Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "FM4 Extraleben: *****-Zensur!"

Rainer Sigl

Spiel, Kultur, Pop im Assoziationsblaster.

3. 4. 2014 - 14:58

FM4 Extraleben: *****-Zensur!

Computerspieler sind des Öfteren mit Zensur konfrontiert. Das FM4-Games-Kränzchen zu einem kontroversiellen Thema:

FM4 Extraleben, Ausgabe 6: Zensur

Conny Lee, Robert Glashüttner und Rainer Sigl sprechen über Computerspiele und Zensur. Am Donnerstag, den 3. April 2014 von 21.00 bis 22.00 Uhr - und danach für sieben Tage on demand.

"Zensur ist ein restriktives Verfahren von meist staatlichen Stellen, um durch Massenmedien oder auch persönlich vermittelte Inhalte zu kontrollieren. Durch Zensur sollen also unerwünschte oder Gesetzen zuwiderlaufende Inhalte unterdrückt und unzugänglich gemacht werden. Insbesondere totalitäre Staaten wenden Zensur an", weiß Wikipedia. Doch während Zensur an Filmen, Serien, Musik und Literatur in der vermeintlich freien westlichen Industriegesellschaft längst passee ist, ist man beim "jungen" Medium Computerspiele dann doch noch nicht ganz so weit.

South Park - Der Stab der Wahrheit

Ubisoft

Übrigens: Die PC-Version von "Stab der Wahrheit" ist unzensiert - warum auch immer

Aktueller Anlass für das Thema des monatlichen Games-Talks auf FM4 ist die seltsame Zensur des Rollenspiels "South Park - Der Stab der Wahrheit". Das heiß ersehnte Spiel zur berüchtigt respekt- und tabulosen TV-Serie wurde ja bekanntlich vor Erscheinen gleich mehrfach zurechtgestutzt: Insgesamt fünf verschiedene Versionen in unterschiedlicher Verstümmelung sind auf dem globalen Markt.

Zum Großteil betreffen die Kürzungen anstößige Szenen mit Scherzen zu Analsonden und Abtreibungen - und hier hat nicht etwa ein besonders humorloser Staat, sondern Publisher Ubisoft selbst zur Schere gegriffen. Zur Rettung des verkausfördernden "Ab 16"-Ratings hat man für Australien, Deutschland, Russland sowie Resteuropa von Haus aus gleich selbst zensiert - und damit die "South Park"-Macher Trey Stone und Matt Parker wegen der dadurch zu Tage tretenden Doppelmoral verärgert.

Spezialfall Deutschland

Ein Eingriff nicht ganz freiwilliger Natur war wiederum die Entfernung von Symbolen "verfasssungswidriger Vereinigungen", sprich von Hakenkreuzen aus dem Spiel. Denn obwohl Fettsack Cartman ohne Probleme auch im deutschen TV im Adolf-Hitler-Kostüm seine schlechten Scherze reißen darf, ist das in Spielen seit dem damals deswegen indizierten Präzedenzfall "Wolfenstein 3D" aus dem Jahr 1994 verboten - und ein Publisher, der just wegen Hakenkreuzen die Gleichbehandlung von Spielen als "Kulturgut" vor deutschen Gerichten erstreitet, ist nicht in Sicht.

Zensur durch verkaufsgeile PR-Brigaden einerseits, das Spiel als "Kulturgut-ja-aber-dann-doch-nicht-so-ganz" andererseits. Bis eine völlige Gleichberechtigung mit anderen Medien selbstverständlich ist, vergeht wohl noch etwas Zeit - Videospiele(r) haben's schwer.

Phone Story

Molleindustria

In Apples AppStore verboten: "Phone Story"

Zensur global

Und das nicht nur in Europa, auch wenn Deutschland, als riesiger Spielemarkt mit besonders strengen Gesetzen hier tatsächlich eine Sonderposition einnimmt. In der Volksrepublik China waren in den letzten 14 Jahren sicherheitshalber gleich mal alle Spielkonsolen verboten. In Griechenland wurden durch eine gesetzliche Panne im Jahr 2002 Computerspiele komplett illegal gemacht, in Venezuela gilt seit 2010 ein komplettes Verbot von "brutalen" Spielen, und in Australien hat es immerhin bis 2013 gedauert, bis erwachsene Spieler überhaupt legal Spiele für ihre Altersgruppe erwerben durften - alles, was nicht die Jugendfreigabe erhielt, wurde stur mit Verkaufsverbot belegt. Computerspiele sind halt ein Medium für Kinder - zumindest bis vor kurzem in down under.

Wer nun als selbstverständlicher Zensurgegner anklagend auf ach so rückschrittliche Staatsapparate zeigt, möge allerdings kurz nachdenken: Anstelle staatlicher Zensur tritt inzwischen immer häufiger - und bei weitem unauffälliger - die subtile Zensur der privaten Marktplätze, die als De-facto-Monopolisten nur ihren eigenen Regeln gehorchen müssen. Kritische Spiele wie "In a permanent Save State" und "Phone Story", die die skandalösen Arbeitsbedingungen in chinesischen Apple-Zulieferbetrieben thematisierten, verschwinden ebenso sang- und klanglos aus den AppStores und damit der öffentlichen Wahrnehmung wie Spiele mit "anrüchigem" Inhalt, die den prüden Amerikanern nicht genehm sind - da braucht es keinen großen Bruder, sondern nur mehr einen anständig ummauerten Garten.

Blackbar

Mrgan

Zensur als Spiel: "Blackbar"

Der Extraleben-Games-Tipp zum Thema

Problematische Regimes und ihre Methoden werden zwar oft als Spiel inszeniert - und die Spieler als Rebellen gefeiert -, aber Zensur an sich ist selten Ausgangspunkt eines Spiels bzw. einer Spielmechanik. Ein zeitgenössisches Beispiel gibt es aber doch, und das erfreut durch originelle Mechanik wie durch gar poetisch-melancholische Schönheit: "Blackbar", für Android und iOS erschienen, lässt uns die an vielen Stellen geschwärzte Korrespondenz seiner Hauptfiguren enträtseln und bietet eine berührende Geschichte von - eben - Zensur, Unterdrückung und Liebe. Ein Tipp für in Englisch sattelfeste Spielefreunde.

FM4 Extraleben, Ausgabe 6: Zensur

Natürlich gibt es zum Thema noch einiges mehr zu sagen, und wir tun's - unzensiert. Conny Lee, Robert Glashüttner und Rainer Sigl sprechen über Computerspiele und Zensur. Am Donnerstag, den 3. April 2014 von 21.00 bis 22.00 Uhr - und danach für sieben Tage on demand.