Erstellt am: 21. 5. 2014 - 12:32 Uhr
Wahlkrampf
fm4.ORF.at/euwahl
Alle Geschichten zur Wahl des Europa-Parlaments am 25. Mai 2014.
ÖVP
Die ÖVP hat bei der bislang letzten Europawahl 2009 exakt 30% der gültigen Stimmen bekommen und da es nach Prognosen und Umfragen recht unwahrscheinlich ist, dass dieser Wert kommenden Sonntag auch nur annähernd erreicht wird, lässt sich die ÖVP-Kampagne am besten mit einem Wort beschreiben: Verzweiflung.
ÖVP
Spitzenkandidat Othmar Karas hat nicht mal Logo der eigenen Partei auf seinen Plakaten - ganz als ob es WählerInnen abschrecken könnte - mittlerweile steht auf manchen zumindest der Parteiname im angedeuteten Stimmzettel. Ob da die Parteispitze interveniert hat? Dazu der krampfhaft geführten Kampf gegen die NEOS, bis hin zum Glaubenskrieg in den Sozialen Medien: Interessiert das Christentum als Main-Approach der ÖVP irgendjemanden unter 70?
SPÖ
SPÖ
Die SPÖ bemüht sich redlich, die ÖVP zu toppen. Was für eine Idee, mit dem allseits bekannten Gesicht Eugen Freunds die abhanden gekommenen Wählerinnen und Wähler der vergangenen Jahrzehnte wieder anzusprechen und zurückzuholen. Aber ein durchschnittlicher Arbeiter in Österreich verdient nicht 3000 Euro brutto und muss halt von "ASVG-Pensionen" leben können. Und die Aussagen "Ich habe halt meinen Lebensstil" und "Sozial statt egal" könnten direkt der Satire-Website Die Tagespresse entstammen.
FPÖ
FPÖ
Der FPÖ kam ihr Spitzenkandidat Andreas Mölzer abhanden, weil der gerne NS-Vergleiche anstellt und andere Menschen beleidigt. Zum Glück haben die Blauen noch einen zweiten Spitzenkandidaten. Er heißt Harald Vilimsky, aber das ist eigentlich wurscht, weil in der Partei nur HC Strache zählt. Der ist folgerichtig auch auf den Plakaten zu sehen, obwohl er gar nicht antritt.
Der FPÖ-Wahlkampf schwankt ansonsten zwischen plumpen Kinderreimen wie "Österreich denkt um - zu viel EU ist dumm“ und der Themenverfehlung "Abrechnung mit der Regierung".
Grüne
Michael Fiedler, Radio FM4
Die Grünen inszenieren sich gerne seriös und als hehre KämpferInnen gegen den Populismus. Aber kaum ist Wahlkampf, legt sich Parteichefin Glawischnig für eine Foto-Story mit einem Osterhäschen ins grüne Gras, auf den Wahlplakaten wird die Gurkenkrümmungsverordnung thematisiert, die es seit 2009 nicht mehr gibt, und das Billa-Schweinderl provoziert eine Gegenkampagne von VeganerInnen.
Als ob das nicht schon genug wäre, gibt es noch das Eva-Magazin für ErstwählerInnen, ein Verbot der parteiinternen Kritik daran und eine "Demokratiediskussion" rund um den Vorzugsstimmenwahlkampf der Niederösterreicherin Madeleine Petrovic.
NEOS
NEOS
Die Neos können natürlich nicht nicht gewinnen, treten sie doch zum ersten Mal bei einer Europawahl an, aber der erste Red-Bull-Rausch ist irgendwie verflogen. "Enkelfit", "Flügel heben" und "Anpacken" sind halt auch nichts anderes als die NLP-Schlagworte der anderen Parteien.
Dazu sollte die Spitzenkandidatin Angelika Mlinar doch wissen, dass Neos-Liberale in Interviews ihre ultra-neoliberalen Ansichten nicht zu offen zeigen sollten. Bei der Privatisierung der Wasserversorgung etwa. Oder jener der Müllentsorgung. Oder jener des Gesundheitswesens.
Da kennt sogar die aus hunderttausenden von der Wirtschaftskammer geschmähten und der SVA geknechteten Einpersonenunternehmen bestehende Kernzielgruppe keinen Spaß.
Bei der Neutralität funktioniert das ja schon ganz gut: Mlinar will ein EU-Heer, aber sie will sich nicht aktiv an der Abschaffung der Neutralität beteiligen. Und im Zweifelsfall gibt es eh Parteichef Strolz, der einem die Flügerl ein bisserl stutzt und so wieder auf Kurs bringt.
BZÖ
BZÖ
Das BZÖ versucht es immer und immer wieder. Man bekommt fast den Eindruck, dass da noch irgendwo ein paar Milliönchen herumliegen, die dringend ausgegeben werden müssen. Zum Beispiel für Wahlkämpfe. Spitzenkandidatin war zunächst die Erstgeborene von Jörg Haider, die aber schnell aufgab. Von ihrer Nachfolgerin Angelika Werthmann weiß man nur, dass sie 2009 im Anhang von Hans Peter Martin ins EU-Parlament geschwemmt worden ist und sich öfter als notwendig als Person der bürgerlichen progressiven Mitte bezeichnet.
Europa anders
Europa anders
Apropos HP Martin: Bei dem war früher auch Martin Ehrenhauser, der Spitzenkandidat von "Europa anders". Das wiederum ist ein Wahlzusammenschluss aus Piraten, Kommunisten und Der Wandel, letztere so etwas wie enttäuschte Grüne. Wie die Positionen alle zusammengehen sollen, konnte auch der Spitzenkandidat nicht schlüssig erklären, ebensowenig, was die Kosten Österreichs für die marode Hypo-Bank mit der Europawahl zu tun hätten. Wurscht, der Wahlkampf dreht sich jedenfalls fast ausschließlich darum. Und natürlich darum, dass es die Partei ja vielleicht doch ins EU-Parlament schaffen könnte.
REKOS
REKOS
Die Reformkonservativen sind zunächst Fundamentalchristen und dann Ultranationalisten. Für Spitzenkandidat Ewald Stadler ist die ÖVP eine linke Partei, er hätte kein Problem mit der Wiedereinführung der Monarchie und war sogar als "Wahlbeobachter" auf der Krim - wo er hohe Wahlbeteiligung lobt.
Es ist denkbar, dass die Partei unter Großmeister Stadler nach verlorener Wahl geschlossen die schildförmigen Plakate schnappt, ein Schiff besteigt und in Kreuzfahrerrüstung gen Heiliges Land zieht.
EU-Stop
EU STOP
EU-Stop ist die österreichische EU-Austrittspartei, Spitzenkandidat Robert Marschall wird nicht müde zu betonen, dass sie ganz unten am Stimmzettel stünden, womit wir diese Botschaft auch verbreitet hätten.
Die Partei will eigentlich wirklich nichts anderes, als einen EU-Austritt. Ein Anliegen, das aus dem EU-Parlament heraus schlicht nicht verwirklicht werden kann. Wirklich nicht.
Die Entscheidung
Dieser Wahlkampf war kein Wettbewerb der besten Ideen für Europa, er war nicht einmal ein Wettbewerb der besten Ideen für Österreich. Dieser Wahlkampf war eine hauptsächlich innenpolitisch geprägte Beleidigung für die Intelligenz der WählerInnen.
Vielleicht sollten wir einfach über die Grenzen unseres kleinen, wohlhabenden Landes schauen und uns in den letzten Tagen vor der Wahl nicht mehr mit der von hiesigen Parteien betriebenen Aufforderung zum Nichtwählen beschäftigen, sondern mit den Herausforderungen für Europa. Ein erster Schritt ist zum Beispiel diese Diskussion von fünf europaweiten KandidatInnen für die Kommissionspräsidentschaft: