Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Prince war in Wien. Es war sehr funky."

Alexandra Augustin

West Coast, wahnwitzige Künste und berauschende Erlebnisse. Steht mit der FM4 Morningshow auf.

8. 6. 2014 - 05:25

Prince war in Wien. Es war sehr funky.

Prince hat gestern in der Wiener Stadthalle gespielt. Begleitet hat ihn die beste all female Band 3rdEyeGirl. A girl with a guitar is 12 times better than another crazy band of boys!

„So arg, so viele Menschen. So viel los war zuletzt beim Dalai Lama!“ stellt meine Freundin W. fest, als wir vor der Wiener Stadthalle in der ewig langen Schlange anstehen. Und hier vermischen sich Menschen sämtlicher Welten. Hinter mit stehen zwei schwer tätowierte Typen mittleren Alters mit Rage Against The Machine-T-Shirt am Leib. Sie sind extra aus Bratislava angereist für Prince. Seit 20 Jahren besuchen sie jedes seiner Konzerte, wenn möglich. Vor der Halle unterhalten sich Menschen darüber, wie sie auf Parties zu Prince-Songs das erste Mal geknutscht haben. Passenderweise haben auch verdächtig viele Menschen das gleiche Outfit an, wie anno dazumal in den 1980ern und 1990ern: Bauchfrei, 90er Jahre Blumenkleidchen, helle Jeansjacken, hoher Zopf, Plateau-Stoffschuhe. Steht nicht jedem (hat es das jemals?), schaut aber sehr lustig aus.

Und ich? Ich warte hier eigentlich nicht wegen Kuschelrock-L'Amour-Hatschern à la Purple Rain, das die Fans in der Schlange schon eifrig anstimmen. Die Musik von Prince hat bei mir ehrlich gesagt immer nur zweite Geige gespielt. Also nicht im ignoranten Sinn, aber ich bin heute nicht wegen ihm hier. Ich freue mich auf die allerbesten Musikerinnen, die aktuell um den Globus touren: Seine all-female Band 3rdEyeGirl. Fantastische Rockmusikerinnen haben mich schon immer ein Stück mehr fasziniert, als die Männer im Rampenlicht.

Prince_and_3RDEYEGIRL

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Prince und 3rdEyeGirl

3rdEye-wer? 3rdEyeGirl!

Prince war stets jemand, der sich nie alleine im Scheinwerferlicht gesonnt hat. Da wären seine Begleitbands The Revolution und The New Power Generation. Ein Song ist nur so gut wie die Musiker, die ihn rüberbringen. In der Welt des Funk sind die Synergien unersetzbar. Nun hat Prince drei Frauen unter dem Titel 3rdEyeGirl mit dabei.

Schlagzeugerin Hannah Ford ist mit ihren 24 Jahren die aktuell beste Drummerin Amerikas, wenn nicht der Welt. Dann ist da die kanadische Gitarristin Donna Grantis, die mit ihrer Gitarrenkunst sämtliche Großmäuler mit links an die Wand spielt und Bassistin Ida „Funkhouser“ Nielsen, die wahre Prince-Fans natürlich schon länger kennen.

Und wie Prince im Song: Fix Ur Life Up singt: "A girl with a guitar is 12 times better than another crazy band of boys!" Word.

Girls Just Want to Have Drums

Dass sich Prince eine starke Frauenband zusammengestellt hat, ist wunderbar. Andere Medien schreiben von „einer jungen Mädchenband“. Das hat einen ziemlich absurden Beigeschmack und nichts mit der Realität zu tun. 300 Lieder aus dem Prince-Universum beherrschen die drei Musikerinnen von 3rdEyeGirl im Schlaf. Dazu verstehen sie die Kunst des Jammens, mit anderen MusikerInnen zu interagieren, sich zu verlieren, um gemeinsam einen Song zu erarbeiten. 3rdEyeGirl dabei zuzuhören, wie sie ihre Soli dem Publikum entgegenschleudern, ist die reinste Freude. Allen voran Schlagzeugerin Hannah Ford.

Als siebenjährige hatte sie das erste Mal Schlagzeugsticks in der Hand, seitdem hat sie diese nicht mehr zur Seite gelegt. Egal ob Pop, Rock, Jazz, Funk: Sie hat es einfach drauf. Stundenlang hab ich mir ihre Youtube-Videos angesehen, in denen sie Tipps gibt, wie man seine Schlagzeugkünste verbessert. In vielen Interviews erzählt sie, wie wichtig es ist, dass junge Frauen Schlagzeug spielen und sich nicht von männlichen Kollegen einschüchtern lassen. Es sind Frauen wie Hannah Ford, die die starren Muster der Musikwelt aufbrechen, und das ist gut so. Genauso wie die ehemalige Prince-Drummerin Sheila E., die einst eindrucksvoll gezeigt hat, wie wunderbar es sich mit High Heels Schlagzeug spielen lässt. Mehr solche Role Models, bitte! Kauft’s euch ein Schlagzeug, eine Gitarre oder einen Bass und macht Musik! Mit Prince oder wem auch immer. Hauptsache nicht still und leise.

I am Prince and so are you!

Aber gut, zurück zu Prince, denn Prince ist ja ein guter. Prince ist ja auch alles andere als der typisch männliche Rockstar. Klischées und schubladisierte Zuschreibungen haben in seiner Welt sowieso nichts verloren. Prince, der Musiker der schon in der Frühzeit seiner Karriere ganz selbstverständlich Frauenkleider getragen hat, ja der die Frauenhose für Männer so richtig modern gemacht hat. Der Jahre später als The Artist Formerly Known As Prince ein eigenes Symbol kreiert hat - eine Mischung aus ♂ and ♀. Und dann ist da seine außergewöhnliche Präsenz: Dieses schillernde, ewig junge Pop-Chamäleon mit dieser fließenden, androgynen Sexualität. Und während andere Musiker nahe der 60 höchstens noch eine zusammengepanschte Best Of-Show präsentieren, war das Konzert in Wien ein musikalisches Feuerwerk im Hier und Jetzt.

Prince

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Auf der Bühne ein Prince, der an einen wiederauferstandenen Jimi Hendrix erinnerte. Weiße Schlaghose, Afro-Haarschnitt, viele blinkende Goldketten. Flammen, Nebel, lila Konfetti, viel Liebe. Und die 9000 anwesenden Fans wurden nicht enttäuscht. Purple Rain wurde zu einem unglaublichen 15 Minuten langen Epos transformiert. When Doves Cry, 1999, Nothing Compares 2 U, Kiss, Diamonds and Pearls: Hits, Hits, Hits.

Nach Konzertende stimmte das Publikum ein Ständchen an, immerhin hat Prince gestern Abend eben auch seinen 56. Geburtstag gefeiert. „Haaappy Börthday to you, Happy Börthday lieber Prinz“ erschallte es im tiefsten Wienerisch. Und danach folgte eine Perlenkette an Zugaben, die länger als das eigentliche Set war. Wie oft kamen Prince und 3rdEyeGirl wieder auf die Bühne zurück? Nach dem 10. Mal habe ich aufgehört zu zählen.

Prince

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I'm a musician. And I am music.

Das allerbeste am Konzert: Keine blöden Handys in der Luft! Lang lebe das Fotoverbot! Prince will unsere Gesichter sehen und nicht 9000 Telefondisplays. Übrigens waren überhaupt keine Fotografen erlaubt und auch Journalisten war es untersagt, Bilder zu schießen. Und ganz ohne diese nervige Technik, die sonst immer über den Schädeln baumelt, fühlte man sich tatsächlich wie anno 1982, 1988, 1992 oder 1999. Der einzige Hinweis, dass wir eben doch schon 2014 haben: Bei den Schmusenummern ist es stockdunkel in der Stadthalle! Nachdem 2014 ja anscheinend kaum noch jemand raucht, hat wohl niemand mehr ein Feuerzeug eingesteckt. Magere drei Lichter bei Nothing Compares 2 U! Nehmt in Zukunft doch bitte wieder ein Feuer mit, trotzdem!

Insgesamt ein wunderbar gelungener Abend. Weinende Tauben, schniefende Menschen, die Rotz aufziehen. Eine Massenkarthasis mit hohem Taschentuchverbrauch. Top! Tage zuvor hab ich übrigens begonnen, spannende Fakten rund um das Leben von Prince zusammenzutragen, die ich noch nicht wusste oder längst vergessen hatte. Großartige Ereignisse und Zitate. Die müssen jetzt noch her. Und dann: Abmarsch, Paradiddle üben.

  • Prince genießt seine finanzielle Freiheit. Er braucht ja endlich nicht mehr dafür zu arbeiten, um sein Essen zu kaufen: „Freiheit ist etwas interessantes und man muss hart dafür arbeiten. Früher stand ich immer draußen bei Mc Donalds um das Essen zu riechen, als ich kein Geld hatte!".
  • Klingeltöne sind böse! Prince besitzt kein Handy und hasst digitale Musik: "You're getting sound in bits. It affects a different place in your brain. When you play it back, you can't feel anything. We're analogue people, not digital!".
  • Spaghetti und Orangensaft sind Princes Leibspeisen.
  • Für den Song Sex In The Summer hat Prince den Herzschlag seines ungeboren Sohnes als Beat verwendet. Leider ist der kleine eine Woche nach der Geburt an einer seltenen Krankheit verstorben.
  • Prince ist Zeuge Jehovas und feiert seinen Geburtstag nicht: "If you look in the bible there's no birthdays!“.
  • Prince verehrt die Musikerin Adele:"When she just comes on and sings with a piano player, no gimmicks, it's great!". Und er ist außerdem ein großer Fan von Janelle Monáe.
  • Prince spielte die E-Gitarre auf Madonnas Like A Prayer.
  • Prince war nur einige Blocks entfernt, als das Attentat auf John Lennon verübt worden ist.
  • Prince hat sich das Musik machen und produzieren selbst beigebracht. Sein erstes Album For You hat er im Alleingang aufgenommen.