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Daniela Derntl

Diggin' Diversity

27. 3. 2014 - 14:23

Love Letters

Voll Retro! Metronomy schreiben Liebesbriefe, die trotz Sixties-Patina auch in der Gegenwart wirken.

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Wer schreibt denn eigentlich noch Liebesbriefe?

Joe Mount! Er ist so ein alter Romantiker. Liebesschwüre dieser Art sind seit jeher ein Teil seines Lebens. Im Spex-Interview hat er gesagt, dass sich all seine Beziehungen früher oder später verschriftlichen, was einem nicht enden-wollenden Kelch hormoneller und emotionaler Ergüsse gleich kommt. Und mit genau diesem Kelch hat er das vierte Metronomy-Album befüllt und es einfachheitshalber auch gleich "Love Letters" genannt. Auch in dem Opener "The Upsetter" gehts um Liebesbotschaften, die er seiner Liebsten beamen will.

Joe Mounts ist ein bisschen altmodisch. Das macht sich nicht nur bei den Liebesbriefen, sondern auch bei der Aufnahme des Albums bemerkbar. "Love Letters" ist in dem komplett analogen Toe Rag-Studio in London entstanden, wo auch schon die White Stripes, Tame Impala und The Kills aufgenommen haben. Dieser pure Sound und die Tatsache, dass alle Songs zuerst auf der Gitarre entstanden sind, hört man dem Album definitiv an: Es ist subtiler und schicker Electro-Pop, der sich an den 1960er Jahren orientiert. Diese Mischung aus Glamour, Psychedelica und Motown-Soul hört und sieht man auch im Titel-Track "Love Letters".

Metronomy sind zwar ein Quartett, doch Joe Mount ist der eindeutige Kopf der Band. Er schreibt und komponiert die Songs, die sich zum größten Teil um seine Beziehungen drehen. Zum Beispiel "I’m Aquarius". Dabei beweist er seine großartigen Songwriter-Qualitäten und reflektiert über eine zerbrochene Beziehung, für deren Ende er eine unpassende Sternenkonstellation verantwortlich macht. Denn er ist ein unkonventioneller und phantasievoller Wassermann, sie ein praktisch veranlagter Stier. Und das kann laut Horoskop einfach nicht zusammen gehen. Da hilft auch kein noch so charmantes "Shoop Doop Doop Aaah", das die Schlagzeugerin Anna Prior säuselt.

Das Album "Love Letters" startet stark, kann das Level aber nicht halten. Die instrumentale Disco-Nummer "Boy Racers" markiert den Wendepunkt. Danach wirkt das Album ein bisschen redundant und franst aus.

Metronomy spielen am 18. April 2014 in der Arena Wien.

"Love Letters" orientiert sich verglichen mit den Vorgänger-Alben wie "The English Riviera" oder "Nights Out" überhaupt nicht mehr am Dancefloor. Der elektronisch unterfütterte Sixties-Pop wirkt trotz aller historischer Querverweise modern und keinefalls angestaubt. Dennoch werden Metronomy damit keine Charts stürmen und nachdem Metronomy die Vorband von Coldplay war, hat Joe Mount beteuert, nie so große Erfolge feiern zu wollen wie die britischen Schmalzrocker. Diese Absage an den Erfolg ist zwar kokett, passt aber zum Understatement der Band. "Love Letters" ist trotzdem ein ziemlich okayes Album, mit tollen Melodien und guten Texten.