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Anna Katharina Laggner

Film, Literatur und Theater zum Beispiel. Und sonst gehört auch noch einiges zum Leben.

19. 3. 2014 - 16:02

"Das Fell der Tante Meri"

Die Entstehung des Debütromans von Theodora Bauer: Ein Schreibseminar, die Wohnung der Eltern und ein Anruf am Strand von Mexiko.

Die Autorin

Dessislaw Pajakoff

Auf die Frage, was für ein Gefühl es gewesen sei, den ersten eigenen Roman in Händen zu halten, erzählt Theodora Bauer, dass ihr Nachbar Ende September 2013 in Mexiko eine Amerikanerin geheiratet habe.
Dort sei sie über den Strand defiliert und habe ihre Zehen in die Sonne gehalten, als ein Verleger anrief. Das sei der schönste Moment in der Entstehungsgeschichte des Buches gewesen. Am Strand von Mexiko zu erfahren, dass aus dem Manuskript ein gebundenes Buch wird. Das gebundene Buch dann in Händen zu halten, war weniger überraschend.

Theodora Bauer ist 1990 in Wien geboren, sie studiert – dieses Semester in Illinois – Publizistik und Philosophie. Die erste Idee zu "Das Fell der Tante Meri" ist ihr während eines Schreibseminars mit Olga Flor im Jahr 2011 gekommen. Diese Idee sei dann eineinhalb Jahre gelegen, bis sie sich in die elterliche Wohnung in Wien zurückgezogen habe, um daraus einen Roman zu machen.

"Ich bin richtig asozial beim Schreiben", sagt sie, "die Eltern schieben mir das Essen unter der Tür durch" (woraus gefolgert werden kann, dass sie sich während des Schreibens von Flachnahrung wie Palatschinken, Eierspeis und Oblaten ernährt), "und ich werde richtig grantig, wenn man mich stört."

"Das Fell der Tante Meri" ist ein Familienroman, der zwischen dem Zweiten Weltkrieg und den 1980er Jahren spielt. Im Zentrum des Geschehens steht der etwas behäbige und scheue Installateur Ferdinand, genannt Ferdl. Sowie die gerade verstorbene Tante Meri, deren Geist derartig herumspukt, dass Ferdl gar nicht anders kann, als die eigene Vergangenheit aufzuarbeiten. Nicht dass man das Gefühl hat, er sei besonders erpicht darauf.

Buchcover

Picus Verlag

"Das Fell der Tante Meri" von Theodora Bauer ist im Picus Verlag erschienen

Nicht umsonst liegt die Gegenwart im Roman in den 1980er Jahren, als die Opfertheorie durch die Waldheim-Affäre erstmals ins Wanken geriet und man zögerlich begonnen hat, die österreichische Beteiligung an NS-Verbrechen zu diskutieren.

Ferdl ist ein Typus, der exemplarisch für den österreichischen Umgang mit der Vergangenheit steht, ein Mensch, der es vermeidet, genau hinzuschauen, weil er weiß, dass er sonst handeln müsste. Ein Mensch, dem auffällt, wie viel die Leute im Dorf nicht gedacht haben, welche Fragen sie nicht gestellt haben und welche Dinge sie nicht gesehen haben, und sich darüber wundert, wie die fatalen Folgen der eigene Fehler verleugnet werden. Er wäre mit Sicherheit der Typ gewesen, der genau hinschaut auf alle in der Welt. (...) Deshalb hat er sich bemüht, gleich gar nicht hinzuschauen.

Seine ganze Energie, und damit wird er zur Paradefigur, geht dafür drauf, Wachheit und Aufmerksamkeit zu unterdrücken. So lange, bis seine Tante Meri stirbt und er über seine finanzielle Erbschaft auf das Erbe seiner Herkunft gestoßen wird.

Theodora Bauer liest

Theodora Bauer liest im Wiener Porgy & Bess bei den Wortspielen, die am 20. und 21. März stattfinden.