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Todor Ovtcharov

Der Low-Life Experte

16. 4. 2014 - 14:45

Die schlechteste Zeit des Jahres

Ich habe neulich gelesen, dass die Tage zwischen 15. und 29. April die schlechtesten in diesem Jahr sein werden. Es erwartet uns sowohl eine Mond- als auch eine Sonnenfinsternis.

Die Sonnenfinsternis soll auch noch ringförmig sein. Seit antiken Zeiten wurde so eine ringförmige Sonnenfinsternis als ein sehr schlechtes Omen betrachtet. Die Kräfte der Dunkelheit überragen die Kräfte des Lichts. Allerdings: Keine von den beiden Finsternissen kann man in Europa betrachten. Da fragte ich mich natürlich, warum mich das überhaupt interessieren soll, wenn mit „unserer Sonne“ nichts passieren wird, aber…

Meine Mutter rief mich an und sagte mir, dass ich aufpassen soll. Ich sei schließlich so ein Pechvogel, dass mir ganz sicher was Schlechtes passieren würde. Meine Mutter ist eine Pessimistin. Sie ist gleichzeitig über den Klimawandel, die Krise in der Ukraine und darüber, dass ich nicht ordentlich gefrühstückt habe, besorgt. Weil aber „Mütter alles wissen“ werde ich sicherheitshalber wachsam sein. Ich verspreche ihr, dass ich die folgenden zwei Wochen besonders aufpassen werde.

Sonnenfinsternis

CC-BY-SA-2.0 / NASA Goddard Space Flight Center

Da heute der 16. April ist, also der erste Tag nach dem Anfang dieser schlechten Periode, wachte ich ganz aufmerksam auf. Meine Freundin M. schlief noch, ahnungslos, dass wir jetzt diese schwere Phase erreicht haben. Die Sonnenfinsternis soll nämlich Liebesprobleme mit sich bringen. Ich muss stets auf der Hut sein. Ich mache ihr einen Tee, genau wie sie es mag. Das kommt ihr aber bestimmt verdächtig vor, weil das sieht sehr danach aus, dass ich mich irgendwie schuldig fühle und versuche mich einzuschleimen. Also mache ich ihr keinen Tee. Aber dann ist sie böse auf mich, weil ich so faul bin. Ich lege mich am besten wieder ins Bett und lasse sie zuerst aufstehen. So kann sie sich Gedanken machen, wie sie den Tag vom bösen Schatten der Finsternis retten könnte. Und nicht nur den Tag, sondern auch unsere Beziehung und die ganze Menschheit!

Aus dem benachbarten Zimmer sind kochende Lava und andere höllische Geräusche zu hören. Nein, das Ende der Welt hat noch nicht angefangen. Das ist mein Mitbewohner Emil. Seit er vor zwei Jahren in die Wohnung eingezogen ist, spielt er immer ein Online-Computerspiel. Er ist ein Mensch, dem die schlechtesten Tage im Jahr völlig egal sind. Das Ende der Welt interessiert ihn auch nicht. Er hat die virtuelle Menschheit schon so oft gerettet, eine Katastrophe mehr wird ihn nicht aus der Ruhe bringen. Er wird weiter mit seinem Feuerschwert gegen die dunklen Kräfte kämpfen. Das Ende der Welt wird wieder verschoben.

Für eine Weile war die Apokalypse jetzt nicht mehr aktuell. Die Maya hatten sich verrechnet und die Welt endete nicht im Dezember 2012. Aber die Menschheit kann anscheinend nicht ohne Katastrophenangst leben. Eine neue Prophezeiung wurde populär – die Welt sollte am 22. Februar 2014 enden. Dieses Mal laut der Wikingerfolklore. Der Fenriswolf sollte den Gott Odin verschlucken, was nichts weniger heißt, als dass die Sonne erlöschen wird. Der 22. Februar verging, Odin überlebte und der Fenriswolf blieb hungrig.

Es ist immer wieder verwunderlich, wie die Folklore von so kleinen Völkern die ganze Menschheit beeinflussen kann. Ich sah neulich den Film „Noah“. Da existieren neben dem biblischen Noah skandinavische Trolle, die gegen die Ungläubigen kämpfen, die wiederum irgendetwas zwischen palästinensischen Terroristen und afghanischen Taliban ähneln. Die Philosophie von "Noah" selbst ist eine lustige Mischung christlichen, buddhistischen, indianischen und skandinavischen Glaubens. Für die Produzenten des Films gibt es anscheinend keine religiösen, historischen und moralischen Tabus. Alles ist erlaubt. Im Namen der Rettung der Welt? Nein. Im Namen des Geldes.

Falls die Menschheit die Sintflut überlebt hatte, nur um so dumm zu werden, dann brauchen wir eine neue Flut. Und eine Hoffnung, dass Russell Crowe, Darren Aronofsky und ihre Produzenten keinen Platz in der neuen Arche bekommen.