Erstellt am: 10. 5. 2014 - 12:40 Uhr
Whodunnit
Eine Kleinstadt an der englischen Küste. Raues Klima, Sandstrand, hohe Klippen. Jede kennt hier jeden.
8 Stunden in Fernseh- und 59 Tage in Real-Zeit werden wir in "Broadchurch" verbringen, denn der 11-jährige Danny Latimer ist tot. Liegt im Sandstrandidyll, am Fuße der Klippen.
Erst einmal aber bricht ein normaler Morgen an - und der führt den Vater des Mordopfer durchs Städtchen, vorbei an einem Großteil der Hauptfiguren und künftigen Verdachtspersonen. Schön gemacht. Mit Steadicam, ohne Schnitt.
Ansonsten wirkt und ist das Crimestory-Kick-off eher klassisch. Die Serie lebt aber von ihrer zunehmenden Düsternis und Rätselhaftigkeit, dem dazu gereichten Naturschauspiel sowie wunderbaren Soundtrack und - allen anderen ProtagonistInnen voran - den ermittelnden Detectives:
DI Alec Hardy, gespielt von Ex-"Doctor Who" David Tennant, sowie DS Ellie Miller (Olivia Colman).
Das Duo
Ein grandioses Kriminal-Tandem, das ab und an wie eine schroffe Version von Scully und Mulder wirkt. Obgleich sie sich nicht grün sind, harmonieren sie wunderbar. Er, Hardy, ein Eigenbrötler. Der von außerhalb hinzugezogene Ermittler trägt sein Schottisch wie einen Schutzwall vor sich her und einen alten Fall wie einen Sack Kieselsteine mit sich herum. Seine social skills sind bestenfalls mangelhaft.
Sie, Miller, eine aus "Broadchurch" und damit immer an der Grenze zwischen Polizeibeamtin und Anwohnerin. Das Herz am rechten Fleck versucht sie, Hardys Ruppigkeiten auszugleichen ebenso wie ihm gleichzeitig immer wieder kräftig einzuschenken.
Olivia Colman als Ellie Miller ist, wie unter anderem auch die Serie als solche, für die britischen Fernsehpreise nominiert, die nächste Woche verliehen werden. "Broadchurch" war bei GB-Erstausstrahlung eine Art Gassenfeger. Staffel Zwei ist daher auch schon bestätigt - nach letzten Meldungen erneut mit dem Season1-Detective-Paar Hardy/Miller (wird interessant zu sehen, wie das gelöst wird).
Skurrilerweise ist außerdem ein US-Remake unter dem Titel "Gracepoint" in der Mache. Auch hier gibt David Tennant den Herrn Kommissar. Erste Bilder lassen vermuten, dass die amerikanische Version wesentlich glattgebügelter sein wird als das britische Original.
Broadchurch Favs
Was "Broadchurch" auszeichnet, ist seine Klein- wie Einheit des Ortes. Die daraus resultierenden, zahlreichen Verwicklungen, die Erschütterungen, die nach dem Mord durch die Gemeinschaft laufen. Das wollten die Macher auch, weniger Krimi mehr Drama. Und ähnlich wie einst in "Twin Peaks" oder aktueller bei "Top of the Lake" sind die Geheimnisse, Eigenartigkeiten und Schrullen unter den handelnden Personen breit gestreut. Das fängt an beim Vater des Opfers, der über die Mordnacht lügt, und geht über zu Dannys besten Freund (und Sohn der Ermittlerin), der nach einigen Tränen erstmal massenweise SMS und Emails löscht. Reicht weiter zu einem, der behauptet, Nachrichten aus dem Jenseits zu empfangen, oder konfrontiert mit dieser obskuren local lady, die ständig überall herumzuschleichen scheint. Und zu guter Letzt wäre da noch ein ebenso junger wie überengagierter Pfarrer, der unter Schlaflosigkeit leidend in viel zu vielen Nächten wach ist.
Am durchwegs gut funktionierenden Serien-Ende wird der Mörder gefasst sein und DI Alec Hardy sagen: "This has been a delicate and complex investigation and has left its mark on a close knit town. Now is the time for Broadchurch to be left to grief and heal away from the spotlight."
Aber nur bis Season Two.