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Martin Pieper

radio FM4

Martin Pieper

Ist Moderator und Chefredakteur von seinem Lieblingssender. Hat sein Hobby zum Beruf gemacht.

12. 5. 2014 - 14:43

Gender Bending Pop

Conchita Wurst ist nicht vom Himmel gefallen. Ein paar Beispiele gefällig? Diese Videos könnten deine Geschlechtsidentität für immer in Frage stellen.

Conchita Wurst ist nicht vom Himmel gefallen. Gerade in Wien hat sich in den letzten Jahren eine unglaublich lebendige Szene von Clubs, MusikerInnen und PerformerInnen zusammengefunden, für die eine Frau mit Bart und großer Stimme gar nicht so "anders" ist.

Rhinoplasty, Club Burlesque Brutal, Pop:sch, Crazy Bitch in a Cave, Ladyfest, Salon Kitty, Jaques Patriaque, Club Mutti, Marea Alta, Boylesque Festival, Hans Scheirl, Mario Soldo, Unrecords, Comfortzone, brut, Jakob Lena Knebel, H.A.P.P.Y., Tomcek, Fräulein Stulle, Tamara Mascara - um nur einige und längst nicht alle zu nennen - sind Brüder und Schwestern, Mütter und Väter in direkter und indirekter Verwandtschaft zu dem, was da am Samstag Europas TV-Geräte erleuchtet hat.

Popmusik war schon lange ein riesiger Spielplatz für die Konstruktion von schillernde Geschlechter-Identitäten abseits von Mann/Frau Simplifizierungen. Hier ist eine höchst subjektive, ganz kleine Auswahl von KünstlerInnen, die ein paar Eckpunkte sein könnten, um dieses potentiell unendliche Spielfeld abzustecken.

Boy George, mittlerweile sowas wie die britische Queen Mom von queerer Identität, lachte schon Anfang der 80er von vielen Jugendzimmerwänden. Selbst die USA konnten in den 80er Jahren dem Charme dieses Sissy-Boys nicht widerstehen. Die Eleganz seines Popentwurfs abseits von klassischem Drag ist bis heute unübertroffen,

Einen tollen Brückenschlag von Schwester zu Schwester hat Antony auf seinem Durchbruchsalbum geschafft. Sein Duett mit Boy George ist auch als Video eine Feier der Uneigentlichkeit.

Die Konstruktion von (afro-amerikanischer) Männlichkeiten im Hip Hop wird gerade in letzter Zeit von einer Reihe von MCs in Frage gestellt. Mykki Blanco ist neben Le1f der berühmteste aktuelle Gender Bender. Der Drag-Begriff von älteren Queens wie etwa Ru Paul (und seinem fabulösen Drag-Race) wird radikal ins Psychotische erweitert.

Dass Dragperformances nicht immer schön (im Sinne des Travetie-Künstlers, der versucht, das jeweils andere Geschlecht möglichst perfekt zu simulieren) sein müssen, das hat Divine nicht nur in den Filmen von John Waters bewiesen. Seine Popkarriere war leider nur kurz, dafür aber umso glorioser. Einen kompletten (!) Auftritt aus der Hacienda in Manchester gibt es hier. Für einen kurzen Einblick reicht auch der Hit.

Gender Bending Pop im FM4 Zimmerservice zum Anhören

Mehr und andere Songs gibt es im FM4 Zimmerservice vom gesterigen Sonntag unter fm4.orf.at/7tage zum Anhören.