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Robert Glashüttner

Videospielkultur, digital geprägte Lebenswelten.

16. 5. 2014 - 17:51

Klonen in Computerspielen

Science Fiction lässt technisch-biologische Utopien wahr werden. In Games dürfen wir mit den Klonen auch spielen.

Obwohl uns Kryptowährungen und die damit in Verbindung stehenden, komplexen Verifizierungsprozesse in jüngster Zeit vom Gegenteil überzeugen wollen: Im Grunde gibt es im digitalen Raum kein Original und keine Kopie. Daten sind oder sie sind nicht. Zwar können sie unvollständig, korrupt oder falsch zusammengesetzt sein, aber ohne den Einfluss von Marktwirktschaft und Algorithmen sind sie alle gleichwertig und unendlich oft duplizierbar.

Die Science Fiction hat das natürlich schon immer gewusst. Weil immens rechenkräftige Computer aber schon seit einer Weile nicht mehr futuristisch genug sind (denn die gibt's ja schon), wird die Metapher des Duplizierens lieber auf die Biologie übertragen. Immerhin ist das menschliche Gehirn das komplexeste uns bekannte Rechenzentrum und der ganze Organismus in gewisser Weise eine einzige Anhäufung von Daten, die beliebig zusammengesetzt werden können. Genetische Veränderungen sind der Anfang, Klonen die Fortsetzung, die Verschmelzung von Mensch und Maschine die Königsdisziplin.

Promofoto der TV-Serie "Almost Human" mit allen Hauptdarsteller/innen.

FOX

Sci-Fi-Krimiserie "Almost Human" (2013): Wer ist Android und wer genetisch manipuliert? Wie austauschbar sind sie?

Klone und Konflikte

Genetisches Design bietet sowohl im wirklichen Leben als auch in fiktiven Geschichten interessante Konflikte: Ist es biologisch verlässlich umsetzbar? Ethisch vertretbar? Zu welchem Nutzen findet die genetische Manipulation statt? Wer hat Zugang zu dieser Technologie und warum? Was bedeutet das für das Individuum?

Man muss sich aber nicht immer diesen schwierigen Fragen stellen, wenn man der Natur einen Streich spielen will - vor allem dann nicht, wenn Geschichten erzählt werden, in denen tatsächliche Biologie nur ein grober Gradmesser für die jeweilige Story ist. Das Prinzip des Klonens etwa bietet auch guten Stoff für gelungene Sci-Fi-Märchen à la Star Wars, TV-Serien wie jüngst "Orphan Black" und auch eine innovative Grundlage für Computerspieldesign. Games bieten sich hier besonders an, denn im Grunde ist ja jedes "Leben" in einem Spiel ein Klon für sich. Try again! Dein nächster Super Mario ist ebenso gut wie der vorige, mit dem du gerade in den Abgrund gestürzt bist.

All hail the Doppelkirsche!

Apropos Mario: Das im Vorjahr erschienene "Super Mario 3D World" für Wii U hat zum ersten Mal in der langjährigen Serientradition des japanisch-italienischen Installateurs die Doppelkirsche auf den Plan gerufen. Zuerst war es ein mehr oder weniger zufällig entstandenes Experiment der Designer: Plötzlich konnte man zwei Marios nebeneinander gleichzeitig lenken. Weil es aber so viel Spaß gemacht hat, ist das Nintendo-Entwicklungsstudio dabei geblieben und hat die Doppelkirsche als neuen Bonusgegenstand ins Pilzkönigreich eingeführt: Jeder Spielcharakter, der sie bekommt, verdoppelt sich - und es muss nicht bei dieser einen Dopplung bleiben...

Ein Bildschirmfoto aus dem Computerspiel "Super Mario 3D World": Fünf sogenannte Feuermarios schießen nebeneinander Feuerbälle.

Nintendo

Ein, zwei, drei, viele fliegende Igel

Ebenfalls noch jung ist das wunderhübsche Geschicklichkeitsspiel "Badland" (iOS, Android, Blackberry), eines der besten mobilen Spiele des Vorjahres, das weiterhin vom Entwicklerstudio mit regelmäßigen Updates und neuen Levels versorgt wird. Wir steuern dabei ein nicht näher definiertes kugeliges Wesen durch einen von Fallen und Verliesen gespickten Finsterwald. Diverse Magie lässt uns dabei größer, kleiner, langsamer und schneller werden. Der wichtigste Zauber ist aber die Klon-Kugel: Nehmen wir sie, werden wir viele, und oft gelingt es nur mit einer großen Meute an Fliegeigeln, zumindest mit ein paar davon heil ans Ziel zu kommen.

Ein Bildschirmfoto aus dem Computerspiel "Badland": mehrere fliegende Tiere fliegen von links nach rechts, links ist ein großes Sägeblatt.

Frogmind

Klontourage

Weniger Action, dafür mehr Brainteasing bietet das vor wenigen Wochen erschienene "Instantion", ebenfalls für Smartphones und Tablets (iOS, Android). Hier steuern wir unseren digitalen, humanoid aussehenden Avatar durch das Innere eines Computers. Um voranzukommen, gilt es, zum richtigen Zeitpunkt bestimmte Schalter zu drücken, auf Plattformen zu steigen und gekonnte Sprünge zu machen. Weil das mit einer Figur alleine aber nicht richtig funktioniert, behelfen wir uns mit bis zu drei Klonen gleichzeitig. Die werden aber nicht bloß irgendwie in die Welt gezaubert, sondern mit Schmackes und virtueller Steinschleuder ins Level gemorpht - "Angry Birds" lässt grüßen.

Zwei humanoide Avatare auf einem digitalen Grid. In der Mitte steht "Instantion" geschrieben.

Finjitzu Software

Zurück in den Untergrund

Auch im Weltall unter Tage ist man zusammen besser aufgestellt als ganz alleine. Wenn aber gerade keine Kumpel außer man selbst zur Verfügung stehen, hilft nur das Anwerfen der Klonmaschine. So passiert es im düsteren, stimmungsvollen Puzzlespiel "The Swapper", das letztes Jahr für Windows erschienen ist, seit einiger Zeit für Mac und Linux vorliegt und in diesen Tagen auch für PlayStation-Geräte erscheint. Übrigens lassen sich die Klone in "The Swapper" nur in bestimmten Licht- bzw Farbsituationen herbeirufen. Der Klon-Mechanismus gekoppelt mit dem Spieldesignprinzip des Versteckens mit seinen Hell/Dunkel-Zuständen ist eine gute, verlässliche Kombination.

Ein Bildschirmfoto aus dem Computerspiel "The Swapper": Vier Klone in Form von Space Marines gehen einem Ausgang entgegen.

Facepalm Games

Lasset uns klonen

Die Spielkarte "Faceless Manipulator" aus dem Spiel "Hearthstone: Heroes of Warcraft".

Blizzard Entertainment

Einige Computer- und Videospiele, in denen Klonen das zentrale Spielprinzip ist, tragen das Konzept sogar im Namen - etwa "Too Many Me" oder "Cloning Clyde". Bei anderen Titeln wiederum ist es eher ein Nebenaspekt, wie in "The Legend of Zelda: Four Swords Adventures" oder dem kleinen Indie-Hit "Stealth Inc.". Auch hier ist wieder die bewährte Mischung Klone gepaart mit Licht- und Schattenspielen am Werk.

Legt man es darauf an, findet das Klonen in vielen Games zumindest eine Gastrolle. Denk mal drüber nach, welche deiner Lieblingsspiele nicht vielleicht da oder dort ebenfalls etwas duplizieren - wenn nicht spielerisch oder erzählerisch, dann vielleicht einfach deshalb, weil eine bereits existente Spielidee gut übernommen wurde. Apropos übernehmen: Auch dafür lässt sich das Klonen gut einsetzen. Man will ja oft genau das besitzen, was die anderen schon haben. Bei einer 1:1-Kopie wird's anschließend garantiert keine Streitereien geben.