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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

3. 6. 2014 - 13:26

The daily Blumenau. Tuesday Edition, 03-06-14.

Hoffnung auf epische Rache: die echte Austria Salzburg steht vor der Rückkehr in den Profibereich. #fußballjournal14

Auch 2014 online: der Versuch das Journal '13 (wie schon das von 2003, '05, '07, 2009 und 2011) durch ein kürzeres Format zu ersetzen, um so Täglichkeit hinzukriegen. Mit Items aus diesen Themenfeldern.

"Des is mei Mannschaft", sagt der hochrangige Manager eines österreichischen Wettbewerbssponsors. Er sagt es mit der sicheren Stimme des Mannes, der sich der Gefühle seiner Kindheit und Jugend immer noch verbunden fühlen kann, mit dem Ausdruck der unverrückbaren und klaren Wahrheit, die nur Kindern vorbehalten ist. Dann macht er ein Handyfoto von der Choreografie der Fans seiner Mannschaft gegenüber.

Choreo bei Relegationsspiel FAC - Austria Salzburg

rlw.at

Sie ist durchaus eindrucksvoll. Die Mannschaft des Managers ist Austria Salzburg, der diesjährige Gewinner der Meisterschaft der Regionalliga West. Die SV Austria Salzburg gibt es seit September 2005, als Reaktion auf die Übernahme und entsprechende Umbenennung der originalen SV Austria Salzburg durch Red Bull im April dieses Jahres.

Der Manager hat nichts gegen Red Bull; die auch den Bewerb, dessen Sponsoring er vertritt, gewonnen haben. Seine Mannschaft ist es aber trotzdem nicht. Wird es nie sein; kann es nie werden. War es nur vor 2005.

Da war man der Traditionsverein, der in den 90er-Jahren eine beispiellose Serie mit drei Meistertiteln, einem UEFA-Cup-Finaleinzug und einer Champions-League-Teilnahme hingelegt hat. Die Boygroup rund um Konrad, Feiersinger, Pfeifenberger interessierte ein sehr junges Publikum ganz neu für den bis dorthin immer noch imagemäßig als Prolo-Männer-Domäne besetzten Fußballsport. Danach fuhr man in ein finanzielles Debakel und sah sich zum de-facto-Franchise-Verkauf gezwungen. Der harte Kern der Salzburg-Fans konnte und wollte das, die Änderung der Vereinsfarben und die gesamte Umfeld-Politik nie akzeptieren und wurde von der neuen Red Bull-Führung systematisch aus dem Stadion gedrängt/-ekelt.

Austria Salzburg neu begann in der untersten Spielklasse und erwarb sich einen (üblen) Ruf als Randale-Verein, dessen Fans sich nicht für ständige Übertretungen (Pyros, Wurfgeschosse) bis hin zu Spielabbrüchen zu schade sind.

Um in die sogenannte 1. Liga, die zweite, medial österreichweit gecoverte Profiklasse aufzusteigen, müssen die Violetten die Relegation gegen den Meister der Regionalliga Ost, den FAC gewinnen. Wie ich zum FAC stehe, ist hier rauszulesen. Ich mag die Transdanubier irgendwie. Und ja, es würde mit gefallen, alle zwei Wochen ein Erstliga-Heimspiel live vor Ort anschauen zu können. Jetzt, nachdem die Vienna wieder in der Regionalliga verschwindet; zurecht. Das war seit einiger Zeit auch nicht mehr mitanzusehen.

Beim FAC hat man im Gegensatz dazu aus ganz wenigen Möglichkeiten viel gemacht. Trainer Hans Kleer schraubt seit drei Jahren an der Mannschaft herum, und hat ihr seine Philosophie verinnerlicht: technisch sauberen, spielerisch anspruchsvollen One-Touch-Kombinationsfußball, gern im schnellen Gegenstoß bei gutem Tempo durchgeführt. Ein Aufstieg in die 1. Liga wäre ein ziemlicher Kulturschock, aber machbar (auch wenn man womöglich ins Happel-Stadion ausweichen müsste).

Die Relegation gegen die Salzburger, deren zahlreiche Fan-Busse die gesamte Umgebung verkehrstechnisch lahmlegen, findet auf dem aus allen Nähten platzenden FAC-Feld in der Hopfengasse in Floridsdorf statt. Ausverkauft, seit Tagen schon. Der Manager steht im überfüllten VIP-Bereich am Fenster und sieht genauso schlecht/wenig wie alle anderen. Ist aber auch völlig egal: die Hütte bebt.

Der Salzburger Kader ist besser besetzt, man gilt als klarer Favorit. Die neue Austria spielt einen schnörkellosen Angriffs-Fußball, der durch die Klasse der Offensivreihe hohes Durchsetzungsvermögen besitzt.

Die Spielanlagen beider Mannschaften entsprechen also ziemlich exakt dem Temperament bzw. Zustand der beiden Vereine: die Salzburger müssen, die brennen, sie können nicht anders. In der 1. Liga würden sie zwar noch nicht auf den verhassten Feind Red Bull, aber immerhin schon auf deren Farmteam, den FC Liefering treffen. Das wären also vier Chancen auf epische Revanche, und dafür leben die Spieler, die Fans, die Funktionäre. Die Wiener würden nicht einmal ansatzweise in die Legenden-Fußstapfen der durch seine gewitzten Fans geprägten Umfeld-Kultur der Vienna treten - sie wären ewige Außenseiter, die sich nicht als Kampfschweine, sondern als begabte Zangler ausweisen und einen schönen Fußball spielen wollen.

Das Relegations-Hinspiel verläuft dann ein wenig absurd: es passiert immer das Unerwartete. Die 1. Halbzeit wird, unerwartet, vom FAC dominiert, Salzburg kommt, unerwartet, nicht in die Gänge. Trotzdem geht die Austria, unerwartet, in der 39. Minute in Führung.
Die zweite Halbzeit legen die Violetten dann, unerwartet, los wie die Feuerwehr und suchen die Entscheidung. In der 62. Minute gelingt dem FAC, unerwartet, der Ausgleich. Danach dominieren wieder, unerwartet, die Platzherren, gehen - unerwartet - sogar 2:1 in Führung, während der Favorit, unerwartet, nicht mehr wirklich in die Gänge kommt. Als sich alle schon mit dem knappen Heimsieg abgefunden haben, gelingt der Austria, völlig unerwartet, in der Nachspielzeit noch der Ausgleich.

Das Niveau des Matches ist trefflich: gutes Tempo, gute Grundtechnik. Akteure wie Demic und Pittnauer auf der einen und vor allem Onisiwo auf der anderen Seite stechen hervor. Beide Mannschaften laufen in einem sehr konventionellen flachen 4-4-2 auf, machen aber zu allermeist draus ein 4-2-4. Der FAC überrascht mit Klerer'schen Ideen: so gehen bei Standards und auch Einwürfen in Strafraumnähe immer Innenverteidiger Herbst und der zentrale Mittelfeldspieler Sütcü in den 5er und sorgen dort für Gefahr/Irritation. Und auch die Standards der Salzburger können sich sehen lassen.

Verdient war's ned, sagt der neben mir stehende Salzburger Berichterstatter am Ende. Und später, in der U-Bahn werden die Salzburger Fans, die nicht extra angereist waren und im Kordon wieder heimgeschickt wurden, sondern vor Ort leben, den Wiener Fans gestehen, dass sie sich mit dem 1:2 abgefunden und gut bedient gefühlt hätten. Die Wiener machen sich dann ein bisserl über die nach Spielende am Rasen abgehaltene Salzburger Feier lustig - als hätten sie die Champions-League gewonnen, oder? Aber allen ist klar, wie wichtig der Aufstieg für die echte, die eigentlich alte und nominell neue Austria Salzburg wäre. Und auch die FAC-Fans klopfen Schultern und wünschen den Gegnern dort dann das Beste; denn mit einem FAC-Aufstieg im Salzburger Hexenkessel am Donnerstag rechnet nach diesem Remis niemand.

Wenn man das massive Polizeiaufgebot, die unendlich weiträumigen Absperrungen und die eskortierende Präsenz, die dieses Match begleitet hat, hernimmt, dann hätten diese Begegnungen nach Spielende gar nie passieren dürfen. Aber bis auf kreischige Pyro-Feuerspiele nach den beiden Toren, dem damit verbundenen Nebel und ein bisserl übertriebener Erregung nach Fouls/Nichtfouls in der Gegend der Gegentribüne war da nichts. Die Problemfans wurden ihrem üblen Ruf nicht gerecht; wohl auch weil der FAC kein Feindbild darstellt. Gegen andere Gegner, wie etwa die abgestiegenen Innsbrucker, den alten Feind oder das Red-Bull-B-Team aus Liefering, wird es anders zugehen. Action- und stimmungsmäßig wird man die Liga bereichern, klar. Da wäre es mit dem FAC und mir schon ruhiger zugegangen.