Erstellt am: 8. 4. 2014 - 18:06 Uhr
Wenig Positives zum Romatag
In Österreich leben etwa 40.000 Roma: Die Gruppe ist heterogen, es gibt unter anderem Burgenland-Roma, Sinti, Lovara, Kalderaš, Gubet und Arlije.
Mölzer hin oder her. Bei den EU-Wahlen im Mai werden Zugewinne für nationalistische Parteien erwartet. Nicht nur in Österreich, sondern auch in anderen Ländern. In Ungarn oder Rumänien etwa kann man mit Roma-feindlicher Politik Stimmen holen.
Die Fachfrau nennt das "Anti-Ziganismus". Die Fachfrau - das ist in diesem Fall Žaklina Radosavljević. Sie ist Mitte 20 und seit einem Monat Vorsitzende des Vereins Romano Centro. Der Verein steht allen offen, Roma und Nicht-Roma. Sein Arbeitsschwerpunkt liegt auf Familien und Bildung. Seit Jahren gibt es ein Lernhilfeprogramm und Schulmediation.
FM4 / Arthur Einöder
Anti-Ziganismus
Allzu viel Positives fällt Žaklina Radosavljević zum internationalen Tag der Roma am 8. April nicht ein. "Die Situation sieht wirklich nicht gut aus", meint sie. Beispiele kennt man zuletzt aus Europa: In der Slowakei wurden Roma-Siedlungen eingemauert. Nicht eine, sondern ganze vierzehn. In Bulgarien forderte ein Politiker gar, aus Roma "Seife" zu machen.
Der komplette Anti-Ziganismus-Bericht als PDF.
Aber auch in Österreich gibt es Anti-Ziganismus. Nicht immer äußert er sich so brutal wie vor 19 Jahren, als eine Bombe des Attentäters Franz Fuchs vier Roma getötet hat. Der Verein Romano Centro hat Vorfälle dokumentiert und vor einigen Monaten den ersten Anti-Ziganismus-Bericht Österreichs veröffentlicht. Da gibt es Fälle von verweigerten Dienstleistungen (wie Nichtbedientwerden im Café, kein Bankkonto bekommen) oder Benachteiligung bei der Jobsuche. Hetze im Internet oder rassistische Bemerkungen auf der Straße oder sogar von PolitikerInnen oder der Polizei kommen immer wieder vor.
Bei der letzten Volkszählung 2001 haben 6.273 Menschen angegeben, Romanes als Umgangssprache zu verwenden.
"Wir hoffen, dass sich mit diesem ersten Bericht auch weitere Betroffene von Anti-Ziganismus melden", sagt Žaklina Radosavljević. Erstaunlich, dass vor allem im Bereich "Medien" viel gemeldet wurde. Hier ist von "aggressiven Scheibenputzern" die Rede oder es wird vor "Roma-Clans" in den jeweiligen Parks gewarnt. Immer wieder werden Roma von Unterhaltungszeitungen Straftaten vorgeworfen, auch wenn die Polizei im konkreten Fall gar keine Anhaltspunkte hat. Und: In Österreichs Supermarktregalen und Speisekarten gibt es noch immer "Zigeuner"-Schnitzel und -Aufstrich.
Roma und Sinti in der EU
Grenzüberschreitend sind die Roma die größte Minderheit in Europa. Ohne eigenen Staat, ohne mächtige Fürsprecher. Die EU hat vor einigen Jahren eine Roma-Strategie präsentiert. Allerdings: Maßnahmen gegen Diskriminierung von Roma fehlen weiterhin.
Beim Treffen der Parlamentspräsidenten der EU appellierte heute Barbara Prammer (SPÖ): "Höchste Zeit für nachhaltige Integration der Roma und Sinti!"
Mit der EU-Strategie soll bis 2020 die Lebensqualität von Roma verbessert werden. Das heißt vor allem mehr Bildungschancen und bessere Wohnbedingungen. In Bulgarien oder aktuell in Ungarn gibt es eigene Roma-Parteien. Europäische Vernetzung oder sogar eine gemeinsame politische Linie für die EU-Wahl gibt es aber nicht. Für Žaklina Radosavljević vom Verein Romano Centro ist das auch gut so: "Es reicht nicht, wenn nur Roma für Roma Politik machen. Es sollte in allen Parteien präsent sein. Das wäre wichtiger und auch sinnvoller."