Erstellt am: 27. 4. 2014 - 20:58 Uhr
The daily Blumenau. Weekend Edition, 27-04-14.
Auch 2014 online: der Versuch das Journal '13 (wie schon das von 2003, '05, '07, 2009 und 2011) durch ein kürzeres Format zu ersetzen, um so Täglichkeit hinzukriegen. Mit Items aus diesen Themenfeldern.
Wenn Medien über Neuerungen bei anderen Medien berichten, schwingt allzu oft Seltsames mit: man sieht jeden als Konkurrenz, also macht man runter oder spöttelt. Und im eigenen Haus ist gerne alles super. Ich thematisiere derlei nicht zum ersten Mal und hoffe ich entkomme diesen Fallen.
#medienpolitik #demokratiepolitik
Mit der Leitartikel-Jammerei über die "Zwei-Klassen-Informationspolitik" und die "Wiener Sicht" hat es nichts zu tun. Dass ich mich heute mit der neu gestaltenen SN, den Salzburger Nachrichten auseinandersetzen möchte, das stand schon fest, ehe ich noch reingelesen hatte. Es bleibt dann aber der einzige Punkt, der negativ aufstößt: diese winselige Reduktion auf das untergebutterte Sein, dieser freiwillige Provinzialismus - derselbe Gestus, der Österreich bei seinen Auftritten auf der Weltbühne so oft im Weg steht; überflüssig wie ein Kropf.
Dieser Gestus verhindert im übrigen auch, dass die SN auf dem Level wahrgenommen werden, auf das sie gehören, gleichauf mit Presse und Standard. Die sprichwörtliche Ödnis des Salzburger Kulturlebens und die nicht allzu selbstbewusste Veröffentlichungspolitik des vorigen Jahrhunderts ließen den Salzburger Nachrichten ein Fadzipf-Image anhaften, das sie zumindest in den letzten Jahren gar nicht mehr verdient; auch weil man sein Licht ein wenig unter den Scheffel stellt.
Und jetzt eine Blattreform, ein wenig mehr als nur ein neues Layout, auch optische und inhaltliche Bekenntnisse: zu mehr längeren Texten, zu mehr Analyse, zu noch mehr Bockigkeit.
Die SN neu geht da einen ähnlichen Weg wie die Presse, vor allem die optisch opulente am Sonntag, und setzt sich vom hektischen Briefmarkensalat von Standard und dem nach seiner Reform noch unrunderem Kurier ab. Tageszeitung nicht als nochnmaliger Aufguß dessen, was gestern schon alles im Netz, im Radio und abends dann im TV zu sehen und hören war, sondern als erläuterndes Zusatzmedium, als vertiefender Second Holz-Screen.
So schaffen es die SN etwa, sich sowohl der Lust am Nachplappern als auch dem Inseraten-Druck der Wirtschaft zu entziehen und nicht in den aktuellen (Stichwort: Standort) Hype-Chor der armen, entrechteten, beleidigten und deshalb abwanderungswilligen Konzerne einzustimmen. Man stellt auch die Gegenstimmen aus und hütet sich, die vorgestanzte Propaganda der Industriellen-Vereinung zu übernehmen (wie es andere, diesbezüglich brav wie Esel agierende sogenannte Qualitätsmedien tun), sondern verknüpft dort, wo es nötig ist und zitiert gleich mehrere Gesprächspartner mit der Aussage, dass es nicht die von Baron von Kapsch vorgegebenen Themen Unweltauflagen und Lohnnebenkosten seien, die den Standort Österreich am stärksten gefährdeten, sondern der fahrlässige Umgang mit der hiesigen Bildungsreform und einer entsprechend problematischen Personalsituation.
Insofern ist der Titel des schon erwähnten Leitartikels Die Glaubwürdigkeit der Medien steht auf dem Spiel nicht nur Sonntagsrede, sondern auch in derselben Ausgabe bereits eingelöst. Chefredakteur Manfred Perterer ortet einige Fallen, in die heimische Medienmenschen gerne tappen.
Etwa... Die Bücklings-Falle:
Nur noch der Inserenten, Auftraggeber, Eigentümer und dahinterstehende politisch Druckmachende werden gewogen behandelt. Auf die anderen wird hingedroschen, mit einer Pseudo-Aufdecker-Mentalität und Brutalität.
Oder... Die Aufregungs-Falle:
Der hyperventilierende Shitstorm dominiert, egal wie lächerlich das Thema, Hauptsache es lässt sich gut aufblasen, Stichwort. Empörungsjournalismus; Wichtiger Nebensatz: alles wird einer (eh nur suggerierten) News-Informiertheit geopfert.
... und ... Die Vorverurteilungs-Falle:
Weil der Konkurrenzkampf alle allzu hektisch macht, machens auch die Qualitätsmedien dem Boulevard nach und vorverurteilen was das Zeug hält. Zurückrudern kann man in einer diesbezüglich vom Nicht-Entschuldigungs-Entschuldiger Jörg Haider ruinierten Kultur immer noch.
Interessant wird es, wenn Perterer, der anfänglich noch von der viel zu laschen Nicht-Trennung von Nachricht und Kommentar spricht (und dabei die Analyse, auch die im selben Blatt, auch die, die deutlich mehr kommentiert und psychologisiert als reine Nachrichten zu verbreiten) außer Acht lässt, und dann - als Reaktion auf den tatsächlich widerlichen rein destruktiven, an populistischen Parteien orientierten scheißdrauf-Attacke-Journalismus - einen konstruktiven Journalismus fordert, also auch zu publizieren, wie's besser klappen würde.
Da überschreitet der Journalismus eigentlich seinen Zuständigkeitsbereich, da verlässt er das Gebiet von Nachricht, Analyse und Kommentar und begibt sich auf das Feld der Player, wird quasi zum permanenten Eugen Freund.
Deshalb habe ich mich, was solche Vorschläge betrifft, auch zunehmend zurückgehalten bzw. die Relativität solcher Ideen betont.
Wenn ich an dieszügliche Versuche in einem vergleichsweise harmlosen Feld, dem Fußball und die vielen herumschwirrenden Vorschläge, was man denn etwa am Liga-System, in der Nachwuchsarbeit, an Lizenzierungsverfahren oder Infrastruktur-Vorschriften besser machen könnte, denke, dann schwirrt mir jetzt schon der Kopf. Denn nichts ist entsetzlicher als ein "Wie's besser ginge"-Journalismus jener, die sich auf der Basis von Halbwissen und Halbbildung für kompetent halten und sich deswegen auf eine Art gottgegebenes Äußerungs- (und noch schlimmer, auch ein Verbreitungs-)Recht berufen. Aktuelles Worst Practice-Beispiel: die von Scheinexperten auf Laientheater-Niveau vorgetragenen Forderungen an den ORF-Sender Ö3, nach der maximal halbgaren Lektüre eines Burchteils des ORF-Gesetztes. Danke, aber danke nein - diese Art eines Besserwisser-Journalismus braucht keiner.
Vielleicht meint Perterer ja auch nur die eh schon üblichen Blicke in vergleichbare Situationen anderswo. Oder will mit dieser leicht utopischen Forderung auch nur den Blick gegen die reine hindreschende Destruktivität schärfen. Wie die SN das anlegen wollen, wird in der nächsten Zeit spannend zu beobachten sein. Und auch in einem inhaltlich besser sortierten und optisch ansprechenderen Umfeld als bisher.