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Robert Zikmund

Wirtschaft und Politik

26. 3. 2014 - 15:13

#petzileaks

Stefan Petzner, ehemaliger BZÖ-Chef und Weggefährte Jörg Haiders, gibt den Aufdecker in Sachen Hypo. Wir haben ihn zum Interview getroffen.

Bis dato sind noch immer gezählte 102 offene Gerichtsverfahren zur Hypo anhängig. Eine politisch sehr interessante Figur im ganzen Komplex ist auch der ehemalige BZÖ-Chef Stefan Petzner, der einst an der Seite Jörg Haiders stand, und nun, als Privatmann, den Aufdecker gibt. Allerdings zählt Petzner wohl tatsächlich zu best-informierten Menschen Österreichs, was die Causa Hypo betrifft.

Am Montag hat Stefan Petzner in einer TV-Diskussion angekündigt, neue Beweise auf den Tisch legen zu wollen, die - so Petzner - vor allem das Finanzministerium unter Josef Pröll, aber auch andere Politiker und Beamte, belasten würden.

Ich habe Herrn Petzner zu seinen neuen Anschuldigungen, aber etwa auch zu seinem Antrieb in dieser Causa, heute im Connected Studio befragt.

Stefan Petzner

APA/ROLAND SCHLAGER

Robert Zikmund: Herr Petzner, Sie haben ja im Rahmen der Causa Hypo-Alpe-Adria angekündigt, jetzt noch jede Menge Enthüllungen zu präsentieren. Stellt sich die Frage: Was treibt Sie als ehemaligen BZÖ-Chef und Wegbegleiter des verstorbenen Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider da an?

Stefan Petzner: Es sind zwei Dinge. Zum einen, dass ich schon damals, noch in meiner Zeit als politischer Mandatar, das Thema Hypo seit der Not-Verstaatlichung verfolge, und ja schon im Dezember 2009 diese Not-Verstaatlichung als schweren Fehler bezeichnet habe. Ich habe dann auch über Jahre versucht, im Parlament hier Aufklärungsarbeit zu leisten. Ich habe in meiner aktiven Zeit sechs Anträge auf Einrichtung eines Hypo-U-Ausschuss gestellt. Ich bin sehr froh darüber, dass jetzt auch die anderen Oppositionsparteien wie NEOS oder auch die Grünen die Aufklärung weiter betreiben. Da ich jetzt nicht mehr im Parlament bin, versuche ich als einfacher Bürger meinen Beitrag zu leisten. Indem ich weiter recherchiere, meine Kontakte nütze und auch Dinge an die Öffentlichkeit bringe, um den Druck auf einen U-Ausschuss in dieser Causa zu erhöhen. Daher auch unter dem Hashtag #petzileaks die Veröffentlichungen auf Twitter. Und ich kann hier auch ankündigen, dass weitere Unterlagen auftauchen werden. Ich stelle die auch Dritten oder Medien zur Verfügung, und da wird schon an diesem Wochenende wieder etwas auftauchen, das für die Regierung weiteren Erklärungsbedarf bringen wird. Das ganze geschieht mit dem Ziel, möglichst viel Steuergeld zu retten und natürlich die politische Verantwortung für die Not-Verstaatlichung und das Nicht-Handeln danach aufzuklären. Es muss politisch Verantwortliche geben und es soll - das sag ich ganz bewusst dazu - im Rahmen dieses Untersuchungsausschusses - auch die Verantwortung des Bundeslandes Kärnten, auch die Verantwortung eines Landeshauptmannes Jörg Haider, für die Hypo vor dem Verkauf an die Bayern LB im Jahr 2007 geklärt und untersucht werden.

Ist das jetzt als Privatperson, als Bürger wie Sie sagen, einfacher diese Dinge jetzt ans Licht zu bringen als für einen Politiker?

Es ist insofern einfacher, als mir in meiner aktiven Zeit als Politiker immer wieder unterstellt wurde, ich würde diese Aufklärung nur deswegen betreiben, weil ich irgendwie versuche, für das BZÖ etwas zu retten oder von Verantwortung abzulenken oder den Haider reinzuwaschen. All diese Dinge sind nicht meine Absicht. Und jetzt von außen - da ich überhaupt keinen politischen Auftrag mehr habe und auch für keine Partei mehr aktiv bin, Gott sei Dank, sag ich im Nachhinein - ist mir dieser Vorwurf schwieriger zu stellen. Und das waren auch nie meine Motive. Ich sag noch einmal dazu: Auch die Verantwortung des Jörg Haider muss natürlich untersucht werden.

Jetzt hat auch die FPÖ die Not-Verstaatlichung im Visier. Allerdings sind da noch Beweise aufgetaucht, die beispielsweise zeigen, dass die Käntner FPÖ, dass Dörfler und Dobernig, noch 2009, also Monate vor der Verstaatlichung, die Bayern ersucht haben, noch mehr Haftungen aufzunehmen. Wenn Sie jetzt da die Verantwortung in Kärnten aufteilen würden,... man hört ja oft, der Strache hat gesagt, ein Drittel Rot, ein Drittel Schwarz, ein Drittel Blau-Orange,... wie schaut denn diese Aufteilung bei Ihnen aus?

Ich will das nicht in Dritteln oder Prozenten festmachen. Es gibt politisch Verantwortliche in Kärnten, vor dem Verkauf 2007 und bei der Not-Verstaatlichung, die sind ja alle auch am Verhandlungstisch gesessen, auch ein Dörfler, auch ein Scheuch. Und es gibt eine politische Verantwortung auf Bundesebene nach der Not-Verstaatlichung für die Jahre 2009 bis 2014. Beziehungsweise auch die Not-Verstaatlichung selbst, die ja mittlerweile auch - meiner Meinung nach völlig zurecht - immer mehr in Frage gestellt wird. Das heißt: Es gibt hier eine breite Palette an politisch Verantwortlichen, aus allen Parteien in Wahrheit. Und nicht zuletzt gibt es auch eine Verantwortung der Aufsicht, der Kontrolle. Die zugeschaut haben und nichts gemacht haben. Der Herr Liebscher, der Herr Nowotny, die Finanzmarktaufsicht, die Nationalbank, die FIMBAG. Das sind lauter staatliche Institutionen, die vom Steuerzahler finanziert werden, um genau solche Dinge zu verhindern. Und die haben hier reihenweise versagt. Auch das muss untersucht und die Verantwortung geklärt werden.

Jetzt können sich alle genannten natürlich hier gerade nicht wehren und es gilt natürlich bei allen die Unschuldsvermutung. Glauben Sie, dass so eine Kommission wie sie die Regierung jetzt vorschlägt, da etwas bringen kann? Oder muss es wirklich der parlamentarische Untersuchungsausschuss sein, der da jetzt alles, also wirklich die gesamte Palette, von den 90er Jahren bis jetzt aufklärt?

Na ich habe jetzt zum Beispiel wieder neue Unterlagen bekommen, die genau diese Frage aufwerfen. Ich bezweifle massiv, dass zum Beispiel diese neuen Unterlagen, die die Regierung und die damals politisch Verantwortlichen, allen voran Finanzminister Pröll und den Chef der Finanzprokuratur Wolfgang Peschorn massiv belasten, dass die Frau Griss, also die Leiterin dieser geplanten Kommission, diese Daten vom Finanzministerium, das selber betroffen ist, zur Verfügung gestellt bekommt. Ich mache hier der Frau Griss folgenden Vorschlag: Sie soll mich anrufen, ich setze mich gerne mit ihr zusammen und sie bekommt von mir sämtliche Informationen und Unterlagen zur Verfügung gestellt. Weil ich einfach massiv bezweifle, dass die entscheidenden Unterlagen, die für die Aufklärung notwendig sind, tatsächlich auch dieser Kommission zur Verfügung stehen werden. Deshalb ist diese Kommission recht und schön, aber sie ersetzt ganz sicher keinen U-Ausschuss. Der muss kommen und wird auch kommen. Wir sind mittlerweile soweit, dass schon beinahe 100.000 Österreicherinnen und Österreicher eine parlamentarische Petition für einen U-Ausschuss unterschrieben haben. Das freut mich auch wahnsinnig und zeigt, dass wir in einer lebendigen Demokratie leben und die Bürger sich aktiv beteiligen, wenn es wirklich um etwas geht.

Irmgard Griss, das noch kurz erklärt, ist die ehemalige Höchstrichterin, die diese Kommission jetzt - vom Finanzminister Spindelegger eingesetzt - leiten soll. Jetzt würde ich aber gerne, wie Sie es eh schon angekündigt haben, eben zu diesen neuen Unterlagen kommen, die Sie da vorlegen. Können Sie da vielleicht kurz umreißen, wer da jetzt in den Fokus gerät und was Sie da haben?

Ich habe diese Unterlagen von einem Wiener Anwalt zur Verfügung gestellt bekommen, der dazu auch Strafanzeige erstatten wird. Worum geht's? Das zentrale Argument der Bundesregierung, des Herrn Spindelegger und auch der Frau Griss gegen einen Untersuchungsausschuss lautet wie folgt: Bei einem U-Ausschuss besteht laufend die Gefahr, dass Unterlagen aus Ermittlungsverfahren an die Öffentlichkeit gespielt werden und so Ermittlungsverfahren gefährden beziehungsweise auch die Bank schädigen. Jetzt stelle ich die Frage: Was wenn die politisch Verantwortlichen damals genau das selbst gemacht haben? Und das haben sie, und dafür gibt es auch Unterlagen die das beweisen.

Es wurden damals Unterlagen aus laufenden Verfahren an die Öffentlichkeit gespielt?

Genau. Die Auftraggeber sind das Finanzministerium und der damalige Finanzminister Josef Pröll, der Chef der Finanzprokuratur Wolfgang Peschorn und die jeweiligen Kabinette die folgendes gemacht haben: Sie haben um 140.000 Euro Steuergeld im Jahr 2010 eine PR-Firma beauftragt, Personen im Zusammenhang mit der Hypo-Alpe-Adria zu kriminalisieren und Unterlagen an die Öffentlichkeit zu spielen, mit dem Ziel, politisch und parteipolitisch daraus Nutzen zu schlagen. Das heißt, man hat Unterlagen aus der Bank, die auch dem Bankgeheimnis unterliegen, und auch Unterlagen aus laufenden Ermittlungsverfahren an die Öffentlichkeit gespielt. Das geht soweit, das teilweise sogar Vorwürfe frei erfunden wurden, um hier einfach politisch Kapital zu schlagen. Und nicht nur das. Diesem PR-Vertrag liegt auch eine Leistungsabrechnung bei, aus der hervorgeht, dass sich an dieser Kriminalisierung das Justizministerium, das Finanzministerium und auch die Finanzprokuratur beteiligt haben, indem sie sich laufend mit dieser PR-Firma getroffen haben und Unterlagen mit denen gemeinsam akkordiert zur Verfügung gestellt und an die Öffentlichkeit gespielt haben. Das ist massiver Amtsmissbrauch, die Ausschaltung des Amtsgeheimnisses, damit werden rechtsstaatliche Grundprinzipien wie die Unschuldsvermutung außer Kraft gesetzt. Es sind laufende Ermittlungsverfahren damit massiv gefährdet worden. Und es sind Personen kriminalisiert worden, allen voran der Herr Kulterer. Jetzt weiß ich schon, dass es nicht populär ist, Bankmanager zu verteidigen, aber hier geht es ums Prinzip. Wir prangern in anderen Ländern die Verletzung solcher Grundprinzipien an (jüngstes Beispiel Rußland und die Ukraine), aber offensichtlich haben wir im eigenen Land sogar Minister und ranghohe Beamte, die sich an diese rechtsstaatliche Grundprinzipien nicht halten. Die bewusst Gesetze brechen und umgehen, um politische Effekte aus einer Kriminalisierung heraus zu nutzen. Das geht einfach nicht und dagegen muss man sich als Bürger wehren.

Man muss natürlich kurz anmerken, dass im Unterschied zum Herrn Kulterer die anderen genannten Politiker und Menschen nicht rechtskräftig verurteilt sind und jetzt gerade mal eine Anzeige eingebracht wird und natürlich auch hier für alle die Unschuldsvermutung gilt. Herr Kulterer wurde rechtskräftig verurteilt.

Das ist auch gut und richtig so. Alle diese Manager stellen sich auch ihrer strafrechtlichen Verantwortung. Aber es kann nicht sein, dass auf der anderen Seite die politischen Verantwortlichen machen was sie wollen und sogar die Aufklärung und Untersuchung ihrer eigenen Verantwortung verhindern und blockieren. Stichwort eben: Untersuchungsausschuss.

Wird da jetzt im Zuge von #petzileaks in den nächsten Wochen noch mehr Material kommen? Ist das jetzt mal die große Aufgabe für die nächsten Tage und Wochen?

Es geht jetzt darum, den Druck in Richtung U-Ausschuss weiter zu erhöhen. Dieses Dokument wird jetzt mal verarbeitet und zur Anzeige gebracht. Und ich habe ja schon gesagt, #petzileaks geht weiter, ich stelle das ja auch Dritten und auch Parteien zur Verfügung. Ganz bewusst, einfach um die Aufklärung voranzutreiben. Und es werden schon am Wochenende neue Fakten auftauchen, die den Erklärungsnotstand der Regierung und den Druck zu einem U-Ausschuss weiter erhöhen werden. Ich kann nur zum Abschluss noch einmal jeden ersuchen der Aufklärung will und auch wissen will, warum er soviel Steuergeld für diese Bank bezahlen muss, dass er auf der Parlamentsseite die Petition für die Einrichtungen eines U-Ausschuss unterschreibt.