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Natalie Brunner

Appetite for distraction. Moderiert La Boum de Luxe und mehr.

17. 3. 2014 - 18:20

Flimmern: Spaß auf Flügen und Flughäfen

I´m on a plane, I want to complain. Ein assoziativer Wochenrückblick zu Passagieraufständen, dem Flughafen in Kuala Lumpur, Krokodile an Bord und 24 Kilo Kokain.

Ich habe eine große Faszination für Flughäfen, die manchmal in Hassliebe kippt. Für mich sind sie Labors dafür, wie viele Schikanen man Menschen im Namen von Sicherheit aufbürden kann und wie engmaschig man Überwachungsräume stricken kann.

Die Vorstellung, dass wir in nicht allzu ferner Zukunft in Städten leben werden, die Flughäfen gleichen, gehört zu meinen schlimmsten Albträumen: Kameras, Schleusen, Bodyscanner und Gucci Stores.

In einer solchen Szenerie bin ich mental und digital diese Woche flaniert. Denn auch ich hatte in den letzten Wochen Spaß auf Flughäfen.

natalie brunner

Heuer gab es bereits zwei Passagieraufstände gegen eine irische Billigfluglinie. Am 21. Jänner versorgten sich Passagiere auf einem Zweieinhalb-Stunden-Flug, der zu einer 24-stündigen Odyssee wurde, selbst an der Bordsnackbar. Das wurde dann in manchen Medien (solche, die auch Brandanschläge gegen Hängebauchschweine in Zoos auf die Titelseite bringen) zu einem fast schon terroristischen Akt umgedeutet.

Cleverer stellten es die Passagiere derselben Fluglinie an, die drei Wochen später die Polizei riefen, um sie aus den Klauen der Fluglinie zu befreien: Am 14. Februar machten dies Passagiere des Fluges FR8347 von London nach Porto, nachdem sie mehrere Stunden ohne Essen, Trinken und Klimaanlage in Birmingham im Flugzeug fest gesessen waren.

Das Video dazu wurde zu einem ähnlich schaurigen Youtube-Hit wie die Slayer-hörende Katze - man möchte den Unternehmen, die einem statt in die Lüfte in einen klaustrophobischen Albtraum befördern, zuraunen: Eure Logistik ist grenzenlos.

Mir hat Anfang Mätz ein uniformierter Sicherheitsbeamter am Flughafen von Kuala Lumpur vor allen anderen Passagieren den ausgestreckten Mittelfinger gezeigt. Ich war spät dran, bei der Sicherheitskontrolle vor dem Gate stand niemand mehr, also bin ich weitergegangen, trotz Gepiepse, einfach so. Wenige Minuten später kommt der Typ in Uniform, beginnt zu schreien und schubsen und will wissen, warum ich das gemacht hätte.

natalie brunner

Ich antworte, dass ich das gemacht hätte, weil das Gate offen gewesen wäre, niemand kontrolliert hätte, er also seinen Job nicht richtig gemacht hätte. Und dass man das alles sicher gut auf Kamera sehen könnte. Und als ich hinzufügte, dass sich das sicherlich positiv auf seine Karriere auswirken würde, besonders wenn er mich noch ein bisschen durch die Gegend stößt, beginnt er zu beben, zittern und zucken. Und ich bekam den den Finger.

Sehr schön, wenn die Überwacher an der Überwachung scheitern und dann doch ihre Kompetenzen gegenüber dem zu Überwachenden nicht überschreiten können.

Ein paar Tage später sind an genau dem Flughafen zwei Männer mit einem geklauten italienischen und einem geklauten österreichischen Pass eingecheckt. Das Flugzeug ist "verschwunden". Im Schnitt "verschwinden" 1,2 Flugzeuge pro Jahr und seit 1948 sind 83 Flugzeuge spurlos verschwunden.

Nur eine Statistik mehr, die mich wundern und würgen lässt, über das Verhältnis des in Mikroskopien des Privaten gehenden Zuvielwissens der Überwacher und dem Verschwinden von Menschen - manchmal einfach so, manchmal in tonennschweren, ortbaren Maschinen.

Ich war ein paar Tage später in Berlin am Flughafen und der Sicherheitsbeamte, der die Platten in meinem Handgepäck kontrolliert hat, freute sich sehr über die 2 Live Crew Platte im Handgepäck. Auch bei meinem Scherzchen, ob sie beim Zoll viel mit Face down Ass Up zu tun haben, musste er schmunzeln.

Mein talentierter Freund Nychos, der erlaubterweise (und ich hoffe mal gut bezahlterweise) wieder irgendwo in den USA ein Hochhaus angemalt hat, ist mit einem Judas Priest-Shirt vom US-Zoll gestoppt worden. Ein grinsender Beamter meinte : "With this shirt I got to search you for Heavy Metal".

nychos

Der Katalysator Popmusik scheint in Sternstunden der Paradoxie die beiden nicht vereinbaren Phänomene Humor und Kontrolle zusammenzuführen.

Nicht verschwunden, sondern aufgetaucht sind übrigens 24 Kilo Kokain. Im Handgepäck der Frau, die in den italienischen Medien einige Zeit lang als neue Partnerin von Silvio Berlusconi gehandelt wurde.

natalie brunner

Federica Gagliardi wird wohl in nächster Zeit nicht so häufig Gelegenheit haben, Selfies mit Barack Obama und Nicolas Sarkozy zu machen, wie damals beim G8 Gipfel 2010 in Toronto, als sie Berlusconi begleitet hat. Wahrscheinlich wird sie Berlusconi, der trotz Verurteilung bei den EU-Wahlen im Mai antreten will, diesmal nicht unterstützen können. Ob der Wahlkampf dadurch an Schwung verliert?

Diese Woche wurden also am Flughafen von Rom 24 Kilo Kokain in ihrem Handgepäck gefunden. Sie war auf der Heimreise von Venezuela, als der Zoll einen Blick in ihr Handgepäck warf und sofort zu hören bekam, dass sie reingelegt worden sei und keine Ahnung habe, woher die Kleinigkeit von 24 Kilo gekommen sein könnte. Wie man es bei einer acht bis zehn Kilo Handgepäck-Limitierung auf 24 Kilo bringen kann, ist mir ein Rätsel.

natalie brunner

Aber in einer Woche, in der Flugzeuge spurlos verschwinden, scheint das ein nicht so gravierendes Mysterium zu sein.

Am 25. August 2010 brach übrigens unter den Passagieren und der Crew eines Fluges von Kinshasa nach Bandunu Panik aus, als ein im Handgepäck an Bord geschmuggeltes Krokodil auskam und die Maschine abstürzte.

Von den 21 Menschen an Bord überlebte nur ein Passagier und das Krokodil, welches anschließend mit einer Machete getötet wurde.