Erstellt am: 21. 4. 2014 - 13:14 Uhr
Die Müßig Gang ist aller Laster Anfang
Trennungen gehören zum Leben mit dazu und kommen in den besten Familien vor. Als jedoch Martin Schlager alias Skero als lang gedientes Mitglied der Linzer Rap Gruppe Texta nach über 20 Jahren Bandgeschichte seinen Ausstieg aus der Gruppe bekannt gab, löste das bestimmt für viele Fans ein kleines Erdbeben aus. Ein Texta ohne Skero? Unmöglich. Gelten die fünf Linzer doch als die Konstante in der österreichischen Hip Hop-Landschaft. Es gab sie scheinbar schon immer und soll sie hoffentlich noch lange geben. Doch ab sofort eben ohne "Den Langen". Für Nahestehende und für die Band selbst kam dieser Schritt allerdings alles andere als überraschend. Nicht nur, weil sich für Skero seit seinem Soloalbum und dem mittlerweile in die Annalen der Austro-Hall of Fame eingegangenen Song "Kabinenparty" so einiges getan hat. Skero wollte schon immer Musik auch jenseits des straighten Raps machen. Genauso aber auch schauspielen. Gibt es doch schon seit ein paar Jahren die Idee, mit Kollegen Sugar B. einen abendfüllenden Spielfilm zu drehen. Das Drehbuch steht. Aber dazu bestimmt ein andermal mehr...
Fm4
Und dann kam die Band Wienerglühn, eine junge Kombo rund um Sänger und Frontmann Rudi Gratzl, der gemeinsam mit seiner Schwester Heidelinde und dem Kontrabassisten Jovan Torbica Teil einer neuen Bewegung war, die das "Neue Wienerlied" in Umlauf und auf die Bühnen der Stadt brachte. Ursprünglich gab Gratzl Skero Klavierunterricht, doch anstatt Tonleitern zu üben, begann man gemeinsam Songs zu schreiben. Und dann kam FM4 und bat Skero um einen Song für den FM4 Adventskalender.
Das ständige Nachdenken, ob man die gemeinsamen Auftritte nun als "Skero feat. Wienerglühn" oder "Wienerglühn feat. Skero" ankündigt, war laut Rudi Gratzl irgendwann zu kompliziert und mühsam, so dass man beschloss, einen gemeinsamen Namen zu suchen, um sich fortan Müßig Gang zu nennen. Der Müßiggang, ist laut Wikipedia das Aufsuchen der Muße, das entspannte und von Pflichten freie Ausleben, nicht die Erholung von besonderen Stresssituationen oder körperlichen Belastungen. Der Müßiggang geht z. B. mit geistigen Genüssen oder leichten, vergnüglichen Tätigkeiten einher, kann jedoch auch das reine Nichtstun bedeuten. Laut Skero ist der Müßiggang das konstruktive Nichtstun, also eine zutiefst ureigene Wiener Eigenschaft.
Und genau aus diesem konstruktiven Nichtstun entstand "Aller Laster Anfang", das Debütalbum der Müßig Gang. Jeder der zwölf Songs des Albums zeigt, wie Rudi Gratzl und Skero das Wienerlied zu interpretieren wissen. Mit viel Respekt und feiner Klinge werden hier Lieder geschliffen, die zwar ihren Ursprung im Heurigen haben mögen, doch um die zeitgenössischen Einflüsse erweitert, ihre vollkommene Berechtigung in der Jetzt-Zeit haben.
"Das Wienerlied ist so unterschiedlich wie all seine Interpreten. Auch der Nino aus Wien macht Wienerlieder.", findet Rudi Gratzl und deshalb darf er auf dem Album auch nicht fehlen. Man hat einen Deal geschlossen: Wenn Nino auf dem Müßig Gang Album sein soll, dann nur wenn Skero einen Song für das neue Nino-Album beisteuert. Abgemacht. Man kennt und schätzt sich schon seit Langem.
Dass man sich im Hause Texta noch immer nahe ist und man nur im Guten auseinander gegangen ist, zeigt auch, dass "Aller Laster Anfang" auf dem Texta hauseigenen Label Tonträger erschienen ist. Familie bleibt Familie.