Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Es ist wieder da!"

Michael Fiedler

Politik und Spiele, Kultur und Gegenöffentlichkeit.

26. 3. 2014 - 13:42

Es ist wieder da!

Warum ist das N*Wort plötzlich wieder da? Wo war es die ganze Zeit? Und wieso es wieder verschwinden sollte.

Kommt es nur mir so vor, oder war es lange weg? Ich hatte es schon fast vergessen. Sogar die ewigen Provokateure in dieser Sache schienen es aus ihrem Sprachschatz gestrichen zu haben. Und jetzt ist es wieder da, das N*Wort.

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Begonnen hat es vor ein paar Wochen, zuerst mit einem Blackface-Vorfall auf dem Opernball, dann als im Programm der Wiener Festwochen ein Stück aufgetaucht ist, das im englischsprachigen Raum nur mehr The Blacks heißt, aber hier - bewusst provokant? - die N* genannt wurde.

Andreas Mölzer

APA / Herbert Pfarrhofer

Nun ist Andreas Mölzer mit dem Wort aufgefallen. "Ein ganz normales Wort", wie er betont. Ein ganz normales Wort, dass Menschen herabwürdigt, beleidigt, ausgrenzt, vor den Kopf stößt. Dass es Mölzer verwendet, verwundert nicht. Doch es stellt sich die Frage: Warum ist es dadurch plötzlich wieder Teil des aktiven Sprachschatzes der nicht-rechten Gesellschaft?

JournalistInnen schreiben es lustvoll, auch abseits des direkten Mölzer-Zitats, in sozialen Netzwerken kommt plötzlich kaum jemand mehr ohne das Wort aus. Armin Wolf verwendet es im gestrigen Interview mit Andreas Mölzer geradezu exzessiv. Via Twitter darauf hingewiesen, dass das nicht in Ordnung sei, reagiert er mit dem Argument, dass sich sonst 600.000 Zib2-SeherInnen nicht auskennen und es anders nicht funktionieren würde.

Man könnte das Band vorspielen, auf dem Mölzer vom N*konglomerat spricht, man könnte das Zitat einlesen lassen oder den Politiker einmal wörtlich zitieren. Und anschließend könnte man einfach "das N-Wort" sagen. Moment! Genau das ist auch passiert. Im einleitenden Beitrag ist Mölzers Aussage von Band eingespielt worden, die Redakteurin hat ihn zitiert, in der Anmoderation des Beitrags kommt es ebenfalls vor. Zwei Mal. Reicht das noch nicht?

Aber die JournalistInnen und all die reflektierten Menschen, die das Wort in sozialen Medien schreiben, die meinen es doch gar nicht so. Und überhaupt: Man kann das Wort nicht verbieten, es wird nicht einfach verschwinden, nur weil du und ich es nicht mehr verwenden. Die Mölzers werden es immer wieder sagen.

Stimmt. Aber ändert es etwas an der Beleidigung, wenn man es gar nicht so meint? Je öfter das Wort gebraucht wird, von je mehr Menschen es gebraucht wird, je prominenter es gebraucht wird, desto gesellschaftsfähiger wird es. Indem wir N*Wort sagen, machen wir klar, worum es geht und dass wir die Verwendung nicht gut finden. Das Wort wird dadurch nicht aussterben, aber es wird klar, dass diejenigen, die es aussprechen, damit Menschen herabwürdigen.

Mölzer hat sich für die Verwendung entschuldigt. Auch wenn die Entschuldigung im Augenblick ihrer Aussprache hinfällig war, weil es "ist ja ein ganz normales Wort."

Wir können das Problem mit dem Wort und ähnlichen Worten genau so unseren Kindern erklären und sie werden es verstehen. Nur manchen aus unserer Großelterngeneration werden wir das vielleicht nicht mehr näher bringen können.

Sprechen wir es offen aus: Das N*Wort ist wieder in der Mitte der Gesellschaft. Oder, wenn ich mir die unreflektierte Häufigkeit der Verwendung anschaue: Es war nie weg und viele wirken richtig erleichtert, es wieder in den Mund nehmen zu dürfen. Und sei es, um möglichst oft Andreas Mölzer zu zitieren.