Erstellt am: 5. 6. 2014 - 18:00 Uhr
Gezeichnete HipHop Geschichte
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Wenn man sich für HipHop-Musik sowie die Kultur und Geschichte dahinter interessiert, gibt es mittlerweile eine gute Anzahl sehr lesenswerter Bücher: Vom (etwas angegrauten) Standardwerk zu einer umfassenden Oral History der frühen Jahre, von einem spannenden Überblick über die Entstehung einer Industrie bis zu einer soziologischen Analyse der Gegenden und Momente, in denen verschiedene HipHop-Strömungen entstanden - um da nur eine Handvoll zu nennen. Wer sich ohne zu viele Lesestunden einen guten Überblick verschaffen will - zumindest über die allerersten Jahre des HipHop in seiner Geburtsstadt New York - hat jetzt aber auch die Möglichkeit, dies via Graphic Novel zu tun.
Metrolit Verlag
Sehr lesenswert: Ein ausführliches Interview mit Ed Piskor über seinen Comic-Werdegang.
Ed Piskor, ein junger Comic-Zeichner aus Pittsburgh, Pennsylvania hat sich durch Arbeiten mit dem großen Harvey Pekar oder über die Anfänge des Hacking und Phreaking erstmals einen Namen gemacht. Seine HipHop-Leidenschaft lebte er in den letzten Jahren aber auch durch wöchentliche Comic-Strips über die Frühgeschichte der Jugendkultur für die Website boingboing aus.
Die gut recherchierten und schön illustrierten Kurz-Bildgeschichten unter dem Titel HipHop Family Tree erregten bald weltweit Aufmerksamkeit und wurden schließlich letztes Jahr in Buchform veröffentlicht. Die Kunde von einer kommenden deutschen Fassung hat bei mir anfangs zugegeben etwas Skepsis ausgelöst - schließlich ist die Übersetzung des speziellen Slangs und der afroamerikanischen Kultur nicht erst einmal gehörig danebengegangen. Zum Glück hat sich der Verlag mit Falk Schacht einen der angesehensten HipHop-Journalisten Deutschlands mit ins Boot geholt, der sich mit dem nötigen kulturellen Verständnis einbrachte.
Metrolit Verlag
Die obige Episode, wie Silvia Robinson von Sugar Hill Records ihrem Konkurrenten Paul Winley seine Stars abwarb, wird da ebenso erzählt wie Blondies Ausflug in die Rapture, der legendäre Battle zwischen Kool Moe Dee und Busy Bee oder die ersten musikalischen Schritte des zukünftigen Langbart-Gurus namens Frederick Jay - kurz Rick - Rubin.
So geht der HipHop Family Tree genügend in die Tiefe, um auch Leuten, die die Frühgeschichte des HipHop im Prinzip kennen, noch neue Perspektiven zu bieten. Gleichzeitig ist die Graphic Novel aber auch niederschwellig genug, um sowohl Kindern als auch Großeltern einen fundierten Einstieg in die Materie zu ermöglichen – und über die mitgelieferte Bibliographie und Diskographie kann man dann ohnehin noch weiter eintauchen. Die Ankündigung eines zweiten Teils – hoffentlich dann auch wieder auf Deutsch – lässt also jetzt schon Freude aufkommen.