Erstellt am: 25. 4. 2014 - 17:04 Uhr
Neu in Berlin: Game Science Center
Ein Museumsbesuch kann schon richtig anstrengend sein – vor allem, wenn das, was man sich ansieht und worüber man lernt, sehr umfangreich ist und so viele Exponate da sind, dass man schnell mal überfordert ist. Die Sache ändert sich aber, wenn man selbst Hand anlegen kann. Noch besser wird es, wenn etwa komplizierte Technik über Videospiele zugänglich gemacht wird. Immerhin fungieren Games seit ihrem Anbeginn Anfang der 70er Jahre als erfolgreiche Einstiegsdroge für die Beschäftigung mit Computern, Programmieren und Technologie im Allgemeinen.
Seit den letzten paar Jahren sind Computerspiele nicht nur gesellschaftlich akzeptierter und durchdringender sowie inhaltlich vielseitiger geworden. Sie sind seit einigen Jahren auch eine wichtige treibende Kraft, wenn es darum geht, neue Interface-Technologien anschaulich zu präsentieren. Denken wir nur etwa an die Bewegungstechnologie Microsoft Kinect, wo man vor der Spielkonsole tanzen oder auch im OP-Raum mit Gesten Informationen abrufen kann, das innovative Musikinstrument Reactable oder die bahnbrechende Virtual-Reality-Brille Oculus Rift – mittlerweile ja von Facebook aufgekauft. Diese Technologien brauchen Computerspiele nicht zwingend, aber spielerisch lässt sich das jeweilige Potenzial eben viel besser darstellen.
In Berlin wird man digitalen Spielen und ihren neuen Interfaces jetzt eine eigene Dauerausstellung widmen – das Game Science Center, das im Sommer auf 300 Quadratmeter in der Nähe des berühmten Grenzübergangs Checkpoint Charlie eröffnen wird.
Game Science Center
Selbst Hand anlegen und Technologie erfahrbar machen ist das grundlegende Prinzip des Game Science Center. Die Gründer Cay Kellinghusen und Cyrill Etter sind bereits seit dem Sommer des Vorjahres eifrig auf der Suche nach Exponaten. Etwa ein Dutzend Zusammenarbeiten mit Firmen, Künstlern und Game-Designern sind seither zustande gekommen. Zuletzt waren die beiden beim A MAZE.-Festival zu Gast, wo sie im Keller des Veranstaltungsortes Urban Spree einen kleinen Showcase präsentiert haben. Dort wurde unter anderem der Bassrucksack Subpac vorgestellt. Auch der Adventure-Game-Drucker "Choosatron", der bei der A MAZE. den Publikumspreis gewonnen hat, wird beim Games Science Center Teil der Daueraustellung werden.
Choosatron
Einige "ihrer" Exponate haben die Gründer des Game Science Center auch auf der Crowdfunding-Plattform Kickstarter gefunden. Weil dort oft unkonventionelle Ideen und verspielte, technische Experimente präsentiert werden, - etwa leuchtende Vielecke, die modular zusammengesetzt werden können - haben sich Cay und Cyrill stark inspirieren lassen. Durch das Abhängen und Staunen auf Kickstarter ist überhaupt die ursprüngliche Idee entstanden, einen Showroom für einfallsreiche Technikprojekte zu schaffen, der Interface-Innovation und Spiel vereint.
Seit der Initialzündung damals und der Gegenwart ist viel passiert. Das Game Science Center ist längst von einer Idee zu einem gewissenhaft ausgearbeiteten Projekt geworden, das in wenigen Monaten in Form eines Innovationszentrums zugänglich sein wird. Eine alte Industriehalle wird zu einem interaktiven Ausstellungsraum umfunktioniert. Dort wird sich die verspielte Technik übrigens nicht nur horizontal sondern auch vertikal ausbreiten. Cay Kellinghusen erwähnt im Interview mit FM4, dass die Decke circa sieben Meter hoch ist - ideal, um unkonventionelle Ausstellungsstücke in ihrer vollen Pracht zu präsentieren oder etwa aufwändige Projektionen umzusetzen.
Game Science Center
Mutig, ambitioniert und zum richtigen Zeitpunkt
Weil das Game Science Center weder ein klassisches Festival ist, das eine zeitlich begrenzte Ausstellung bietet noch als Teil der Games-Industrie bzw. der Spieleproduktion angesehen werden kann, ist es schwierig, an Förderungen zu kommen. Derzeit finanzieren Cay und Cyrill ihr Projekt noch aus eigener Tasche. Wichtig ist der Standort, und hier haben sie ins Schwarze getroffen. 300 Quadratmeter am Checkpoint Charlie sollten hinsichtlich Miete sehr teuer ausfallen. Doch weil alte Industriehallen, die zu Galerien aufgewertet wurden, noch zu den alten Industriehallenpreisen vermietet werden, ist der Standort derzeit gut finanzierbar.
Das Game Science Center in Berlin geht zum richtigen Zeitpunkt an den Start und ist auch eine gelungene Ergänzung zum Computerspielemuseum Berlin, das sich vornehmlich auf Spielegeschichte spezialisiert. Das Game Science Center blickt ausschließlich in die Zukunft. Touch the Future bzw. The Future of Interaction ist gleichzeitig Motto und Untertitel des bald eröffnenden Game-Interface-Showrooms.