Erstellt am: 9. 4. 2014 - 16:59 Uhr
"Regenbogenfamilien ins Schulbuch"
Nachdem Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter sich - überraschend für einen ÖVPler - für das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare ausgesprochen hat, gab es gestern einen Round Table dreier ÖVP MinisterInnen mit VertreterInnen mehrerer NGOs (unter anderem der Homosexuellen-Initiative - HOSI, den Familien Andersrum - FAmOs und dem Rechtskomitee Lambda) der schwullesbischen Community.
Ändert die ÖVP ihre Haltung in Sachen Gleichstellung? Claus Pirschner hat dazu die Familienministerin Sophie Karmasin interviewt:
Claus Pirschner: Die ÖVP galt bisher ja eher als Bremser-Partei in Sachen Gleichstellung von Schwulen und Lesben. Bewegt sich die ÖVP?
APA/GEORG HOCHMUTH
Sophie Karmasin: Also es war gestern ein sehr konstruktives und angenehmes Gespräch von beiden Seiten, die NGOs haben ja auch von einem "historischen Termin" gesprochen, weil offenbar auch angekommen ist, dass wir uns mit diesen Themen auseinandersetzen wollen. Ich möchte wirklich betonen: Ich möchte Österreich zu einem der familienfreundlichsten Länder Europas machen, und in diesem Zusammenhang ist jegliche Diskriminierung für mich inakzeptabel. Und da haben wir einfach noch einige Punkte, wo homosexuelle Paare noch nicht die gleichen Möglichkeiten haben wie andere Paare und Familien.
Was ist denn gestern bei diesem Treffen herausgekommen? Was wird jetzt anders?
Was eindeutig beschlossen wurde, ist, dass die Eingetragene Partnerschaft auch auf Standesämtern durchzuführen ist. Das werden wir hoffentlich noch vor dem Sommer beschließen und einleiten können. Der zweite Themenbereich, mit dem wir uns intensiv auseinandersetzen werden, ist das Namensrecht bei der Eingetragenen Partnerschaft. Aber genaue Modalitäten und Bedingungen müssen wir hier erst genauer analysieren, weil das doch weitreichende Gesetze sind, die da im Anschluss verändert werden müssen.
Es gibt nach wie vor an die 40 Unterschiede zwischen der Eingetragenen Partnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare und der Hetero-Ehe. Eine zentrale Forderung ist das Recht auf Adoption. Warum sind denn auch Sie da derzeit dagegen?
Mir geht es da schon um das Kindeswohl, das muss im Vordergrund stehen. Und wenn wir jetzt über die Lebensrealität von Kindern nachdenken, also von Adoptionskindern, dann wissen wir ja, dass wir hier zehnmal mehr adoptionswillige Eltern haben als Kinder. Das heißt, wir haben sehr viel mehr Eltern, die sich um ein Adoptivkind bewerben, als es Kinder gibt. Von dem her wird es für das Kind nichts ändern, ob jetzt noch eine Personengruppe mehr miteinbezogen wird oder nicht. Ich denke daher, die anderen Punkte stehen im Vordergrund und können auch wirklich unmittelbar eine Ungleichbehandlung zum Positiven wenden.
Jetzt sagt zum Beispiel der Rechtsanwalt Helmut Graupner, der Präsident des Rechtskomitee Lambda: Wenn man sagen würde, es gibt ja schon genug adoptionswillige Eltern mit weißer Hautfarbe, da muss man nicht auch noch anderen die Möglichkeit geben, dann würde die Absurdität dieser Aussage klar werden. Was sagen Sie denn dazu?
Das sind natürlich auch berechtigte Argumente. Und ich finde, wir sollten uns das Schritt für Schritt ansehen, aber uns erst einmal pragmatisch auf die Punkte konzentrieren, wo auch in kürzerer Zeit ein Erfolg abzusehen ist und eine Umsetzung realistisch ist. Und deswegen jetzt einmal die Punkte Standesamt und in der Folge das Namensrecht behandeln. Dann gibt es noch viele weitere Punkte, die in Wahrheit keiner Diskussion bedürfen, die könnten auch relativ schnell verändert werden, müssen aber natürlich legistisch geprüft und eingebracht werden.
An welche Punkte denken Sie denn da?
Da geht es unter anderem um die Frage, ab wann man eine Eingetragene Partnerschaft abschließen kann. Das ist jetzt im Moment mit 18, bei der Ehe mit 16. Es sind ganz viele Details, wo es eigentlich gar keinen Grund gibt, warum es diese kleinen Unterschiede geben muss, die kann man sich alle ansehen. Aber das geht wirklich ganz stark ins Detail dann.
Bei dem Round Table haben Sie soweit ich weiß auch in Aussicht gestellt, dass Sie sich bemühen wollen, die Familienvielfalt stärker in die Schulen hineinzutragen. Was haben Sie sich denn da vorgestellt?
Wir haben darüber diskutiert, dass es auch darum geht, ein gesellschaftliches Bild zu verändern. Und ja, es ist mir sehr wichtig, dass wir ein buntes und breites Familienbild in Österreich sehen und auch akzeptieren. Dazu gehört, dass wir diese unterschiedlichen Familienrealitäten, die es ja wirklich schon gibt, Patchwork-Familien, Mehr-Generationen-Familien, unter anderem auch Regenbogen-Familien, den Schulkindern und meinetwegen auch Kindergartenkindern auch zeigen. Da könnte man zum Beispiel in die Schulbücher auch andere Familienbilder einfügen, es muss ja nicht immer das klassische Vater-Mutter-Kind-Bild sein, das könnten eben auch andere Familienformen sein.