Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Der Prophet aus Wien"

Christian Pausch

Irrsinn, Island, Ingwer.

20. 5. 2014 - 12:07

Der Prophet aus Wien

Nino ist sein Name und er ist unser Artist Of The Week.

FM4 Artist Of The Week

Alle auf einen Blick

Fällt man wirklich drauf rein,
Fällt man zu Boden
Oder flaniert man in Stücken
Diese Stadt ist ein Stock
Der dich ein bisschen tritt

Prophetisch mutet der Text des Songs "Instrumental" auf Ninos neuem Album "Bäume" an, denkt man an die Polizeigewalt auf Wiens Straßen vom letzten Wochenende. Prophet, so würde sich Nino Mandl niemals selbst bezeichnen, dafür ist der Liedermacher viel zu bescheiden. Er weiß aber schon auch was er kann: "Dieses Lied ist mir gut gelungen.", sagt er, als wir über den Song "Jena" sprechen.

Prophet, Poet, Nino

Arrogant ist er allerdings nie, für sowas hat er zu viel Humor, zu viel (Selbst-)Ironie. Auch, dass als Single das "schlechteste Lied der Platte" - wie Nino sagt - gewählt wurde, zeigt das: "Diese Person ist cool" heißt das Stück und ist so gut, dass man ja gar nicht anders kann, als die beiden Alben "Träume" und "Bäume" zu kaufen, denn man will ja wissen, was da noch Besseres kommen kann, wenn das das Schlechteste sein soll.

"Mit dem Lied habe ich die Band im Proberaum überrascht, die haben mir nicht geglaubt, dass ich es ernst meine. Dann habe ich es auch meinem Bruder vorgespielt, der meinte: Das ist doch kein echtes Lied! Seitdem widme ich es ihm bei Konzerten."

nino

Christian Pausch

Lehnt gern an Studiowänden: Der Nino Aus Wien.

Seit 2008 veröffentlicht Nino unter dem Namen "Der Nino Aus Wien" Tonträger. Die beiden neuen Alben sind bereits Nummer 5 und 6. Sechs Alben in sechs Jahren also, das ist ein Output, der sich sehen und hören lassen kann. Gut, wenn man sich da auf die Mitmusiker verlassen kann. Seit geraumer Zeit sind die nämlich in fixer Besetzung immer an Ninos Seite: PauT am Bass, Raphael am Keyboard/Klavier und mit Gitarre, David am Schlagzeug und alle drei auch am Gesang beteiligt. Nicht nur im Studio, sondern vor allem auch live die Idealbesetzung.

Apropos Live-Konzerte: die sind bei Nino ein bisschen anders als bei so manch anderer Band. Vielleicht ist es, weil er auf Deutsch singt, weil er im Dialekt singt, vielleicht ist es aber auch seine Persönlichkeit, die das Publikum zu einem hohen Ausmaß an Zwischenrufen animiert. Keine bösen, sondern meistens sehr wohlwollende; trotzdem erlebt man das selten so. Den Nino stört das nicht, das merkt man auch währenddessen, er geht gerne auf seine Zuhörer_innen ein. Ruft doch mal jemand was Blödes, wird die Person von ihm elegant ignoriert, ohne dass er dabei je uncharmant wirkt. Zuletzt so erlebt bei der Release-Show im Wiener WUK; nicht nur ein Prophet, sondern auch ein großer Entertainer ist das, dieser Nino aus Wien.

Singt über die ewig gleichen Stammlokale, in seinem ewig gleichen Stammlokal: Der Nino Aus Wien.

Weit, weit, weiter so!

"Ich finde ja, dass ich gute Dialoge schreibe.", sagt Nino schüchtern im Interview. Es stimmt, der Dialog im Song "Mein Tod" zum Beispiel ist großartig, und auch die von früheren Alben. Auf meinen Vorschlag, aus diesem Talent mal ein ganzes Theaterstück zu basteln, winkt er ab: "Vielleicht wenn ich dreißig bin. Bis dreißig schreibt man Songs, dann schreibt man Theaterstücke." Danach muss er über seinen eigenen Satz lachen.

Hoffentlich kommt da noch viel aus der Feder des Nino Mandl, egal ob es sich um ein Theaterstück, eine Autobiografie oder ein neues Album handelt. Hauptsache er lässt uns nicht allein und wir müssen nicht zu lange darauf warten. Aber das Warten mag er ja selber nicht so gern, wie er in meinem all-time-favourite Nino-Lied singt:

Immer dieses lange Warten
ein Gefühl nicht auszuhalten
ohne hunderttausend Zigaretten