Erstellt am: 31. 5. 2014 - 13:13 Uhr
"Ja dann stell halt keine Daten ins Netz"
von Sarah Kriesche
Das Buch "Kämpf um deine Daten" ist 2014 in der edition a erschienen. Kämpf um deine Daten:
Hurra, ein Buch über Datenschutz. Das kann ja nur bedeuten, dass man auf den ersten Seiten mit EU-Gesetzen konfrontiert wird, in weiterer Folge lernt, dass alles furchtbar ist und man halt nichts machen kann. Am besten ist wohl, man stellt es neben den "Zauberberg". Auch so ein Buch, das man nie fertiggelesen hat, das sich aber im Bücherregal ganz gut macht. Man will ja prinzipiell den Anschein erwecken, dass man sich sowohl in Literatur, als auch Themen der Privatsphäre auskennt. Und optisch gibt das Cover von "Kämpf um deine Daten" auch etwas her, könnte es doch auch für den für Datenschutzklassiker "Blown to bits" verwendet werden, so anschaulich stellt es die Dramaturgie rund um unsere On- und Offlineexistenzen dar. Außerdem haben "Kämpf um deine Daten" und der "Zauberberg" ja, wenn man es großzügig anlegt, auch etwas gemeinsam. Gleich wie dem jungen Hans Castorp finden sich nämlich viele UserInnen im Netz mit neuen Situationen konfrontiert, deren Handhabung erst gelernt werden will. Hashtags prallen auf Likes, falsche Aussagen können einen Shitstorm zur Folge haben und der Klick auf den falschen Link einen Trojaner. Und dann wäre da noch die Sache mit dem Urheberrecht, der Privatsphäre und und und … Achja, dem Datenschutz.
edition a
"Speis halt keine Daten ins Netz ein, wenn es dir nicht gefällt" ist ein genauso sinnentfremdeter Rat, wie die "Ich hab nichts zu verbergen"-Argumentation. "Bullshit Bingo" ist der Überbegriff, unter dem Schrems diese Themen in seinem Buch "Kämpf um deine Daten" zusammenfasst. Und wer beim Namen des Autors ein déjà vu erlebt, liegt nicht falsch: Es handelt sich hier tatsächlich um den "Facebook Verklager" aus Österreich, der seine gesammelten Datenschutz-Erfahrungen auf 221 Seiten zusammenfasst.
Nicht schon wieder das Fitness-Center-Beispiel
Datenschutz-Insider werden sich womöglich über die teils bereits bekannten, "platten" Beispiele im Buch mokieren. Wer im Fitnesscenter mit der App nur die Schritte zählen will, liefert in wirklichkeit Daten über Kondition und Körperumfang. Und dass der regelmäßige Gesundheitsdaten-Check nicht nur den Untersuchten glücklich macht, sondern auch sämtliche Versicherungen, Arbeitgeber und Krankenkassen, sollten sie unsere Werte und Statistiken in ihre Finger bekommen, können mittlerweile als bekannt vorausgesetzt werden.
news.ORF.at
Allerdings sind es genau solche Beispiele, die auch unbedarften Datenlieferanten vor Augen führen, was ein simpler Facebook-Post für Big-Data-Folgen nach sich zieht. Das macht er auch schon im Vorwort klar, nämlich "dass es zwischen Verherrlichung von Innovationen, diversen fachspezifischen Wachrüttelversuchen und Darstellungen von Weltuntergangsszenarien wenig gut Lesbares für Normalnutzer gibt." Und die können sich in kurzen anschaulichen Kapiteln ein schönes Allgemeinbild machen, warum sie es nicht verabsäumen sollten, beim Thema Datenschutz mitzureden. Ansonsten geht es unserer Privatsphäre womöglich bald wie dem westlichen Spitzmaul-Nashorn. (das bekannte "Google es" weicht hier, im Sinne des Datenschutzes, einem "duckduckgo das Spitzmail-Nashorn selber")
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Wissen ist besser
Wenn das Buch etwas vermittelt, dann die Tatsache, dass es gilt aus der Erfahrung zu lernen, Fehler zu korrigieren und den BürgerInnen und KonsumentInnen das zu geben, worauf sie großen Wert legen sollten: ihre Privatsphäre. Und all jene, die sie als unwichtig erachten, haben dann wohl kein Problem damit, dass Vermieter, Exekutive und diverse Werbeagenturen überraschend bei ihnen vorbeischauen, um Lebensgewohnheiten abzuchecken und nachzusehen, ob sie auch wirklich nichts zu verbergen haben - natürlich nur, um sicher zu gehen. "Vertrauen, dass Firmen verantwortungsbewusst mit unseren Daten umgehen ist gut, Wissen bekanntlich besser" - so lässt sich das Buch von Max Schrems wohl in einem Satz zusammen fassen.
Für wen ist das Buch denn nun geeignet?
Bücher stellen seit jeher nicht nur gute Verlegenheitsgeschenke dar, sie sind auch ein Wink mit dem Zaunpfahl. "Kämpf um deine Daten" eignet sich für beide Fälle. Besonders Freunde, welche den "Datenschutz-Krimskrams" kompliziert, zu nüchtern und "eh sinnlos" finden, weil (die berühmten) "die" ja eh machen würden, was sie wollen, gibt das Buch einen schön anschaulichen ersten Einblick, worum es beim Datenschutz geht.
Nachdem wir das westliche Spitzmaul-Nashorn nicht mehr unterstützen können, fließen stattdessen zwei Euro des Bucherlöses dem Projekt "Europe vs. Facebook" zu. Da gilt es ja noch eine Klage zu finanzieren ...