Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Eigentlich gar nicht so überraschend"

Eva Umbauer

Popculture-Fan und FM4 Heartbeat-moderierende Musikjournalistin.

3. 5. 2014 - 12:20

Eigentlich gar nicht so überraschend

Schwedens schnittige Garage-Rocker Mando Diao erfinden sich mit "Aelita" (wieder) ein wenig neu.

"Don't let go, never lose it", singen Mando Diao: "I'm alone, together in sweet dreams". Ah, "wet dreams", sind diese Träume in diesem sehnsuchtsvollen Schmachtfetzen samt Geigen. Ansonsten hängt mit dem neuen Album bei Björn Dixgård, Gustav Norén und Co. der Himmel ja eher voller Synthesizer anstatt Geigen. Die Mando-Boys, pardon, Männer - sind ja nun schon gestandene Anfang-30er - haben die Synthis entdeckt. Na sowas, könnte man nun ätzen, so als ob es nicht schon genug Synth-PopperInnen/RockerInnen gäbe. Erstens kann es davon nie genug geben, und zweitens sind Mando Diao eben Mando Diao und haben ihren ganz eigenen Synthesizer: ein richtig tolles Ding aus Sowjetzeiten, das den schönen Namen "Aelita" trägt. Dachte schon, das ist ein Frauenname - eine babylonische Göttin oder so, oder einfach ein Mädchen, singen Gustaf und Björn doch weiterhin auch zum Thema Zwischenmenschliches - girls, boys, love, sex und so. "Saw you dancing with another man, do you know how I feel?", heiß es etwa in "Money Doesn't Make A Man", aber auch Zeilen wie "Sweet poison is burning in my head" gibt es hier.

Zurück aber zum Vintage-Synthesizer sowjetischer Bauart: In einem Musikgeschäft in Schweden fanden Mando Diao eben diesen. Das Geschäft, das vor allem Schallplatten verkauft, arbeitete mit einem Geschäft in Lettland zusammen, und weil dieses dem in Schweden Geld schuldete, aber von Letzterem keines hatte, bot man an, stattdessen einen Synthesizer zu liefern. Tja, und Mando Diao fanden dieses Ding dann. "Was ist das?", fragten sie den Shop-Betreiber? Ein Synthesizer, sagte dieser. "Wow", sagten die Mando-Männer und zückten die Geldbörse. Die Bedienungsanleitung war zwar auf Russisch, was Mando Diao nicht sprechen, und so versuchten sie einfach, dem Instrument Töne zu entlocken. Oder besser, so Björn Dixgard, sie fuhrwerkten auf dem Ding herum. Er war wie ein Tier, das seltsame Laute von sich gab, meint Gustaf Norén. Schließlich aber entdeckten diese ungelenken "Tierbändiger" die schier unendlichen Möglichkeiten, die das Gerät bot. Der Vergleich mit dem Tier ist ein Interessanter: Biologie statt Technologie.

Klar verschreckt das so manchen altgedienten Mando-Diao-Fan, was die Band da auf "Aelita" so macht, aber diese beiden starken Persönlichkeiten Dixgård und Norén haben es auch bisher geschafft, ihre Veränderungen weiterhin erfolgreich unter dem Mando-Diao-Banner zu leben. Und vorhersehbares Geschimpfe à la "Was für ein Müll, welcher Kommerz-Shit" etc., was so in den Foren steht dieser Tage, anlässlich der Veröffentlichung des neuen Mando-Albums zu lesen ist, ist einfach nur müßig.

Eigentlich ist es ja gar nicht so überraschend, dass diese seit fünfzehn Jahren bestehende Band jetzt ein Album wie "Aelita" gemacht hat. Tolle Sounds, tolle Produktion, tolle Stimmen, tolle Songs. Keine Schnoddrigkeiten mehr, sondern echte Soulfulness, trotz Sowjet-Synthesizer, aus dem Mando Diao nicht ausschließlich Harsches herausholten . "If I Don't Have You" etwa ist ein sehnsuchtsvolles Stück, das einen wie eine Mantra-artige Endlosschleife in den Bann zieht, samt der Textzeile "It's been a long cold war, but I'm still hanging on". Die Single "Black Saturday", das erste Stück am Album, ist noch am ehesten "klassischer" Mando-Diao-Sound, der sofort in Ohr, Blut und Beine geht. Instinkt, gepaart mit etwas Altersweisheit, da war kein Platz mehr "to scream and shout" um des Lärmmachens willen, wie Björn Dixgard sagt. Der letzte Auslöser für die neue Situation der Band und ihren daraus folgenden Sound war wohl der Krebstod von Kristian Gidlund, dem Schlagzeuger von Sugarplum Fairy, der Band von Victor Norén, dem Bruder von Gustaf Norén.

Albumcover von Mando Diao

Mando Diao

"Aelita" ist das bereits siebte Studioalbum von Mando Diao und folgt auf das 2009er Album "Give Me Fire!". Dazwischen gab es ein "MTV-Unplugged"-Album, ein "Greatest Hits Vol.1" und das schwedischsprachige Album "Infruset", auf dem Mando Diao anlässlich des 100.Todestags des schwedischen Lyrikers Gustaf Fröding dessen Gedichte vertonten. Mal sehen, wie Mando Diao die neuen Songs live umsetzen, was sie etwa auch im Rahmen einer Tour beim Nova Rock Festival machen werden.