Standort: fm4.ORF.at / Meldung: ""Kuriose Entscheidung des Finanzministers""

Aurora Orso Berlin

Alternative Wirtschafts- und Lebensentwürfe sowie Kunst in all seinen Formen. Hummeln im Hintern tragen sie in weite Fernen.

29. 3. 2014 - 13:42

"Kuriose Entscheidung des Finanzministers"

Solarstrom-Erzeuger, die mehr als 5.000 Kilowattstunden pro Jahr produzieren, sollen künftig eine sogenannte "Sonnensteuer" zahlen. Macht das die Ökostrom-Förderung zur Farce?

von Aurora Orso

Der Frühling hält Einzug im Lande und immer längere Sonnenstunden werden uns und unseren Dächern vergönnt. Passend dazu sorgt eine angeblich neue Abgabe mit dem wunderlichen Namen "Sonnensteuer" für Aufregung. Doch kaum jemand scheint so recht darüber Bescheid zu wissen. Worum geht es nun konkret bei der Sonnensteuer?

Photovoltaik-Anlage auf den Dächern, um Sonnenenergie / Solarstrom zu erzeugen

APA/dpa/Roland Weihrauch

Wer mehr als 5.000 Kilowattstunden Solarstrom im Jahr produziert und damit seine eigenen Geräte betreibt, muss einen Betrag von 1,5 Cent pro Kilowattstunde abführen. Mit mindestens 75 Euro im Jahr wäre die Abgabe fast so hoch wie die jährlichen Kosten pro Haushalt für die Förderung von Ökostrom.

"Die Sonnensteuer ist eine ziemlich kuriose Entscheidung des Finanzministers", findet Roger Hackstock, Autor des kürzlich erschienenen Buches "Energiewende - die Revolution hat schon begonnen".

E-Control-Chef Walter Boltz zeigt sich angesichts der Aufregung überrascht, diese Elektrizitätsabgabe ist nämlich alles andere als neu: Der Beschluss, man müsse ab einem Eigenverbrauch von 5.000 Kilowattstunden für selbstproduzierten Strom eine Abgabe leisten, datiert aus dem Jahr 1996. Allerdings wurde dieses Gesetz im Zusammenhang mit Solarstrom bisher nicht angewendet. Argumentieren ließe sich diese Steuer laut Boltz folgendermaßen: wer einen Großteil seines Stroms selbst erzeugt, bezahlt verhältnismäßig wenig Netzgebühren, hat aber weiterhin die Sicherheit des traditionellen Stromnetzes falls es nicht ausreicht. Die Netzkosten fallen demzufolge auf jene zurück, die sich kein Solardach leisten können oder die in einer Mietwohnung leben.

Buchcover "Energiewende", grüne Stadt

Kremayr & Scheriau

Hackstock hält die "Wiedereinführung" der Sonnensteuer allerdings für höchst kontraproduktiv: "Gerade jetzt dieses Gesetz zu exekutieren, zu einem Zeitpunkt, an dem Photovoltaikanlagen zum ersten Mal in größerem Ausmaß und ohne Förderungen gebaut werden, ist nicht nachvollziehbar." Es sei wichtig diese Technologie weiter auszubauen, eine Abschaffung der Sonnensteuer sollte daher die erste Erkenntnis sein.

Sein Buch ist diesen Februar im Verlag Kremayr & Scheriau erschienen. Darin gelingt es ihm ohne Moralkeule und mit erfrischendem Pragmatismus komplexe Zusammenhänge aus Technik, Wirtschaft und Politik zu erklären. Geradezu im Plauderton stellt er historische Querverbindungen her und gibt praktische Tipps, wie man selbst aktiv werden kann.