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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

21. 3. 2014 - 21:45

The daily Blumenau. Friday Edition, 21-03-14.

Zukunftsorientiert. Über das langsame Ankommen Fußball-Österreichs in Europa, am Beispiel von Salzburg und dem 97er-Jahrgang,

Auch 2014 online: der Versuch das Journal '13 (wie schon das von 2003, '05, '07, 2009 und 2011) durch ein kürzeres Format zu ersetzen, um so Täglichkeit hinzukriegen. Mit Items aus diesen Themenfeldern.

Warum ich ganz froh über das Salzburger Ausscheiden bin

#fußballjournal14

Diesen Sonntag kann Red Bull Salzburg den Meistertitel fixieren, womöglich also sogar früher als Bayern München alles klarmachen. das ist sensationell, denn es hat zwar Hochfrühlings-Temperaturen, trotzdem ist noch tiefster März.

Diesen Triumph wollten die Salzburger Strategen gemeinsam mit einem zweiten feiern - der Ankunft im Viertelfinale der Europa League. Daraus ist gestern nach einem Spiel der Marke "echt dumm gelaufen!" nichts geworden.

Ich mag hier aber nicht die heutigen Pechmarie-Arien der Mainstream-Medien mitjaulen: Ich finde nämlich, dass das ganz gut so ist. Mateschitz' lange Zeit so planlos hingeranztes Fußball-Projekt hätte - so denke ich - ein allzu rascher Aufstieg in allzu hohe Sphären nicht gut getan; nicht weil das Team (Spieler, Coaches) das nicht verkraftet hätten - aber das Umfeld, die Konsulenten, die Witterer wären übergeschnappt und hätten die aktuelle Entwicklung durch überzogene Halb-Ideen gefährdet.

So finden sich unter den letzten 16 in Europa fünf Spanier, je zwei Deutsche, Engländer, Franzosen und Portugiesen, sowie ein Italiener und ein Niederländer; da sind die Großen unter sich, ganz ohne neureiche Ost-Oligarchen.
Und nur ein Newcomer stört das Bild: der FC Basel.
Der spielt heuer die bereits dritte international hocherfolgreiche Saison: Nach einmal Achtelfinale Champions League und einmal Semifinale Europa-League ist das nun erreichte Viertelfinale nur folgerichtig. Die Opferliste des FCB umfasst Namen wie Chelsea oder Man United.

Mit anderen Worten: Um dorthin zu gelangen, muss der FC Salzburg, der international nur am Trikot ein kleiner Red Bull sein darf, noch eine ganze Weile stricken.
Denn für Salzburg ist die heurige Saison die erste, die nach gezieltem und notwendigerweise langatmigem Aufbau (der Düdelingen und Rang 2 im Vorjahr beinhaltete) jetzt Früchte trägt.
Das ist wunderbar und eröffnet Salzburg die Bewunderung der Branche. Vor allem die furiosen Siege gegen Ajax haben das Rangnick/Schmidt-Projekt nachhaltig auf die europäische Landkarte gesetzt.
ABER: Daraus abzuleiten, dass man jetzt schon reif für noch mehr, den großen Wurf, ein Viertel- oder gar ein Halbinale wäre (ein paar Spinner haben ja schon vom Cup-Gewinn geschwafelt, und überraschend viele waren sich sicher mit drei Siegen gegen Basel und den nächsten Gegner auch die Schweizer zu überholen und einen CL-Fixplatz abzustauben) ist hirnverbrannt. Und zeigt, dass ein großer Teil des Umfelds im Gegensatz zur Salzburger Mannschaft eben noch nicht im Europa angekommen ist, die Reaktionen falsch ein- und die eigene Leistung noch etwas überschätzt.

Denn natürlich ist ein berweits deutlich länger aufgebautes Team wie Basel in der dritten starken internationalen Saison weiter als der relative Newcomer Red Bull; der sich bislang vor allem dadurch ausgezeichnet hatte, jedes Jahr alle Entwicklungen über Bord zu werfen und völlig neu (am besten auch mit totaler Schubumkehr) anzufangen.

In etwa dort, wo Basel steht, könnte, sollte, müsste auch Salzburg jetzt hin: sichere Champions League Qualifikation und dann dort um Platz 2 oder 3 mitspielen.
Das ist möglich.
Das ist sogar wahrscheinlich.
Das klappt aber nur, wenn man Erfahrungen wie die von gestern Abend verdaut, mitnimmt und draus lernt.
Etwa, dass der wunderbare Haudrauf-Offensiv-Fußball der Mannschaft, die sich drauf verlässt immer ein oder zwei Tore mehr als der Gegner zu erzielen, auch einen Plan B für Gegner, die so wie Basel mit einer ganz gefinkelten Dekonstruktions-Politik an das Salzburger Superpressing rangehen, zu überlegen. Und im Vergleich zum Hinspiel ist das Roger Schmidts Team auch gut gelungen. Viel hat nicht gefehlt.

Und trotzdem bin ich für das Alzerl, das die österreichische Öffentlichkeit vor dem großkotzigen Überschnappen ("Wir sind wieder wer! Sieg!") bewahrt hat, recht dankbar. Ich denke, dass es auch im Sinn der Architekten hinter dem System ist. Ralf Rangnick wird sich zwar fuchsen, das Plansoll, auch das im Winter neu formulierte, ist jedoch erreicht. Und jetzt startet Stufe 3, jetzt wartet die Königsklasse.
Gleich nach der WM geht's los. In aller zukunftsorientierten Unaufgeregtheit.

Die Normalisierung am Beispiel der Jahrgangs '97

#fußballjournal14

Wenn Salzburg dann in der Herbstsaison Champions League spielt, dann profitiert vor allem ein ganz anderes Team davon; eines, das dazu keinen Finger rühren musste: die Salzburger Nachwuchs-Abteilung, die U19, die dann an der Youth League teilnehmen wird.

Es werden die Jahrgänge '96 und jünger sein, die sich da präsentieren dürfen. Und wenn die sich nur ansatzweise so gut anstellen wie ihre Vorgänger, die U19 der Austria, die im heurigen Bewerb große Leistungen brachten und es Basel gleichtaten, nämlich bis in ihr Achtelfinale vorstießen, dann bietet sich hier ein Podium der höchsten internationalen Beachtungsstufe.

Schon jetzt sind die U19-Junioren der Austria, die den Erfolg einfahren konnten, im Positiven gebrandmarkt, haben sich einen Sockel an internationaler Klasse und Erfahrung erarbeitet, über den noch keine Vorgänger-Generation verfügen konnte.

Zwei dieser Austrianer, nämlich Dominik Prokop und Nihad Hadžikić sind 97er-Jahrgänge und aktuell im Einsatz bei der U17-Nationalmannschaft, die dieser Tage in ihrer Eliterunde um die Qualifikation für die U17-EM spielen. Gegner in diesem Vierer-Turnier in Holland sind neben den Gastgebern noch Frankreich und Schweden; nur der Sieger qualifiziert sich. Das erste Match gegen die Niederlande verlor man in der Nachspielzeit, jetzt geht es morgen gegen die Franzosen schon um alles. Die Chancen sind gering, aber wurscht - mir geht es um die Struktur hinter dieser Mannschaft, diesem Jahrgang.
Da finden sich nur wenige Legionäre, jeweils mehrere Spieler von Salzburg, Rapid und der Austria und ein paar vereinzelte Talente von anderswo. Ein paar dieser Burschen klopfen schon weiter oben an, die erwähnten Austrianer sowieso, Innenverteidiger Peric war als Jüngerer schon bei der letzten U17 gut dabei, der Innsbrucker Pirkl kriegt einen Jungprofi-Vertrag, Innenverteidiger Posch zieht es ins Ausland, Ralph Hasenhüttels Sohn Patrick und Fabian Gmeiner probieren es schon in der hochgelobten Stuttgarter Akademie.

Salzburgs Nachwuchs stellt in diesem Jahrgang die meisten Akteure. Und der von vielen Warnern über die letzten Jahre wohltrainierte Sirenen-Gesang über die Gefahren, die lauern würden, wenn sich Burschen in diesem Alter lieber im fußballerisch besseren Ausland ausbilden lassen, als es hierzulande zu versuchen, die muss im Fall dieser Jahrgänge keiner mehr singen.
Denn die erwähnte Youth-League-Option, die Möglichkeit bei Liefering zu Liga-Einsätzen zu kommen, und dann noch die Tatsache, dass die Talente aus den Amateur-Teams von Rapid und Austria nicht mehr nur alibihalber mitgeschleppt werden, sondern tatsächlich als Wachstums-Potential der Vereine gesehen werden, federn das alles ab. Die Beförderung des U19-Trainers Herbert Gager zum Austria-Chefcoach bestätigt diese Entwicklung noch. Die großen Player nehmen den Terminus der Nachwuchsarbeit endlich wirklich ernst, ganz ohne inhaltsleere Sonntagsreden, sondern in echt.

Das alles ist ein großer Schritt in eine international übliche Normalität, die hierzulande immer noch so neu wirkt.
Und deshalb ist es auch egal, ob der 97er-Jahrgang sich jetzt in dieser EM-Höllengruppe durchsetzt oder nicht: Um diese Generation ist es ganz gut bestellt. Solange sich gezielter Export (auch ganz junger Kräfte) und die bewusste Investition in die Ausbildung in den Akademien die Waage halten, passt alles.