Erstellt am: 25. 4. 2014 - 21:13 Uhr
The daily Blumenau. Friday Edition, 25-04-14.
Auch 2014 online: der Versuch das Journal '13 (wie schon das von 2003, '05, '07, 2009 und 2011) durch ein kürzeres Format zu ersetzen, um so Täglichkeit hinzukriegen. Mit Items aus diesen Themenfeldern.
#fußballjournal14
Roger Schmidt sieht seine Arbeit also als beendet an: er hat Red Salzburg zur frühesten Meisterschaft seit langem und durch eine furiose Euro-League-Saison geführt, er wird vielleicht noch den Cup mitnehmen und er hat dem Team für die nächste (Champions League-)Saison einen guten Namen verschafft. Ob sein neues Team, Bayer Leverkusen, überhaupt CL spielen kann, steht noch länger nicht fest, er setzt sich also nicht in ein gemachtes Bett, sondern strebt wieder einen Aufbau an, wird den letzten Zyklus (die beiden Aufbau-Jahre, die in Salzburg nötig waren) also wiederholen; wenn man ihm die Zeit gibt - was in Leverkusen, wo tendenziell auf Kontinuität gesetzt wird, nicht unmöglich ist. Dass gerade Leverkusen Schmidt wollte, ist logisch: das Team bringt in punkto Schnelligkeit, Umschalt-Kapazität und Gegenstoß-Qualität bereits eine Menge mit, was Schmidt dann mit seinem Salzburger Modell zu einem echten Edel-System erhob. Ob er Hyypiäs 4-3-3 oder Lewandowskis 4-2-3-1 fortsetzen wird, schaumermal. Schmidt ist Pragmatiker: das Salzburger 4-2-4 existiert nicht aus seinem sturen Willen heraus, sondern weil sich das Personal entsprechend anbot.
APA/Barbara Gindl
Roger Schmidt verdankt seinen Transfer in die europäische Spitzenklasse zwei Personen: Sportdirektor Rangnick, der das entsprechende Vertrauen in ihn setzte (im labilen Salzburg keinesfalls die Regel), und sich selber.
Genau gar nichts mit dieser Beförderung hat die österreichische Bundesliga damit zu tun. Das nur, weil ich gehört habe, dass der offensichtlich auch in Fußball-Fragen zum Vollvolksmusik-Unterhalter mutierte Frenk Schinkels den im Vorjahr aus ebenso guten Gründen nach Deutschland geholten Peter Stöger als Türöffner für Schmidt bezeichnet hat.
Kollege Gerald Gossmann hat hier auf 90minuten.at noch ein paar klare Argumente dazu.
Das ist in vielfacher Hinsicht blanker Unfug: Schmidt war auch schon vor Salzburg ein Player auf der deutschen Trainer-Landkarte; Stöger war auch nicht Türöffner für Walter Kogler (der nutzte die Chance einer Tiroler Connection) oder Ralph Hasenhüttl (der hat bis dato ausschließlich in Deutschland trainiert und gilt somit als homegrown) - die heimische Bundesliga hat auch weiterhin kein Gütesiegel, das sie für Vereine aus großen Ligen interessanter macht.
Warum das so ist, hat Helmut Kronjäger unlängst auf den Punkt gebracht.
Nur wenn jemand die Regel der erwartbaren Trainerleistung durchbricht, wie Stöger 12/13 oder Schmidt vor allem 13/14 Un-/Außergewöhnliches zeigt, besteht eine Chance, dass das Ausland, die deutsche Liga aufmerksam wird.
Das gilt auch für ganz böse Buben, die hierzulande mit Schimpf und Schande verjagt werden: dass Leverkusen Anfang April Peter Hyballa als Co-Trainer dazugeholt hat, spricht für die Fähigkeiten der deutschen Großclubs Leistungen richtig einschätzen. Deutlich richtiger als es die heimische Liga und ihre Schinkels vermögen.
Der einzige heimische Trainer, für den ich (kleine) Chancen sehe Stöger/Schmid und Hörtnagl/Kogler nachzufolgen, ist deshalb nicht Adi Hütter, sondern Damir Canadi. Hütter hat sich diese Saisom mit Grödig zwar für heimische Verhältnisse sensationell geschlagen und trotz deutlich schlechteren Vorzeichen mit den Wiener Groß-Klubs mitgehalten, konnte seinen innovativen Zeiten bei Altach aber keine weitere Entwicklung folgen lassen. Das hat mit dem sehr konservativen Ansatz in Grödig zu tun, der Kleinkariertheit dieses Familienbetriebs und der Vorsicht, die Hütter dort in seinen eigentlich viel wagemutigeren Stil einfließen ließ. Das reicht allemal, um in der ideenmäßig immer noch unterentwickelten heimischen Bundesliga vorne mitzuspielen (zumal es diesbezüglich auch in Ried kriselt und in Graz, Wolfsberg, Innsbruck und in Neu- sowie Südstadt sowieso unterdurchschnittlich agiert wird), und es dürfte auch genügen, um in der nächsten Saison einen Top-Job zu ergattern - mehr geht aber nicht.
Canadi hingegen hat sich bei seinen letzten beiden Stationen - für jeden mit einigermaßen Fußball-Verstand sichtbar - hohem Risiko ausgesetzt und enorm entwickelt. Beim bereits völlig ruinierten FC Lustenau bastelte er aus dem Nichts und einem eigentlich nicht ligatauglichen Kader eine Truppe, die sportlich problemlos die Klasse halten konnte, und jetzt in Altach gelingt ihm der ebenso friktionsfreie Durchmarsch in die oberste Spielklasse. Canadi kann also mit Außenseitern und Spitzenteams gleichermaßen, Canadi kann - wie ein Paul Gludovatz in jung und deutlich weniger überkandidelt - jedes System, egal ob 4-3-3 oder 3-3-3-1 oder all das konventinellere Zeug, das die anderen spielen lassen, und Canadi kann seine durchaus originären Ideen auch weniger guten Spielern innerhalb kürzester Zeit begreiflich machen. Das macht ihn zum optimalen Kandidaten für die gesamte deutsche 2. und 3. Liga; theoretisch.
Für alle anderen Coaches gilt das, was Kronjäger sagt: wer in einer Liga, in der alle einander vier Mal sehen, derart schwache Gegneranalysen abliefert, verdient sich das internationale Geschäft nicht. Und wer glaubt, dass es angesichts der Karrieren von Stöger und Schmidt (die sich nächstes Jahr zwei schaurig-böse Derbys liefern dürfen) genug zu betonen, dass man die zwei aus der österreichischen Bundesliga kennt, der hat sich ordentlich geschinkelt.