Erstellt am: 6. 5. 2014 - 17:45 Uhr
Es wirbelt wieder
Man darf einander ruhig mal feiern. Macht man ohnehin viel zu selten. Beim Lendwirbel feiert sich ein ganzes Stadtviertel (nämlich Lend) selber: Von der spontanen Blockparty angewachsen zum Stadtteilfest ist der Lendwirbel auch im achten Jahr ein von den BewohnerInnen und enthusiasmierten BesucherInnen getragenes Ding.
Zehn Tage lang tut sich mehr als gewöhnlich im Bereich zwischen Kunsthaus und Lendplatz: Von der DIY-Lochbildkamera über die Hörschauarena zu einem Bitcoin-Info-Laden (tatsächlich!) kann man sich treiben lassen. Am Mariahilfer Platz lädt ein Kräutergarten aus Hochbeeten mit geschickt gemachten Sitzplätzen zum Verweilen ein. Blumen-Konfetti bekommt man geschenkt. "Flanieren!", ist der beliebteste Programmpunkt, "Und schauen, was passiert!"
Radio FM4
Pop-up, bottom-up!
Der Verein Lendwirbel ist die organisatorische Basis für den Lendwirbel, der Behördengänge macht und sich um Strom, Wasser und Müll kümmert. Die Zahl der aktiven LendwirblerInnen könnte an die 300 Personen kommen.
Wie verteilen sich die Menschen über einen bestimmten Raum? Dieser Frage der Segregation und des Zusammenlebens sind Forscher im Auftrag der Stadt Graz nachgegangen und haben sich die Entwicklung im Lend genau angeschaut: Über die letzten Jahre haben sich die Herkunftsstaaten der BewohnerInnen stark verändert, es gab einen Rückgang südosteuropäischer Staatsbürgerschaften, während die deutschen Staatsbürger vermehrt zuzogen. Seit das Kunsthaus 2003 eröffnet wurde, ist sehr viel passiert in den Straßenzügen rundum. Erst in den letzten Wochen ist ein rotlichtiges Etablissement einem neuen Lokal und einem neuen Laden gewichen. Bezug auf diese Veränderungen nimmt beim Lendwirbel etwa Selma Etareri, die sich in ihrem Kunst- und Keramikstudio beim "Peep-Showdrehen" bei ihrer Arbeit zuschauen lässt. Inspirierte, motivierte und kluge Köpfe bevölkern das Viertel. Dass das Zusammenleben erfreulich ist, hat auch mit der Tatsache zu tun, dass der Kernbereich des Lendwirbels nahezu durchgängig eine Fußgängerzone ist und die angesiedelten Geschäfte keine Filialen großer Konzerne sind. Es überwiegt ein Interesse am Nachbarn. Jetzt bräuchte es Visionen für die Zukunft, zu diesem Schluss kommen die Studienautoren Joachim Hainzl, Günther Rettensteiner und Rainer Rosegger.
Fanden neugierige LendwirblerInnen vergangenes Jahr in den ersten Wirbel-Tagen Infos nur eher zufällig via Flyer, so ist dank Studierender der FH Joanneum diesmal das Programm auch wieder online auf einen Blick abrufbar.
Dazu wird der Marktplatz am Lendplatz heute zur Arena für die "pop-up und bottom-up" Stadtteilkonferenz. Jede und jeder kann sich einbringen. Es geht um konkrete Möglichkeiten einer integrierten Stadtteilentwicklung. Siebgedruckt sind die schönen Flyer für diese außergewöhnliche Stadtteilkonferenz.
Nachbarschaftliche Initiative
Ankündigungen dürfen auch auf einer alten Schreibmaschine getippt werden. Digital hier eine Vorschau auf die kommenden Tage: Musik. Denn an die siebzig Bands wollen mitwirbeln. Nachdem der Schlagergarten Gloria vergangenen Samstag zum Glück trotz des schaurigen Regenwetters stattfand (und zwar verlegt in ein Lokal), bitte diese Woche alles aufessen für kommenden Samstag. "Unter freiem Himmel" lautet das entspannte Motto dieses Jahr. Was heißt das in der Stadt? Was darf die und der einzelne da, wem gehört die Stadt?
Siebzig - in Worten: siebzig - Bands unter freiem Himmel
Eine Brass-Reise unternimmt das Masala Brass Kollektiv am Mittwoch und präsentiert "Trip T(w)o: Isle of Mabrax". Eine Welt für sich und höchst betörend ist das brasianische Capoeria
Tanzen kann eben auch eine politische Einstellung sein. So sehen das die Lindy Cats, die am 8. Mai zum Swingtanzen im öffentlichen Raum bitten und danach die Doku "Schlurf - im Swing gegen den Gleichschritt" im Haus der Architektur zeigen.
Nur wenige Schritte entfernt feiert Numavi Records eine Label Nacht in der "Luise", dem Lokal im Kunsthaus: Mile Me Deaf - erst kürzlich FM4 Artists Of The Week - spielen ihr neues Album "Holography".
Nie nur ein Auftritt sind die Konzerte von Favela Gold. Am Freitagabend wird es eine Show samt Lichtinstallation in der Gallery Lendnine.
Noch ein Tipp nicht weit vom Lendwirbel:
Am 10. Mai beehrt Crazy Bitch In A Cave das Sub am Fuße des Schlossbergs. Denn das kleine, feine Label Fettkakao präsentiert seine zweite Compilation. Auch Goldsoundz werden auftreten, auflegen werden Turbo (Wilhelm Show Me The Major Label) und Andi von Fettkakao
Psychedelic Turkish Anatolia Rock hört man samstagnachmittag, 15.00 bis 16.00, am Hier-ist-Platz. Überhaupt treten insgesamt fünf Formationen mit Psycheledic an. Samstagabend findet die Grrrls Night Out "Lendwrrrbl" tatsächlich draußen statt: Perlen für die Säue sowie Le Toy mit "Space Pop Disco Metal" sind dabei, ebenso Anna & die Luftschiffer, die Mundart hochhalten und mit Zither, Harmonium, Udu und Akustik-Gitarre musizieren. Udu zählt zu den Schlagidiophonen, ist aus gebranntem Ton und kommt aus Nigeria.
Mit der "HelStream Radio Live Stage" nehmen sich das freie Radio Helsinki, das freie Grazer Webradio Substream und der Musik-Club Wakuum die Griesgasse vor: Mit Donnerstag, Freitag und Samstag ist das Programm dieser Bühne derart getaktet, dass man es sich eigens anschauen sollte.
Montags ist dann wieder ein ganz normaler Tag - und Platoo präsentieren Ilovemilk. in der Scherbe. Die besingen im neuen Stück den Gameboy. Wie an so vielen Montagen im Lend feine Musik für ein geneigtes Publikum.