Erstellt am: 14. 4. 2014 - 10:43 Uhr
Dein neuer Lieblingsmusiker!
Artist Of The Week
Alle auf einen Blick unter fm4.orf.at/artistoftheweek.
Fragt ihr euch auch manchmal warum eure Lieblingsband nicht bekannter ist? Warum Rihanna und Lady Gaga Stadthallen ausverkaufen? Warum nicht 100.000 statt 100 Menschen dieselben Songs im Schlaf singen können, wie ihr?
Musik ist wie Mathe. Es gibt Regeln. Der kanadische Musiker Owen Pallett hat hier erklärt, warum Lady Gaga, Rihanna und Daft Punk Songs Hits sind. Warum sie funktionieren, wie sie funktionieren. Für die Masse.
Ryan Lott hat zwar noch keine Artikel darüber geschrieben, aber als „studierter Musiker“ kennt er die Regeln und wendet sie auch an: Als Komponist für Werbung. Das war lange Zeit sein Brotberuf. Für seine Band Son Lux hat er sich allerdings die Frage gestellt „could I make a pop record without the primary crush of a pop record?”
So:
Yes, he can
Das Son Lux Debüt „At War With Walls & Mazes“ ist auf dem ehrwürdigen Guter-Geschmack-Ohne-Genreschranken-Label Anticon erschienen. Sein zweites Werk „We Are Rising“ war Teil einer Radio-Wette und ist in nur 28 Tagen entstanden. Letztes Jahr hat Lott „Lanterns“ veröffentlicht. Ein ziemlich komplex instrumentiertes aber dennoch eingängiges Pop-Album. Eines dieser Alben, bei dem man trotz mehrmaligem Hören immer wieder etwas Neues entdeckt. Mit der „Alternate Worlds“ EP bietet Lott einige Neubearbeitungen der Songs von „Lanterns“ an, unter anderem mit Lorde als Gastvokalistin.
Sisyphus
Ryan Lott ist aber auch ein Drittel Sisyphus (ehemals: S/S/S), einem Projekt mit Sufjan Stevens und dem Rapper Serengeti. Das gemeinsame Album ist ein Werk voller Hip Hop-Melancholie. Eigentlich hätte es „nur“ ein Soundtrack für die Werkschau des amerikanischen Künstlers Jim Hodges werden sollen. Man hatte aber zu viel Spaß im Studio, was den dreien aber nicht helfen wird, die Band auf Tour zu schicken. Das scheint logistisch einfach nicht zu klappen.
Sufjan Stevens meinte über die Arbeitsteilung bei Sisyphus: „Ryan’s the DJ/producer, the man in charge, the beat maker, the ghost in the machine, he keeps it all together. I had to respect that. My role is to write the hooks, the sad ballads, and keep the chords interesting, sing in tune, be real with my lyrics. Ryan had to respect that. Serengeti is the prophet and king, so we had to make sure he got his rap tight and that our beats weren’t up in his kitchen. Me and Ryan had to trust his intuition because God knows white boys don’t got it.”
Sisyphus sind die mit der Alkohol-Hymne. Und mit „Rhythm Of Devotion“ haben sie entweder einen gespenstischen Song übers Stalking oder ein ernstes Liebeslied geschrieben. Vielleicht auch beides. Ja gespenstisch trifft es ziemlich gut.
Who is Ryan Lott?
Wie arbeitet Ryan Lott? Hier eine mögliche Anleitung in sein Sound-Universum.
Best-Of Szenario?
Son Lux ist auf der Bühne ein Trio. Nach der Frage, mit wem er wo am liebsten ein Konzert geben würde, wenn Logistik oder Logik keine Rolle spielen würden, antwortet Ryan Lott dass er sehr froh ist, dass seine aktuelle Live-Band-Besetzung als Trio so gut funktioniert, wie sie funktioniert. Also drehen wir die Frage um: Was ist die beste Gelegenheit um ins Son Lux Universum einzutauchen? "With headphones. In a really personal situation. I like to lie on my back in the dark with my headphones on and listen. That´s how I recommend people to encounter the record for the first time."
Son Lux "Lanterns"
Wo komm ich her? Wo will ich hin?
Mit Son Lux kann man an der Oberfläche bleiben und ungewöhnliche Instrumente und ansprechende Stimmenakrobatik genießen oder auch in die Tiefe gehen und sich in Details vertiefen wie bei einem Lynch-Film.
Mit Son Lux wollte Ryan Lott eine Form finden, in der die klassische Strophe-Vers-Strophe-Dramatik durchbrochen werden kann. Son Lux beginnt seine Arbeit immer beim „sound“. Er sagt „I work outward to find the song. A traditional songwriter does the opposite! The song, the melody, the lyrical concept, the forward elements of music - harmony and melody and rhythm - come first and then the ornamentation come second. I sort of develop an arrangement and then write a song that lives in the world of that arrangement!”
Dann ist da auch noch die Sache mit den Instrumenten, als sound-wizard baut Ryan Lott auch seine eigenen Instrumente. Als er mir im Interview erklärt, dass er keinen (Sound-)Weg, den er schon mal gegangen ist, zweimal gehen will, notiere ich „head explosion“ auf meinem Interview-Schmierzettel. Wenn Lott über seine Musik spricht, benutzt er öfter das Wort „fühlen“. Mehr als „machen“. Dann erklärt er, dass sich im Herstellungs-Umweg (wenn man den Songprozess so nennen will) die wegweisenden Perlen verstecken. Es muss was heißen, dass auf „Lanterns“ gerade die zwei oberflächlich „spärlichsten“ Songs mit sehr simplen aussagekräftigen Titeln bedacht sind: „Easy“ und „Enough Of Our Machines“.
Son Lux aka Ryan Lott
Son Lux live:
- Am 30.Mai auf dem Maifeld Derby in Mannheim, D
- Am 31.Mai auf dem Bad Bonn Kilbi in Düdingen, CH
Text versus Ton?
Nach einer halben Stunde Interview bei der jede Frage mit Ja und Nein beantwortet wird, ahne ich schon, dass auch die Frage wie Ryan Lott mit Text umgeht keine leichte Antwort bergen wird. Wobei! Texte entstehen bei Son Lux als Letztes. Weil man den Klang der Wörter in Kombination mit Musik erst bei der Aufnahme überprüfen kann. Beim Zurückspulen und Anhören. Wie sich ein Wort anfühlt und wie es klingt sind für Lott zwei verschiedene Dinge. Im Studio gilt es, sich einer Herausforderung zu stellen: Die Bedeutung der Texte an den gewünschten Klang anpassen oder alles umkehren? „How do you say what you want to say without using words that sound stupid?” fragt Lott im Interview und auf meine Gegenfrage ob er ein Lieblingswort hat antwortet er “lanterns”. So also der Albumtitel. Und „ephemeral“ gefällt ihm auch. Was so viel heißt wie vergänglich. Flüchtig. Vorübergehend.
Das Gegenteil von seiner Musik. An der bleibt man nämlich ziemlich hängen.
Try this at home.