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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

19. 3. 2014 - 18:21

The daily Blumenau. Wednesday Edition, 19-03-14.

Drei kurze Fragen um drei wichtige Herren.

Auch 2014 online: der Versuch das Journal '13 (wie schon das von 2003, '05, '07, 2009 und 2011) durch ein kürzeres Format zu ersetzen, um so Täglichkeit hinzukriegen. Mit Items aus diesen Themenfeldern.

Ein Drittel: Wieso ist Herr Strache so bescheiden?

#euwahl #machtpolitik

Es ist schon eigenartig. In den aktuellen Umfragen zur EU-Wahl im Mai liegt die FPÖ also voran, arschknapp zwar, aber doch ein Alzerl (23%) vor SP und VP (je 22%), und trotzdem ist von FP-Chef Strache etwa kein böses Wort über das Duell der Spitzenkandidaten im ORF-Report zu hören.

Strache zeigt sich gut beraten: sollen sich der in versunkenem Altpolitiker-Sprech verhaftete Karas und Hudriwusch Freund doch bei jedem weiteren Auftritt um Kopf (Seriosität) und Kragen (Sympathie) reden, solange die FPÖ-Doppelspitze für diese Wahl (der slicke Intellektuelle Mölzer und der Mann fürs Grobe Vilimsky) damit ganz ähnliche Gefahren (von wegen Unverständlichkeit bzw. mangelnde Strahlkraft) vermeidet.

Das Anrecht hätte die FPÖ zwar nicht was die letzte Wahl betrifft, als die Kronen-Zeitung sie durch die massive Unterstützung von HP Martin auf Platz 4 zurückbombte, aber auf Basis der diversen Sonntagsfragen, die sie allesamt vorne sehen. Weil sie sich im derzeitigen Mikado-Spielen (wer sich bewegt, verliert) perfekt arbeitet. Nichts tut. Und also selbst hier stillhält. Und nur das allernotwendigste unternimmt, wenn es um die Abwehr der Hypo-Schuldvorwürfe geht. Auch da hält es Strache mit seinen aktuellen Umfragewerten: ein Drittel hat er da, also ist seine Partei vielleicht halt meinetwegen ein Drittel schuld am Hypo-Debakel.

Da die derzeitige Lage, die durch das lange Nichtstun von SP und vor allem VP zu einer Lose-Lose-Situation für die Koalition geworden ist, die Ursachen und Gründe für "das Schlamassel" recht außer Acht lässt, und da das gesunde österreichische Volksempfinden sich mental noch immer gegen die Verurteilung, die Jörg Haiders Machenschaften in Wahrheit verdienen würden, sperrt, kommt er damit durch. Und wirkt dabei sogar bescheiden.

Warum will Herr Mitterlehner kein Vorzugsschüler sein?

#machtpolitik #ökonomie

Wenn der Chef der Industriellenvereinigung auch noch so heißt, wie die große Firma, wird es eng. Mit einem CEO namens Meier lässt sich sicher eher umgehen als mit Herrn Krupp oder Herrn Nokia oder eben Herrn Kapsch.

Wenn Kapsch dann das Ceterum Censeo seiner Interessensvertretung (den Standortnachteil, die zu hohen Abgaben und die zu großen Regulierungen) loslässt, hat
das natürlich einen größeren, fast schon stronach'schen Effekt. Kapsch fragt zwar nicht nach ob sein Gegenüber denn überhaupt schon jemals Löhne gezahlt hätte (weil in seinen Augen da andernfalls Wahlrechtaberkennung oder zumindest Berufskiller-Gleichsetzung angebracht wäre), aber die Wucht des Namens schwingt schon mit, wenn klagt.

Gut, dass der neue Wissenschaftsminister, der ja auch für die Wirtschaftagenden zuständig ist, da so viel Verständnis hat. Eilfertig betont er in punkto Lohnnebenkosten, eh schon auf Kurs zu sein. So weit, so erfüllungsgehilfig.

Ungewöhnlich wird es erst, wenn dem üblichen Lamento auch der Klimaschutz hinzugefügt wird. Kapsch sieht "die Industrie" nämlich abwandern, "wenn wir im Klimabereich so weitermachen". Wenn Europa eh nur noch "für zehn Prozent aller Emissionen verantwortlich ist", sollte man mit den strengen Richtlinien gefälligst flexibler sein, sagt der Ober-Lobbyist.

Sein gutes Recht. Er spricht ja ausschließlich in seinem Interesse und dem einer sehr kleinen, aber durchsetzungsmächtigen Pressure Group; da gilt es hin und wieder das Revier zu markieren.

Dass der zuständige Minister auch in dieser Causa im Portiers Livree mantel- und türaufhaltend vor und hinter Kapsch umherturnt, dann mutet das schon deutlich verhaltensauffälliger an. Man könne hier nicht weiter als Vorzugsschüler agieren.

Kann man nicht. Wenn die Industrie pfeift, zählen die internationalen Vereinbarungen zwölfe. Die Vorbildwirkung der Westhemisphäre, die so auch ihre kolonialen Sünden abbüßen - geschenkt. Bringt der Umwelt ja nichts. Zumindest in der krausen Logik von Industrievertreter und seinem Echo.

Es ist schon klar, dass die aktuelle Bildungsdebatte Vorzugsschüler imagetechnisch nicht allzu gut dastehen lässt - sich deshalb aber gleich freiwillig auf die Eselsbank zu setzen scheint mir eine etwas hitzige Reaktion.

Wieso glaubt Herr Peichl, dass sein Stift kreativ ist?

#zukunftsangst

Gustav Peichl ist Architekt, der Archetypus des österreichischen Architekten. Die Kollegen in den Landesstudios leben in der Umgebung, die Peichl ihnen (auf Geheiß von Gerd Bacher) geschaffen hat und sind damit für ewig in der Entstehungsphase der allzu fortschrittsgläubigen Errichtungszeit gefangen. Peichl ist oder war politisch einflussreich und immer gewohnt zu sagen, was er sich denkt.

Aktuell denkt sich der heute 85 gewordene das. Er verstehe die heutigen Studierenden nicht, wenn sie "auf ihrem Computer herumklimpern", denn: "der Computer kann nicht kreativ sein!". Der Stift schon.

Peichl geht es ums Zeichnen, mit einem Stift, nur das würde dem Nachwuchs einen echten Zugang ermöglichen. Peichl ist "kein Computerhasser, aber ich mag auch E-Mails nicht, die dann alle gleich ausschauen". Eine Zeichnung rege an, ein Computerbild nicht, da seien "immer die gleichen Wolken drauf" und "lauter schicke Sachen", die dann mit der Wirklichkeit nix zu tun hätten.

Abgesehen davon, dass der Computer das zeichnen kann, was man ihm vorprogrammiert (also alles) und dass auch die Architekten-Skizzen in erster Linie Fantasielandschaften zeigen: natürlich ist "der Computer" nicht kreativ. "Der Stift" aber auch nicht.

Herr Peichl, kreativ ist der Mensch dahinter, hinter dem Bildschirm, hinter dem Stift. Der zeichnet nämlich auch nicht von alleine. Für einen Bleistift braucht man zudem ein mechanisches Instrument namens Spitzer, welches ihn immer wieder betriebsfertig macht - protomaschinelles Teufelszeug, das - kreativ weitergedacht - dann irgendwann in Computer-Programmen endete. So ist er der Mensch, kreativ, erfindet glatt Hilfsmittel um sich zu verbessern. Wenn Peichl noch etwas zu sagen hätte, würde das wohl verboten werden.