Erstellt am: 12. 5. 2014 - 16:37 Uhr
Organe der EU - Die EZB
Seit Herbst 2012 ist in der Eurozone der "europäische" Stabilitätsmechanismus ESM in Kraft. Im Prinzip ist der ESM eine Art europäischer Währungsfonds, der einspringt, wenn Länder Probleme mit ihrer Refinanzierung haben. Ein anderes Wort wäre "Euro-Rettungsschirm" – auch wenn man so auch den EFSF bezeichnet, quasi den Vorgänger des ESM.
Radio FM4
Harald Waiglein, 45, hat bereits in den Anfangstagen von FM4 neben seiner Tätigkeit als Sänger von Bomb Circle als Reporter begonnen, später auch Moderator.
Später wechselte er in die Wirtschaftsredaktion des aktuellen Dienstes beim ORF-Hörfunk.
Anschließend wechselt er als stellvertretender Chefredakteur zur Wiener Zeitung, von dort führt ihn seine Laufbahn schließlich ins Finanzministerium, wo er unter den Ministern Pröll und später Fekter als Pressesprecher tätig ist.
Seit dem Sommer 2012 ist er Sektionschef im Ministerium.
Seit Betriebsaufnahme am 8. Oktober 2012 ist Waiglein nun der österreichische Vertreter im Direktorium des ESM.
Insgesamt soll der ESM dann in voller Pracht etwa 700 Milliarden "Feuerkraft" haben, um kriselnde Eurostaaten im Notfall unterstützen zu können, Österreich ist mit knapp 20 Milliarden dabei. Unser Mann im "Director's Board" des ESM ist ein Sektionschef aus dem Finanzministerium, vormals Sprecher der Minister Josef Pröll und Maria Fekter, Wirtschaftsredakteur bei Ö1 und FM4-Homebase Moderator: Harald Waiglein.
Mit ihm wollen wir hier auch ein bisschen aus dem Nähkästchen der europäischen Finanzwelt plaudern. Da wir heute über die Organe der EU sprechen steht natürlich Frankfurt am Main im Mittelpunkt, denn dort sitzt die EZB.
Die Europäische Zentralbank (EZB)
Die Aufgaben der EZB decken sich über weite Strecken mit den generellen Aufgaben einer Zentralbank. Allerdings ist die EZB natürlich keine "normale" Zentral- oder Notenbank. Sie muss sich um sämtliche Länder der Eurozone kümmern. Ihr wichtigstes Ziel ist dabei die "Preisniveaustabilität" – sie kümmert sich also vor allem darum, die Inflation in den Eurostaaten zu kontrollieren. Der "unmittelbare Erwerb von Schuldtiteln von Regierungen der Mitgliedstaaten" (also das Kaufen von Staatsanleihen) ist ihr verboten, auch wenn strittig ist, ob das Einspringen während der Krisenjahre dann nicht im Prinzip ein Verstoß war. Damit unterscheidet sich die EZB doch grundlegend von anderen Zentralbanken wie etwa der US-amerikanischen Federal Reserve Bank (FED).
Harald Waiglein dazu: "Die Auflagen der EZB sind sehr genau definiert, in den EU-Verträgen und dem Statut der EZB. Verglichen mit der FED ist der wesentlichste Unterschied, dass die EZB eben ein Inflationsziel hat".
Wie steuert die EZB die Inflation?
Harald Waiglein: "Man kann Inflation immer nur sehr bedingt regeln. Die EZB tut dies über die sogenannten kurzfristigen Zinsen. Man muss auch immer wissen wovon man redet, Inflation im Verbraucherpreisindex ist etwa was anderes als gesamtwirtschaftliche Inflation. Die EZB beobachtet eine Reihe von Indikatoren, um zu sehen, wie die Preisentwicklung ist. Und sie greift dann eben mit dem Hebel ein, den sie hat: Die kurzfristigen Zinsen bei den Einlagen, die Banken bei ihr tätigen. So wie Sparer Einlagen bei ihrer Bank haben, haben die Banken selber Einlagen bei der EZB. Und je nachdem wie hoch die EZB diese Einlagen verzinst, setzen sich diese Zinsen über das Bankensystem in die Realwirtschaft durch. So hat die EZB einen Hebel um die Zinsen zu steuern, und Zinsen sind ja simpel ausgedrückt nur der Preis für Geld. Je höher der ist, umso schwieriger ist es an Geld zu kommen. Das heißt: umso weniger leicht kann man es ausgeben - und umso geringer ist auch die Nachfrage und damit dann auch die Inflation. Denn Nachfrage hat Auswirkungen auf Preise, je stärker die Nachfrage umso höher die Preise. Mit diesem Mechanismus greift die EZB ein wenn die Inflation zu hoch wird, jetzt ist es gerade umgekehrt, wir kommen in einen Bereich wo sie tendenziell zu niedrig ist. Und dann senkt sie Zinsen, die ja momentan schon auf einem historisch niedrigen Niveau sind."
Können Regierungen wie unsere da mitreden?
"Laut EU Verträgen hat keine einzige nationalstaatliche Regierung Einfluss auf die EZB, da ihre Zinspolitik unabhängig ist. Und das ist auch gut so. Seit den 80er Jahren hat sich das System der unabhängigen Zentralbanken weltweit durchgesetzt. Davor war die Versuchung zu groß, eine nicht nachhaltige Wirtschaftspolitik zu fahren und dann der Notenbank anzuschaffen, mehr Geld zu drucken."
Was bekommt die EZB nun mit Banken-Union und Banken-Aufsicht zu tun?
"Ich erwarte mir von der europäischen Banken-Union und Banken-Aufsicht, dass grenzüberschreitende Finanzkonzerne auch eine grenzüberschreitende Aufsicht haben. Die Banken sollen ja selbst Abwicklungsfonds mit eigenen Beiträgen speisen und daraus sollen künftig Bankenpleiten bezahlt werden. Nur dauert es natürlich eine Zeit bis die befüllt sind, und wenn in der Zwischenzeit was passiert muss irgendwer anderer einspringen. Also entweder ab 2016 der europäische Abwicklungsfonds, und wenn der auch nicht reicht, dann eventuell auch die Staaten. Ich halte das aber für unvermeidbar, weil in dieser kurzen Zeit diese Riesenbeträge nicht darstellbar sind. Bei der Hypo hatten wir ja eine ähnliche Diskussion, da wurde auch gesagt: 'Wenn wir einen Fonds auf nationaler Ebene hätten, hätten die Steuerzahler nicht mitzahlen müssen.' Man muss sich aber verdeutlichen, da hätten mindestens 20 Milliarden Euro drin sein müssen, ich weiß nicht, ob das die Mehrheit der Menschen noch vor ein paar Jahren als besonders sinnvoll erachtet hätte. Außerdem muss man das Geld ja irgendwo anlegen, weil es ja keinesfalls mit dem europäischen Bankenrisiko korrelieren darf. Es muss also was anderes sein, aber was? Afrikanische Anleihen? Das würde wohl vom Risikoprofil nicht hinhauen. Mit diesem Fonds gibt es also noch einige offene Fragen, aber die sind meist technischer Natur. Bei der Bankenaufsicht ist es das Gleiche wie bei den nationalen Aufsichten, nur dass die EZB eben eine grenzüberschreitende Kompetenz hat. Das Problem bei der Finanzkrise war, dass die Aufsichten hauptsächlich nur das eigene Land im Fokus hatten, wir haben aber Finanzkonglomerate die in vielen Staaten tätig sind. Und überall können Risiken auftauchen. Ich glaube, den Fachleuten war schon lange klar, dass man in einem Binnenmarkt im Finanzsektor auch eine Binnenaufsicht braucht. Und nicht 28 Mini-Aufseher mit eigenem Fokus."
Was ist denn eigentlich überhaupt der Unterschied zwischen ESM und EFSF?
"Der einfachste Unterschied ist, dass der EFSF nicht mehr operativ ist, nur mehr seine Projekte zu Ende betreut, er hat nur mehr Restfunktionen. Den ESM kann man am einfachsten als eine Art europäischen Währungsfonds erklären. Er springt ein, wenn Länder Probleme mit ihrer Refinanzierung haben."
Welchen Einfluss hat Österreich auf den ESM?
"Die Republik Österreich ist, wie die anderen Länder der Eurozone, ESM-Mitglied und mit einem Sitz im Gouverneursrat und im Direktorium des ESM vertreten. Die wesentlichen Beschlüsse werden dort einstimmig gefällt. Österreich hat also ein Vetorecht. Und da meine ich nicht nur die österreichische Bundesregierung. Bei manchen Beschlüssen – etwa wenn ein neues Programm für ein Land beschlossen wird – ist eine Ermächtigung des Nationalrats erforderlich."