Erstellt am: 4. 5. 2014 - 06:00 Uhr
David Wagner in der FM4 Bücherei
- Die FM4 Bücherei mit David Wagner am Sonntag, 4. Mai in FM4 Connected (13-17 Uhr)
- Alle bisherigen Gäste der FM4 Bücherei
Die FM4 Bücherei ist keine herkömmliche Bücherei, in der man Bücher ausleiht, sondern eine, in der Bücher vorgestellt werden.
Der oder die BesucherIn der FM4 Bücherei stellt seine oder ihre drei Lieblingsbücher vor bzw. Bücher, die man lesen sollte.
Diesmal zu Gast: David Wagner
Für seinen autobiographischen Roman "Leben" wurde der Schriftsteller David Wagner im Vorjahr mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet. In diesem Semester hat er eine Poetikprofessur an der Universität in Bern inne, die Friedrich Dürrenmatt Professor für Weltliteratur.
Er selbst hat kein Literaturinstitut besucht. "Wahrscheinlich kann ich auch gar nicht schreiben," stellt er sein Licht unter den Scheffel und witzelt dann, "Das bisschen, was ich lese, schreibe ich selbst."
Heuer ist er auch Wortlautjuror, als solcher ist ihm am Wichtigsten, wie eine Geschichte erzählt wird. Hat sich jemand stilistisch Mühe gegeben? Hat jemand einen Ton? Die Sprache müsse durchgearbeitet sein und klingen. Das Sprachliche und das was gesagt wird, gehört für ihn zusammen, muss ausgewogen sein, sich unterstützen und nach oben treiben.
Das Geschriebene sei auch meistens zu lang.
"Viel schreiben kann jeder, aber auf einer kurzen Strecke auf wenigen Seiten eine Welt, eine Situation, eine Stimmung entstehen zu lassen – das ist die Kunst." Also soll man sich fragen: Lässt sich das nicht einfacher, kürzer, klarer, deutlicher sagen? In diesem Sinne – drüber lesen und nochmal kürzen, kürzen, kürzen...
Radio FM4/Zita Bereuter
S. Fischer Verlag
Giovanni Boccaccio: Das Dekameron
"Das ist ein absolutes Überbuch. Es enthält 100 Geschichten, manche sind auch Kurzgeschichten, aber eigentlich sind es Novellen. Es spielt während einer Pestepidemie. Eine Gruppe junger Herren und Damen ziehen sich auf ein Landgut zurück und erzählen sich, damit ihnen nicht zu langweilig wird, Geschichten. Zehn Tage lang jeden Tag zehn Geschichten. Und das herrliche an diesen Geschichten, die sie sich erzählen, ist: sehr viele sind wunderbar versaut.
Es ist ein Geschichtensammelsurium ohne gleichen.
Ich bin immer wieder total begeistert von diesem Buch.
Wenn man katholisch ist, darf man das glaub' ich nicht lesen, weil das Buch war jahrhundertelang verboten oder ist immer noch auf dem Index, weil natürlich leider sehr viele Mönche und Nonnen im wahren Leben gezeigt werden.
In den ganzen Klöstern geht's mächtig zur Sache. Eine Äbtin tritt auf und hält eine Moralpredigt. Hat aber beim schnellen Aufstehen vergessen, dass sie nicht ihre Nonnenhaube aufsetzt, sondern sich die Hose ihres Liebhabers aufgesetzt hat. Das Gelächter ist groß. Ich will das gar nicht alles verraten."
Droschl Verlag
Iris Hanika: Treffen sich zwei
"Die Autorin lebt in Berlin Kreuzberg und dort spielt auch ihr Buch. Es ist eine Liebesgeschichte. Es ist ein Sommerroman. Es ist heiß in der Stadt und zwei Personen begegnen sich: ein Mann und eine Frau. In dem Buch wird auch gevögelt. Es ist heiß, es ist eine heftige, großartige Liebesgeschichte. Das war damals auch auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises.
Es ist ein Buch, das eigentlich ein Bestseller geworden ist und es ist auch ein hochliterarisches Buch, weil das Besondere an diesem Buch ist schon die Sprache. Iris Hanika hat eine wahninnig klingende, oft auch harte, direkte Sprache, die mich völlig fasziniert. Es ist ein durch und durch ehrliches Buch – ein empfundenes Buch – ich finde, vielen Prosabüchern merke ich an, ob sie sich verstellen oder ob jemand wirklich etwas sagt, was in dem Sinne wahr ist oder ehrlich wahr ist. Das heißt nicht, dass das so passiert sein muss oder so, sondern, dass irgendwie wirklich eine Textehrlichkeit da herrscht, die ich irgendwie empfinden kann. Und das ist bei dem Buch der Fall. Und dann ist da noch etwas Besonderes, Anderes, das mir sehr gefällt: dass es ein echtes Berlinbuch ist."
Jutta Person, Judith Schalansky (Hg.): Esel. Ein Portrait
Matthes & Seitz Verlag
"Ich finde, man kann gar nicht genug über Esel wissen. Dieses Büchlein hat sehr viele Bilder. Das ist auch schon mal gut. Wunderschöne Zeichnungen von Eseln. Es hat auch dieses wunderschöne Bild von Francisco Goya, wo ein Esel seinen Stammbaum erforscht. Es ist ein Buch, das mich sehr gefreut hat. Der Esel ist ja auch nicht ganz unwichtig in der Heilsgeschichte. Jesus, wenn er in Jerusalem einzieht, reitet auf einem Esel. Also, ich bin ganz verliebt in dieses kleine Büchlein und könnte es immer wieder durchblättern.
Esel schauen einen immer so traurig an und so süß und es gibt immer weniger. Das finde ich auch so traurig. Ich kann in Berlin schlecht Haustiere halten, aber wenn ich die Möglichkeit hätte, hätte ich gern einen Esel. Es ist ein Sachbüchlein. Und ein Geschenkbuch – wenn man jemanden sehr mag oder ihn für einen Esel hält, kann man ihm das auch schenken. "Hier, du Esel, dieses herrliche Buch." Das wird auch behandelt in diesen Essays, wie der Esel eigentlich zu diesem seltsamen Ruf kommt, wo er doch eigentlich so ein liebendes Tier ist, das Hochkulturen ermöglicht hat – der Esel als Lastträger. Ein sehr nützliches Tier, das den Menschen sehr geholfen hat.
Wenn man das anfasst, denkt man schon 'Ja, das ist vielleicht fast wie ein Eselsfell.' Solche Bücher sind einfach toll und die hab ich auch gerne und die stelle ich auch überall auf."