Erstellt am: 31. 3. 2014 - 20:03 Uhr
The daily Blumenau. Monday Edition, 31-03-14.
Auch 2014 online: der Versuch das Journal '13 (wie schon das von 2003, '05, '07, 2009 und 2011) durch ein kürzeres Format zu ersetzen, um so Täglichkeit hinzukriegen. Mit Items aus diesen Themenfeldern.
Die neue Hoffnung in die Güte der alten Oligarchen-Könige
#machtpolitik #demokratie
Schau an, in der Slowakei wird der gute Onkel aus Amerika, der Millionär Andrej Kiska neuer Präsident, nicht der Premier Fico, ein, äh, Berufspolitiker.
Da, schau, in der Ukraine einigen sich Majdan-Rebellen und Intellektuelle darauf, dass es jetzt klug wäre einen Oligarchen als Kandidaten für die Präsidentschaft aufzustellen, weil nur die, die eh schon haben, Vertrauenswürdigkeit bekommen werden.
Und schau, Europas Rechte (mittendrin die Kollegen von der FPÖ) hat in den letzten Wochen ganz feuchte Unterhosen bekommen, wenn sie die forsche Vorgangsweise des strengen Russland-Regenten Putin co-kommentiert hat.
Es gibt also einiges zu schauen.
Und das sollte in einem Land, das in seiner letzten Parlaments-Wahl einen Onkel aus Amerika, einen Oligarchen, einen, der eine forsche Vorgangsweise angekündigt hat, mit 11 Mandaten beschenkt hat, durchaus zu denken geben.
Denn das Wähler-Vertrauen erfolgte auf der Basis von mehr oder weniger nichts als pekuniären Versprechungen und Starkem-Mann-Gerede. Dass beides mittlerweile in sich zusammengefallen ist und Stronach zustands-adäquat auf die Ofenbank seines Alterssitzes zurückgekippt wurde, soll da jetzt nicht ins Gewicht fallen.
Fakt ist, dass die Sehnsucht nach dem guten König ungebrochen ist, ja, sich in den letzten Monaten noch verstärkt hat. Nun lässt sich das, was Österreich betrifft, auch positiv (um)deuten: der Ruf nach dem guten König sei besser als der nach dem kleinen Hitler. Er wäre zudem wirtschaftlich begründbar (siehe die von Baumgartner Diktatur-Sager evozierte Zuschreibung an den Heilsbringer Mateschitz) und somit in jeder Hinsicht das kleinere Übel als die dräuende böse und harte Diktatur.
Denn so sehen das die Düringers und auch die anderen konjunktivischen Wutbürger, die wie hier in diesem Song damit drohen, "eh bald" auf die Straße zu gehen und das Grinsen aus den Fratzen der Politiker zu waschen, die man ja bezahlen würde, und die deshalb (so der Denkfehler dieser neuen Kaste an theoretischen Erhebungs-Bürgern) ihr Handeln in Permanenz mit den Interessen der Bürger abstimmen müssten. Dass die Umfrage-Hysterie die aktuelle Politiker-Generation mit genau dieser rein populistischen Abstimmung gerade zu Tode lähmt, übersehen sie geflissentlich.
Weiter im Trugschluss: der gute König, der Oligarch, der Onkel aus Reichland, würde über dem, was die demokratisch gewählten Politiker scheinbar nötig haben (Verhaberung, Korruption, Eigeninteresse), drüberstehen wie ein aufgeklärter Monarch: Es ist schließlich schon reich und wichtig und kann sich deswegen, ganz Philanthrop, wirklich den Regierungs-Geschäften widmen.
An eine solche Tribunen-Figur lagern sie, die "Bald-erheb-ich-mich,-aber-echt-jetzt!"-Bürger ihr Mandat aus, ganz ohne permanentes Dazwischenreden, weil sie ihnen mehr vertrauen als jenen Politikern, die sie nie werden wollen würden, weil es einen sozialen Abstieg darstellen würde.
In diesem Denkfehler existieren die Kiskas, die Poroschenkos, die Stronachs und die vielen anderen, letztlich auch die Putins oder Berlusconis.
Ich muss gar nicht auf die Bibel und das Kamel und das Nadelöhr verweisen, um klarzumachen, dass persönlicher Reichtum nicht Korruption, Vetternwirtschaft und Ausbeutung/Ausblutung verhindert, sondern im Gegenteil (und historisch jederzeit belegbar) anheizt. Das Ehepaar Gates kann noch so viele Charities veranstalten, Zuckerberg noch so viel spenden, die Ost-Oligarchen und die Golf-Scheichs können noch soviel Kunst oder Fußball sponsern: Ihr Interesse ist die Geldvermehrung (und auch -wäsche) und Machterhaltung, nicht die Nächstenliebe und die soziale Gerechtigkeit. Sie werden die Lohnnebenkosten senken und die Kyoto-Ziele verringern, wie es derzeit die Politiker tun, die in ihrem Lager stehen bzw. von ihrer Lobby beeinflusst werden. Die Philanthropie der spendablen Onkel, guten Könige und regulierenden Oligarchen ist ein meist recht dünn aufgetragener Deckmantel, um die Allerdümmsten auf Distanz zu halten und ihren Interessensvertretern ein Alibi zu geben. Und um vor den "Beim-nächsten-Mal-aber-wehr-ich-mich-echt!"-Bürgern so gut dazustehen, damit niemand reinredet und permanente Abstimmung mit der Volkskörper-Meinung fordert.
Diese nur scheinbar neuen Figuren unterscheiden sich nicht vom guten König, und nur gering vom kleinen Hitler: Sie agieren genauso auf undemokratischem Boden, haben aber die bessere Marketing-Abteilung als die aktuellen Demokraten, die sich nicht nur von Lobbyisten und Interessenvertretern auf der Nase herumtanzen lassen, sondern neuerdings auch die Sinnhaftigkeit eines Mandats für eine Legislatur-Periode nicht mehr sinnstiftend erklären können.
Wieso kann Gager, wo Generationen vor ihm versagt haben?
#fußballjournal14
Herbert Gager, der Interimscoach der Austria Wien, hat mich am Sonntag aufhorchen lassen. Nach einem Match, das ihm jedes Recht zum Fluchen und zur Anrufung eines inexistenten Fußball-Gottes gegeben hätte (ein unberechtigter Platzverweis und ein irreguläres Tor gegen seine Mannschaft), sprach der vormalige Trainer der Mannschaft der Herbstsaison (der ins Achtelfinale der europäischen Youth League vorgestoßenen Austria U19), nachdem er während des Spiels seinem Ärger freien Lauf gelassen hatte, im Anschluss folgende Worte: "Der Ausschluss und das Gegentor haben zu unserer Leistung gepasst." Die war eben nicht gut genug, sondern gerade einmal okay für ein Unentschieden.
Ich kann mich nicht erinnern, wann ich zuletzt einen österreichischen Trainer (noch dazu direkt nach einem Spiel) in dieser Mischung aus Selbstkritik, Reflexion, Unaufgeregtheit und dem Wissen um Karma reden gehört habe.
Im Normalfall wäre der Spielverlauf von jedem Coach seit Leopold Stastny dazu benutzt worden vom eigenen Unvermögen ablenkend über die Schiedsrichter zu kühbauern, über die Bosheit des Pechs zu krankln oder eine Verschwörung herbeizubaricen.
Gager verzichtet nicht nur auf die banale Empörungsbewirtschaftung (die ihm ein fettes Medien-Echo gebracht hätte; denn auch dort ist - zumindest im Mainstream - die undifferenzierte Erregung king), sondern setzt die Fehlleistung des Schiri-Teams mit der Minderleistung seiner Mannschaft gleich, zieht also eine philosophisch tragende Bilanz.
Wie geht das? Und warum in Österreich, inmitten einer wehleidigen, windelweichen, kritikunverträglichen Szenerie voller Selbstdarsteller auf der Suche nach einer medienträchtigen Leidenspose?
Wenn man das Pechmarie-Gejammer, die jede Runde aufs Neue zelebrierten Winseleien auf ihren Kern runterbricht, dann sind sie schierer Ausdruck der eigenen Unsicherheit; die wiederum hat hauptsächlich damit zu tun, dass hiesige (und von den hiesigen Verhältnissen schnell angesteckte ausländische) Coaches ihre Wirkkraft nicht gut genug einschätzen können (meist weil diese gering ist, was wiederum mit der Abwesenheit zentraler Fähig- und Fertigkeiten der jeweiligen Best-Practice-Beispiele zu tun hat). Selbst bei vor Selbstliebe nur so strotzenden Scheinriesen der Marke Krankl schimmert die Unsicherheit so indirekt durch.
Einen Tag später gesellt sich Neo-Vienna-Trainer Mario Posch zu dieser Liste dazu.
Mit Herbert Gager taucht nun ein weiterer Vertreter einer neuen Schule (zu der ich auch Leute wie Stöger, Hütter, Kogler, Canadi oder Scherb zählen würde) auf, die nicht mehr als das alte Gewimmer um Mitleid zurückgreifen muss, sondern aus einer Position der Stärke agiert, Guardiola-like. Der würde - im Gegensatz zum Vorgänger-Modell Mourinho - auch nie auf die Idee kommen mit der Auslagerung von Schuld punkten zu wollen. Weil es zu billig - und nix als peinlich für den eigenen Anspruch - ist.
Morgen an dieser Stelle: alles über die Geißel unserer Zeit, die Normopathie.
Dass die immer für einen festen Griff in den Gatsch (Vastic, Bjelica) gute sportliche Führung der Austria Wien ernsthaft in Erwägung zieht, Gagers Vertrag ohne Not nicht zu verlängern, zeigt hingegen, dass die Management- und Funktionärs-Ebene mittlerweile die wahre Krisenbranche im sich tapfer aus den Untiefen der Vergangenheit befreienden heimischen Fußball ist.