Erstellt am: 24. 5. 2014 - 11:00 Uhr
Postapartheid im Bild
20 Jahre seit Überwindung des weißen Apartheidsregimes in Südafrika sind Anlass für zeithistorische Überblicke. Die Ausstellung Rise And Fall Of Apartheid reiste von New York über München nach Milano und ist gerade in Johannesburg zu sehen. Das Amsterdamer Fotomuseum zeigt Apartheid And After. An der Akademie der bildenden Künste Wien eröffnete Freitag Abend die Ausstellung Postapart/heid Communites des Fotografen Sabelo Mlangeni.
Die Ausstellung Postapart/heid Communities kann bei feiem Eintritt bis 4.Juni 2014 in der Akademie der Bildenden Künste in Wien besucht werden. Am Montag, 26. Mai, findet hier von 16.00 - 20.00 Uhr das Symposium "20 Jahre Postapartheid" statt. Zur Finissage am 4. Juni wird um 20.00 der Dokumentarfilm Miners Shot Down (Rehad Desai, RSA, 2014, OmdU, 86 min) in Anwesenheit von Regisseur und Protagonist gezeigt.
Sabelo Mlangeni (*1980) besuchte David Goldblatts Fotoschule und begann mit einer Serie über Johannesburger Straßenreinigungskräfte ("Invisible Women") seine Fotografien auszustellen. Mlangeni verbringt längere Zeiträume in einem sozialen Setting um dieses zu portraitieren. So entstanden Serien wie "Men Only" in einem Männerwohnheim in Johannesburg oder "Country Girls" über das Leben von Schwulen und Crossdressern in der ländlichen Provinz.
Sabelo Mlangeni
Als ich obige Fotografie zum ersten mal sehe, spüre ich zugleich, wie sie meinen Blick einfängt und wie ich versuche mich aus der Position, in die mich das Betrachten bringt, zu lösen. Mindestens acht Augen blicken zurück. Die drei stolzen Teilnehmer der Pride - Hut, Perücke, Hut - und der Herr, der den Griller vorbereitet weisen meinen Blick zurecht: wer ist zu ihrem Fest zugehörig? Wer würde stören?
Die beiden Träger der Blumenkette stelle ich mir zuerst als durch diese Blumenkette miteinander verbundes Paar vor, bis ich bei genauerem Hinsehen erkenne, dass es wohl zwei Blumenketten sind, die sich berühren und mein Eindruck von der Geschlossenheit der Gruppe kippt eine Spur. In den Baumkronen rauscht beinahe der Wind und die Distanz, in der das Bild durch die Reduktion auf Schwarz-Weiß ruht, bricht auf, als ich das Smart Phone in der Hand des Herren mit dem schwarzen Hut entdecke: das ist unsere Gegenwart.
Im Katalog der Ausstellung Postapart/heid Communities lerne ich:
Während der Apartheid waren vor allem Schwarze gay- und verstärkter noch lesbian-Communities Repressionen ausgesetzt. Gerade sie haben viel zur Kritik und zur Überwindung der gesetzmäßig verankerten, rassistischen Diskriminierung beigetragen. Die liberale Verfassung von 1996, die allen unabhängig von Geschlecht und sexueller Orientierung gleiche Rechte zusichert, war Vorbild für Verfassungsänderungen weltweit, u.a. in Österreich. Sie ist auch eine Errungenschaft ihrer Kämpfe.
Sabelo Mlangeni
„Meine Arbeit an My Storie begann ich in einer einst eingezäunten, abgesperrten Reihenhaus-Community, die heute zu einem Altersheim umfunktioniert wurde. Ich schloss Bekanntschaft mit vielen Leuten in Bertrams, doch sie ließen mich – bis auf wenige Ausnahmen – nie in ihre Häuser. Deshalb sind die Bilder zumeist von den Veranden oder von der Straße aus aufgenommen; die Distanz zwischen den Portraitierten und mir ist jedoch meist nicht sichtbar.
Diese Reserviertheit fand ich interessant, denn sie wirft Fragen nach Repräsentation durch einen Outsider auf. Das war neu für mich, da ich bis dato in meiner Arbeit noch nie in der Rolle eines Außenstehenden war. (...) Als Schwarze Person, die im Zentrum lebt, habe ich mich immer gefragt, warum sie nie weggezogen sind, als sich die politischen Verhältnisse in den 1990er-Jahren verändert haben ..." sagt Sabelo Mlangeni. "Manchmal denke ich das ist ihr Zuhause. Sie hatten mehr Privilegien in der Zeit der Apartheid als heute. (...) Aber einige von ihnen sind hier geboren."
Sabelo Mlangeni
Fotografieren in Afrika - zumal wenn populäre Feste, Tanz oder Brauchtumspflege in den Fokus kommen - läuft in Produktion wie Rezeption Gefahr koloniale Bildpraktiken oder Phantasien zu reproduzieren. Mit der Serie "Imbali" - der Serie Black Men in Dress gegenüberstellt - über den umstrittenen "reed dance", bei dem Mädchen zu Ehren der Königsfamilien von Swaziland und der Provinz KwaZulu-Natal ihre "Jungfräulichkeit" feiern, hat sich Sabelo Mlangeni an ein schwieriges Thema gewagt. Zwischen Postkolonial-touristischem Spektakel, patriarchaler Herrschaftsbestätigung und weiblichem Pubertätsritual findet Mlangeni Bilder, die der Komplexität Rechnung tragen.
"Es war eine enorme Herausforderung für mich als Fotograf und als Mann, die weiblichen Körper vor allem dieser sehr jungen Mädchen, vor der Kamera zu haben. (...) Ich habe mir als Fotograf unter all diesen Fotografierenden die Frage gestellt, wie ich eine andere Geschichte dieser Veranstaltung erzählen kann, damit die Menschen anfangen können, die ganze Zeremonie auch infrage zustellen."
Sabelo Mlangenis junges Werk zeugt von der Macht der Fotografie subtil das Sichtbare richtig sichtbar zu machen. Im Vergleich mit der lesbisch-aktivistischen Fotografin Zanele Muholi ist sein Stil beiläufig-dokumentarisch und weniger kontroversiell. Ein gewisses produktives Provokationspotential kann den nun in Wien ausgestellten Foto-Serien dennoch nicht abgesprochen werden.