Erstellt am: 6. 6. 2014 - 18:51 Uhr
Im Herzen des Lärms
- heartofnoise.at
- FM4 unterwegs auf Festivals
Alle reden vom Donaufestival, dieser sinnvollen Investition von Kulturförderung. Liebevoll geplant, kompetent kuratiert und professionell organisiert, hat diese zur Institution gewordene Veranstaltung Niederösterreich auf einer virtuellen Landkarte der postmodernen Avantgarde in Theater, Performance, E- Musik und Pop auf einen der prominentesten Plätze eingeschrieben. Tausende an etwas anderer Kunst Interessierte aus ganz Europa pilgern jährlich im Frühling ins verschlafene Krems und lassen sich überraschen und verstören. Ein nicht nur für Österreich einzigartiges Ereignis, möchte man meinen.
Heart of Noise festival
Doch seit einigen Jahren gibt es eine Antwort aus dem Westen. Das "Heart of Noise"-Festival schlißst an die lebendige Innsbrucker Lärm- Community aus der Zeit des guten, alten Kulturzentrum "Haus am Haven" an (nicht zu verwechseln mit der mietbaren Mehrzweckhalle gleichen Namens, die danach direkt neben dem alten Standort entstand). Kuratiert von DJ Wizard Stefan Meister und einem Team um die Innsbrucker PMK, nimmt sich das Festival die abseitigen Sounds aus Hardcore und Elektronik zu Herzen. Und man hat den Eindruck, dass hier nicht Eindruck geschunden wird, sondern dass sich die Betreiber mit viel Übersicht und guten Kontakten persönliche Herzenswünsche erfüllen. Neben Noise und Klangforschung wird heuer ein besonderer Schwerpunkt auf die Visuelle Avantgarde gelegt.
Einen haben wir wohl schon verpasst: Beim Warm-up von vor zwei Wochen spielte der großen Held der Noise Bewegung, Kazuyuki Kishino aka KK Null, Gitarrist von Zeni Geva und Gitarrist von Merzbow, eine Lärmsession zur Eröffnung des Festivals, begleitet vom ungarischen Drummer Balasz Pandi, den man vielleicht von den Venetian Snares oder den italienischen Jazz-Noise-Pionieren Zu kennt.
Heute zur großen Gala treffen der superberühmte japanische Medienkünstler Ryoji Ikeda und sein virtuelles Architekturprojekt "Supercodex" auf die kanadischen Wolf Eyes und das düsterschöne Projekt Haxan Cloak (swenglish für "Hexenmantel") des britischen Multiinstrumentalisten und Visual Artist Bobby Krlic.
Robert Lippok (To Roccoco Rot, Tarwater) und Lillevan (Rechenzentrum) stehen für eine sanftere Klangarchitektur, dafür macht Russell Haswell dann Lärm zwischen Black Metal, Techno und Elektronica. Wer das alles nicht mag, hat auf jeden Fall Gelegenheit, die in jeder Hinsicht erstaunliche Avant-Pop Künstlerin Holly Herndon bei einem ihrer seltenen Auftritte zu entdecken.
Ein nicht ganz unbekannter Innsbrucker Musiker erfüllt sich und uns auch einen Wunsch: Der in Berlin lebende, zwischen Pop und Noise lavierende Musiker Werner Möbius ( "play the tracks of...") trifft auf die Krautrock-Legende Hans Joachim Roedelius. Dazu noch Drone, Turntablism Metal, Reggae, Lärm aus Tirol und der ganzen Welt.
Zusätzlich kostet ein Festivalpass schlanke 35 Euro - für die kriegt man in Innsbruck ein paar Biere - und die darf man dann erst nicht trinken. Also hingehen und sich überraschen lassen.