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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

18. 3. 2014 - 17:40

The daily Blumenau. Tuesday Edition, 18-03-14.

Bundesländer abschaffen bitte!

Auch 2014 online: der Versuch das Journal '13 (wie schon das von 2003, '05, '07, 2009 und 2011) durch ein kürzeres Format zu ersetzen, um so Täglichkeit hinzukriegen. Mit Items aus diesen Themenfeldern.

#machtpolitik #provinzialismus

Ich bin der erste, der den Geisteszustand jener, die eine Abschaffung oder Zusammenlegung der ORF-Landesstudios fordern, offensiv in Frage stellt; bedrohliche Körperspannung inklusive. Denn die Bedeutung einer noch dazu öffentlich-rechtlichen Identitätsstiftung samt Bewahrung und Modernisierung ist eine deutlich zu hohe, um sie Spar-Populisten, Gleichmachern und anderen Schreibtischtätern auszuliefern.

Wenn ich jetzt trotzdem die Abschaffung der Bundesländer fordere, ist das kein Widerspruch.

Denn es ist nicht die Ebene der selbstbestimmten kulturellen Eigenständigkeit, die in der österreichischen Realverfassung dominiert, sondern ein provinzpolitischer Wildwuchs, der die Schuld an so gut wie allen aktuellen gesellschaftlichen Katastrophen trägt: an Bank- und Spekulations-Debakeln, am Stau der Bildungsreform, an der Blockade von Reformen aller Art, z. B. am Scheitern des Österreich-Konvents, am steirischen Sozialabbau, an uneinheitlichen Gesetzgebungen (Stichwort Jugendschutz), bis hin zur Zerstörung der vormaligen Volkspartei durch die Länder.

Das einwohnerstärkere (und fast flächengleiche) Bayern hat auch sieben - etwa mit den österreichischen Bundesländern vergleichbare - Verwaltungs-Einheiten, die sprachlich und mentalitär ganz weit (Franken, Oberpfälzer, Schwaben) auseinander liegen.
Dort sind es halt Bezirke. Mit den entsprechenden regionalen Kompetenzen, aber wegen der strengen bayerischen Realverfassung ohne echten Einfluss auf die Landespolitik.

Österreichs Länder hingegen leben in einer praktischen Machtfülle wie die Bundesstaaten der USA; sie gehen so vor, als wäre ihre Teilnahme an der Republik Österreich bereits als solches eine große Geste, ein derart überragendes Zugeständnis, dass jede andere Zusammenarbeit mit dem Bund erst durch Zugeständnisse, Streicheleinheiten, Verhandlungen und mittels recht primitiver Erpressungen herbeigeführt werden muss.

Schönes ORF-Beispiel: wie höchst unterschiedlich die Länder etwa mit den unter dem Titel der Rundfunkgebühr eingehobenen Landes-Abgaben (über 120 Mio. Euro/Jahr) umgehen, spottet jeder Beschreibung.

Dabei ist das Gegenteil der Fall: kein Land ist einzeln lebensfähig, der Bund garantiert durch permanenten Ausgleich den Wohlstand der Republik.

Die Bundesländer gehen vor wie die Banken: Gewinne einstreifen, in Zukunftsfonds bunkern, Verluste sozialisieren, also in den Bund auslagern. Dass das in einem verflochtenen System real gar nicht möglich, sondern ein virtueller Akt der Bilanzverschiebung ist, interessiert die - ausschließlich den Landesinteressen und regionalen Lobbys verantwortlichen - Landespolitiker recht wenig.

Die zunehmende Machtlosigkeit des Bundes, die Sünden der Länder in den Griff zu kriegen, liegt natürlich auch an (partei- und machtpolitisch motivierten) Zugeständnissen, die in immer weniger wahrgenommener Durchgriffs-Kompetenz münden.

Deutlich sinnvoller wäre eine Konzentration von Definitionsmacht und Budgetverteilung über zwei Ebenen: die Gemeinden und den Bund. Die Länder auf Verwaltungseinheiten mit den Kompetenzen der bisherigen Bezirkshauptmannschaften (wobei die Bezirke sich dann wie die bayerischen Landkreise organisieren könnten) herunterzukürzen, würde politisch wie ökonomisch eine gewaltige Entlastung bieten: der Wegfall von Landtagen und Doppelstrukturen, die Vereinfachung der Finanzpläne etc...

Die zentrale Aufgabe der Länder könnte und müsste so etwas wie eine Tourismus- & Folklore-Verwaltung sein, die Schärfung eines unverwechselbaren Profils, die Vertretung tatsächlich kommunaler Interessen, ganz ohne das dauernde großmannsüchtige Mitspielen im bundesweiten Einflussnehmer-Konzert.

Das Bundesland als kulturelle Einheit, nicht mehr als politische.

Denn das führt - das haben die Länder in ihrer Abwärts-Spiralen-Tour der letzten Jahrzehnte zur Genüge bewiesen - nur in eine gegenseitige Blockade, die den politischen Status Quo in einer dauerwahlkämpfenden, umfragewerteorientierten Politik, die auf Bewegungslosigkeit setzt, um Fehler zu vermeiden, zementiert.

Dieser Beton-Politik ist wohl nur mit der Abschaffung der Bundesländer als politische Player und ihrer Degradierung zur Verwaltungs-Einheit zu begegnen.

Das allerdings ist so unwahrscheinlich wie Leben auf dem Mars. Nein, angesichts der realen Verhältnisse, sowohl im Westen als auch im Nordosten des Landes, wo die Interessensvertreter und tatsächlichen Machthaber hinter den politischen Strukturen ja massiv für die Machtverlagerung in die leichter zu kontrollierenden Länder gesorgt haben, sogar deutlich unwahrscheinlicher.
Drüber nachzudenken lohnt vielleicht trotzdem.