Erstellt am: 17. 3. 2014 - 17:27 Uhr
"Sometimes I ask myself, do thugs cry?"
Es ist mittlerweile mehr als zwanzig Jahre her, dass Chris Rock und Nelson George die brillante Komödie CB4 schrieben - ein Film, dessen beißende Satire auf die HipHop-Industrie und ihre Akteure sich 2014 in vielen Facetten bewahrheitet hat. Auch, dass sich Rapper Gusto in dem Film den Namen und die Biographie eines gerade frisch inhaftierten Gangsters aneignet, hat in der Gegenwartsrealität eine ziemlich akkurate Entsprechung: Rick Ross.
Der wurde eigentlich als William L. Roberts geboren (interessanterweise unweit des Blues-Mekkas Clarksdale/Mississippi) und hat während seiner Jugend in einer der schlechteren Gegenden von Miami bestimmt einiges an weniger legalen Aktivitäten gesehen. Seiner in den letzten Jahren sehr erfolgreichen Rap-Persönlichkeit als Kokain-Mogul mit Yachten, Models und Luxus-Karossen, steht nur ein kleiner Schönheitsfehler im Wege: Zwischen 1995 und 1997 arbeitete Roberts als Justizvollzugsbeamter.
Rick Ross
Seinen Namen hat er sich von Freeway Ricky Ross "geborgt", einem der Hauptverantwortlichen für die rapide Ausbreitung der Crack/Kokain-Epidemie vor allem in den armen Gegenden amerikanischer Großstädte. Der hat sich nach einer langen Gefängnisstrafe auf das Verkaufen von T-Shirts verlegt (allerdings nach einem ähnlichen System wie früher im Drogengeschäft) und außerdem versucht, den Rapper Rick Ross davon abzuhalten, mit seiner Identität viel Geld zu verdienen - einstweilen erfolglos.
Vor etwa fünf Jahren grub der New Yorker Rapper 50 Cent im Zuge einer dieser Streitigkeiten unter erwachsenen Rappern noch weitere Ungereimtheiten in Roberts' Selbstdarstellung aus. Dass danach die Rap-Karriere von Rick Ross nicht etwa am absteigenden Ast war, sondern dieser ganz im Gegenteil im amerikanischen Mainstream mittlerweile ungleich relevanter ist, als der ehemals regierende 50 Cent, könnte aus Sicht von Gangsta Rap-Historikern das Ende der realness markieren.
Davon - natürlich - unbeeindruckt, baut Ross sein HipHop-Imperium Maybach Music weiter aus und versucht sich auf seinem sechsten Album Mastermind, ähnlich wie vor ihm schon Jay-Z, als eine Art elder statesmen mit sinkender krimineller Energie und wachsender Kunstsammlung zu inszenieren - mit gemischten Resultaten
Das hatte der HipHop-Lesekreis, bestehend aus Natalie Brunner, Mahdi Rahimi, Ole Weinreich und meiner Wenigkeit, zu Rick Ross und dem Song Thug Cry zu sagen: