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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

30. 5. 2014 - 18:18

The daily Blumenau. WM-Journal '14, Eintrag 5.

Die sportliche Preview in 13 Teilen. Heute (2): bene!. #BEL #NED.

Auch 2014 online: der Versuch das Journal '13 (wie schon das von 2003, '05, '07, 2009 und 2011) durch ein kürzeres Format zu ersetzen, um so Täglichkeit hinzukriegen. Mit Items aus diesen Themenfeldern.

Die Preview mit den Einschätzungen der Teilnehmer gibt's diesmal nicht einzeln oder nach den gelosten Gruppen, sondern nach Kulturräumen. Teil 2 featurt die zwei Vertreter der Benelux-Staaten.

Teil 1: Mutterland & Offsprings, England, USA und Australien.

Die Einträge 2 und 3 gaben erste Abworten auf die zentralen Fragen; Eintrag 1 beschrieb ein was-wäre-wenn aus österreichischer Sicht.

Dass man bei einer WM das belgische Team über das holländische stellt, ist noch nie vorgekommen. Denn selbst 86 als die Belgier 4. wurden und die Niederlande gar nicht dabei war, waren sie im Vorfeld mit derartig vielen Vorschusslorbeeren überhäuft wie diesmal. Belgien gilt als Geheimfavorit; und zwar aufgrund des schönen Spiels, das diese junge und gut anzusehende Mannschaft die letzten Jahre aufs Feld zauberte.

Die Holländer hingegen gelten zum erstenmal seit Ewigkeiten als Absturz-Kandidat. Das begann schon im Finale der letzten WM, als Bert van Marwijk und sein unattraktives Spiel innerhalb weniger Minuten Jahrzehnte an niederländischem Klasse-Image zunichtemachten. Das setzte sich bei der verheerenden Euro 2012 fort. Und weil Louis van Gaal Ernst gemacht hat mit seinem Neuaufbau, und vor allem hinten auf völlige Unerfahrung setzt, gibt kein Wettanbieter sehr viele Pfifferlinge auf die ewigen Mitfavoriten.

Und so ergibt sich der kuriose Fall, dass Belgien aktuell der holländischere Fußball zugetraut wird als dem Team der Niederlande.

Team Belgien

Es hat sich allerspätestens beim eigentlich schon legendären 4:4 in der EM-Quali gegen Österreich im Oktober 2010 angekündigt; und dann beim 2:0-Auswärtssieg im März 2011, als man zu Eleganz und Verve auch noch die Cleverness dazugewonnen hatte, bestätigt: Belgien wurde in dieser Qualifikations-Campaign zu einer echten Macht. Da spielte sich unter George Leekens und dann ab 2012 unter Mark Wilmots eine sehr junge, sehr talentierte, früh ins Ausland (zu guten Vereinen) gekommene Mannschaft so zusammen, dass schon die nächste Stufe zünden konnte: die Qualifikation für Brasilien stand nie in Frage - die roten Teufel agierten wie im Rausch.

Ich habe Team Belgien seit 10/11 immer wieder als Vor- und Sinnbild für das ÖFB-Team hergenommen, weil die Situation ungefähr vergleichbar war und beim dringenden Neuaufbau dort halt weniger Fehler (Constantini etc.) gemacht wurden. Zugegeben: die Anzahl der wirklich wunderbaren jungen Spieler ist bei den Belgiern auch höher als hierzulande.

Heraus kommt ein angriffslustiges 4-3-3, in dem kreative Köpfe wie Witsel oder Fellaini die Umschaltstellen geben und die Offensivreihe mit Hazard, Lukaku und de Bruyne an guten Tagen an fantastische (ja) holländische Vorbilder gemahnt. Dazu verfügt man mit Courtois über den besten jungen Tormann des Turniers, der noch dazu hinter einer wirklich hochklassigen Abwehr agieren kann.

Diesem belgischen Team kann echt alles gelingen. Was fehlt, ist die Erfahrung ein solches Turnier zu spielen - das kann in der Gruppe H (mit Algerien, Russland und den diesbezüglich gewitzten Südkoreanern) noch eher gutgehen als im weiteren Verlauf, wo man mit Sicherheit auf entsprechende Routine treffen wird.

Außerdem hat die Nominierung von Jungspund Adnan Januzaj einiges an Unruhe in die eng zusammengespielte Mannschaft gebracht und zu seltsamen Äußerungen geführt, die auf leichte Ablenkbarkeit hindeuten.

Der 24er-Kader

Vorläufiger 24-Mann-Kader Belgiens

Tor: Thibaut Courtois (Chelsea/ENG), Simon Mignolet (Liverpool/ENG), Koen Casteels (Hoffenheim/D).

Da Mignolet und Casteels angeschlagen sind, und sich auch Ersatzmann Silvio Proto (Anderlecht) verletzt hat, stehen auch noch Sammy Bossut (Waregem) und Thomas Kaminski (Anderlecht) bereit.

Abwehr: Toby Alderweireld (Atletico Madrid/SPA), Lauren Ciman (Standard Lüttich), Vincent Kompany (Man City/ENG), Nicolas Lombaerts (Zenit/RUS), Daniel Van Buyten (Bayern/D), Anthony Van den Borre (Anderlecht), Thomas Vermaelen (Arsenal/ENG), Jan Vertonghen (Tottenham/ENG)

Mittelfeld: Nacer Chadli, Moussa Dembele (Tottenham/ENG), Kevin De Bruyne (Wolfsburg/D), Steven Defour (Porto/POR), Marouane Fellaini (ManU/ENG), Axel Witsel (Zenit/RUS)

Angriff: Eden Hazard, Romelu Lukaku (Chelsea/ENG), Adnan Januzaj (ManU/ENG), Dries Mertens (Napoli/IT), Kevin Mirallas (Everton/ENG), Divock Origi (Lille/F).

Stand-By: Jelle Van Damme (Standard), Guillaume Gillet (Anderlecht), Sebastien Pocognoli (Hannover/D), Radja Nainggolan (Roma/IT), Thorgan Hazard (Chelsea/ENGgem), Michy Batshuayi (Standard)

Wer fehlt?

Stürmer Christian Benteke (Aston Villa) ist verletzt - deshalb der Januzaj-Wirbel. Althase Timmy Simons (37, Brügge) hat den Cut etwas überraschend nicht geschafft. Und Tormann Jean-Francois Gillet (Torino) ist wegen Spielmanipulation gesperrt.

Österreich-Aspekt

Didier Frenay, in den 90ern in Linz und Steyr aktiv, ist mittlerweile einer der großen Spielervermittler/manager seines Landes geworden, hat auch in großen Deals seine Finger drin.

Und: Daniel Van Buytens Papa Franz war eine Catcher-Legende des Wiener Heumarkts.

Team Niederlande

Ich sage: gut dass Van der Vaart ausfällt. Nigel de Jong könnte sich auch noch verknöcheln, es würde das neue Team Niederlande noch eine Runde neuer machen. Und das tut Not.

Holland braucht dringend einen Neuanfang, einen echten. Bislang hat man die seit der Gullit/Van Basten-Ära schwelenden Konflikte der verschiedenen Fraktionen, die immer derb und offen ausgetragenen Wickel zwischen Klub- und Hautfarben, zwischen Pro- und Gegen-Cruyff, diese Streitkultur um des Streits und nicht der Kultur willen, immer mit sportlichen Erfolgen verdrängen können.
Jetzt sollte sich wieder einmal der Wert eines funktionierenden Mannschaftsklimas etablieren können. Und das ist in Zeiten eines derart starken Umkrempelns durchaus möglich; ja sogar nötig um sich einigermaßen durchzusetzen. In der sauschweren Gruppe B, hinter Spanien und neben Chile, mit der Bedrohung Brasilien im Achtelfinale. Da rechnet sich niemand viel aus - und das ist gut so.

Louis Van Gaal, der unangenehme General, hat die Gunst des Zeitpunkts erkannt und viel riskiert. Die fast ausschließlich aus jüngeren heimischen Kräften zusammengesetzte Abwehr etwa: ob und wie die hält, wird vorentscheidend fürs erfolgreiche Abschneiden sein. Vorne dominiert die Routine: wieder sind es Van Persie, Kuyt, Huntelaar, Robben und Sneijder, die etwas reißen sollen. Sie komplett durch die junge Garde, durch Lens, Depay oder Wijnaldum zu ersetzen, hat Van Gaal nicht gewagt. Auch weil er nicht genug junge Klasse für die Offensive hat.

Einigerorts stand zu lesen, dass Van Gaal das klassisch-holländische 4-3-3 diesmal auflösen und durch ein 5-3-2 oder 5-2-3 ersetzen will. Die Gründe sind gute: es gibt wieder einmal keinen guten Linksverteidiger (Jetro Willems ist verletzt, Erik Pieters nicht nominiert) und der als Taktgeber geplante Kevin Strootman ist verletzt. Also kann/mag Van Gaal das 4-3-3 nicht spielen, Heißt es.

Ich bin gespannt ob die Holländer tatsächlich mit einer Dreier/Fünfer-Abwehr aus No-Names und dem ekelhaften Nigel de Jong als Bouncer davor antreten werden. Für Überraschungen wäre sowas gut. Und Überraschungen wird die Elftal diesmal brauchen.

Der 23er-Kader

Tor: Jasper Cillessen (Ajax), Tim Krul (Newcastle/ENG), Michel Vorm (Swansea/ENG).

Abwehr: Daley Blind, Joel Veltman (Ajax), Stefan de Vrij, Daryl Janmaat, Terence Kongolo, Bruno Martins Indi (Feyenoord), Paul Verhaegh (Augsburg/D), Ron Vlaar (Aston Villa/ENG).

Mittelfeld: Jordy Clasie (Feyenoord), Jonathan de Guzman (Swansea/ENG), Nigel de Jong (Milan/IT), Leroy Fer (Norwich/ENG), Arjen Robben (Bayern/D), Wesley Sneijder (Galatasaray/TUR), Georginio Wijnaldum (PSV)

Angriff: Memphis Depay (PSV), Klaas-Jan Huntelaar (Schalke/D), Dirk Kuyt (Fenerbahce/TUR), Jeremain Lens (Dinamo Kiev/UKR), Robin van Persie (ManU/ENG)

Stand-By: Jeroen Zoet (PSV); Karim Rekik (PSV), Tonny Vilhena (Feyenoord), Patrick Van Aanholt (Vitesse), Jean-Paul Boetius (Feyenoord), Quincy Promes (Twente).

Wer fehlt?

Der kurzfristig verletzte Rafael van der Vaart (HSV) und der langfristig verletzte Kevin Strootman (Roma/IT).
Raus sind Tormann Stekelenburg und Altverteidiger wie Heitinga (beide Fulham) oder auch Greg van der Wiel (PSG). Jetro Willems (PSV) ist verletzt, Erik Pieters (Stoke) nicht würdig, Vurnon Anita (Necastle) kein Thema mehr als linker Außenpracker. Van Ginkel (Chelsea) noch zu grün.

Cilessen hat Vermeer nicht nur bei Ajax verdrängt. Von Ajax wurden auch Duarte, Siem de Jong oder van Rhijn nicht berücksichtigt, von PSV fehlen Maher, Schaars, Bruma und Narsingh. Wie immer nicht dabei Ricky van Wolfswinkel (Norwich).

Österreich-Aspekt

... fällt mir echt keiner ein.