/IT), Pirmin Schwegler (Frankfurt/D), Fabian Frei (Basel), Pajtim Kasami (Fulham/ENG), Eren Derdiyok (Kasımpaşa/TUR).

Wer fehlt?

Tirmann Marco Wölfli (YB) sowie Fabian Lustenberger (Hertha/D), Steven Zuber (ZSKA Moskau/RUS) und der einst gesetzte Innocent Emeghara (Livorno/IT) hatten noch Chancen gehabt. Keeper Johnny Leoni (Omonia/CYP), François Affolter (Werder/D), Michel Morganella (Palermo/IT) oder Nassim Ben Khalifa (Grashopper) weniger.

Altstars wie die Degen-Brüder stehen nicht mehr zur Diskussion.

Österreich-Aspekt

Schon erstaunlich, dass die Österreich-Bezüge sowohl zu Italien als auch zur Schweiz, also zu zwei Nachbarländern, so spärlich gesät sind.
Es spielen kaum Schweizer oder Italiener in Österreich - zuletzt etwa nur Stjepan Vuleta, der talentierte U20-Teamspieler aus Basel auf Leihe in Innsbruck. Und natürlich Rechtsverteidiger Christian Schwegler von Meister Salzburg, der aber nie so recht einen Draht zur Nati fand.
Es gibt aktuell sehr wenige österreichische Legionäre in den beiden Ländern: Garics, Stojanovic, Büchel, Spendlhofer, Gucher bzw Daniel Sikorski (hurt on arrival in St.Gallen) und einige andere mehr in den dem Schweizer Verband angeschlossenen Liechtensteiner Teams.
Der letzte Doppelstaatsbürger, der dann zu ÖFB-Teamehren kam, der Schweizer Austrio-Ghanese Charles Wittl, ist aktuell nach seinem Trainer-Abgang beim FC Serrières ebenso beschäftigungslos wie Paß-Österreicher Rolf Fringer.

Und dass die Schweiz mit Österreich gemeinsam die Euro 2008 ausgetragen hat, ist vielen hierzulande gar nicht wirklich aufgefallen, geschweige denn ernsthaft erinnerlich.