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Anna Masoner

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Erkundet als digitale Migrantin Vorzüge und Abgründe der Informationsgesellschaft

28. 4. 2014 - 15:26

Studio Roosegaarde: Hollands Technik-Traumfabrik

Ein nachhaltiger Tanzboden und ein riesiger Smogstaubsauger, der Parkbesuchern in Peking frische Luft verschafft. Nur zwei der wundersamen Erfindungen des niederländischen Medienkünstlers Daan Roosegaarde.

Eine Lagerhalle im Industriegebiet von Waddinxveen, einer Kleinstadt nördlich von Rotterdam in den Niederlanden. Auf einer Fläche halb so groß wie ein Fußballfeld stapeln sich Kisten und Pakete.

Neben dem Eingang nimmt eine meterlange Reihe aus hunderten hüfthohen Plastikstangen viel Raum ein. Ausgestattet sind die schwarzen Stäbe mit kleinen Leuchtdioden. Das Ensemble, das an einen Schachtelhalm-Miniwald erinnert, soll auf die Geräusche und Bewegungen von Menschen reagieren, erklärt Hausherr Daan Roosegaarde.

Studio Roosegaarde-Lagerhalle

FM4 / Anna Masoner

Der niederländische Künstler und ausgebildete Architekt will damit die Erfahrungen von früher wieder erwecken. Als wir noch in Höhlen wohnten und mit nackten Füßen durch die Prärie wanderten. Wer jetzt das Bild eines gemütlichen Esoterikers im Kopf hat, könnte nicht falscher liegen. Zwar beschreibt sich der 35-Jährige als Technopoet. Mit seinen kurzen blonden Haaren, seinem schwarzen Outfit und seinem übervollen Terminkalender hat er eher etwas von einem Spitzenmanager. Am nächsten Tag muss Daan Roosegarde nach Peking fliegen, wo er derzeit an einem Smogstaubsauger arbeitet. "Wir wollten dort in einem Park die Luft etwas klarer machen. Unser Staubsauger funktioniert wie ein elektromagnetisch aufgeladener Luftballon, der Haare anzieht." Ein großes ionisches Feld im Rasen zieht Smogpartikel auf den Boden, wo sie gereinigt werden.

Seinen Staubsauger hat Roosegaarde gemeinsam mit einem europäischen Nanotechnologie-Unternehmen und einem Wissenschaftler der Universität Delft entwickelt. Eine Serie von Elektroden, die an einen Hochspannungsgenerator angeschlossen sind, befindet sich knapp über dem Boden. Das dadurch entstehende elektrostatische Feld gibt an die umgebenden Luft- und Smogteilchen positive Ladungen ab. Sie sinken schließlich zu Boden, wo sie als Staub entsorgt werden können.

Mit seiner wundersamen Idee hat es Daan Roosegaarde schon ins chinesische Fernsehen geschafft:

Bisher wurde das Prinzip nur in einem geschlossenen Raum getestet. Ende des Jahres soll der Testbetrieb des Smog-Staubsaugers starten. Kritiker Zweifeln daran, dass er unter freiem Himmel funktionieren kann ohne dass im Umkreis elektronische Geräte und Kreditkarten zu Schrottware werden. Roosegaarde glaubt trotzdem fest an sein Projekt. Aber es sei keinesfalls die Lösung für Chinas Smogproblem. Es ist und bleibt eine Kunstinstallation. "Wir wollen zeigen, wie eine neue Welt aussehen kann. Wie sie sich anfühlen, wie sie riechen soll. Ich will einen Anreiz liefern, eine Stadt zu schaffen, die komplett smogfrei ist."

Da reichen ein paar Installationen in Parks natürlich nicht. Am Ende, so Daan Roosegaarde, gehe es darum, in neue saubere Energieressourcen, in Elektroautos zu investieren.

Bekannt geworden ist Roosegaarde vor vier Jahren durch die Mitarbeit am Sustainable Dancefloor, dem nachhaltigen Tanzboden. Durch die Energie aus den Tanzbewegungen generiert er den Strom für die Musikanlage. Bis zu einem Zentimeter senkt sich der Boden ab. Diese Bewegungsenergie führt über mechanische Federn zu vielen kleinen Generatoren und so zu elektrischem Strom. Das bringt pro Tänzer bis zu zwanzig Watt Energie.

Daan Roosegaarde

FM4 / Anna Masoner

Als seinen größten Lehrmeister bezeichnet Daan Roosegaarde übrigens die Natur. In Abermillionen Jahren Forschung und Entwicklung habe sie sehr viel Erstaunliches hervorgebracht. Ihn lasse das sehr bescheiden werden. "Über die Natur haben wir Menschen gar keine Kontrolle. Wenn wir Gebäude bauen und Dinge kreieren, sollten wir uns mehr bei ihr abschauen. Vielleicht fühlen wir uns dann wieder mehr mit ihr verbunden."