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Maria Motter Graz

Bücher, Bilder, Kritzeleien. Und die Menschen dazu.

7. 3. 2014 - 12:00

Diagonale 2014

Welten tun sich auf: Der Dokumentarfilm erstrahlt auf der Diagonale 2014. Und mit Georg Friedrich steht bereits ein würdiger Preisträger fest.

Diagonale

Festival des österreichischen Films. Graz, 18.-23. März 2014

Tägliche Berichterstattung aus Graz im Diagonale Tagebuch auf fm4.orf.at und auf orf.at/diagonale

Sondersendung zum Filmfestival: Mittwoch, ab 19 Uhr in einer FM4 Homebase Spezial.

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Hinaus aus einem Kino, frisch an der Sonne und doch noch nicht ganz zurück aus der Bilderwelt wieder im Hier und Jetzt angekommen. Aber schon winkt jemand hier und küsst ein anderer da, links-rechts, schnell hinein ins nächste Foyer. Das ist jedes Jahr das insgeheime Highlight der Diagonale: Die österreichische Filmbranche und das Kinopublikum tummeln und treffen sich in einer Woche in Graz.

Nachdem im Vorjahr die Zahl an Spielfilm-Premieren groß war, sind diesmal die Dokus stark vertreten. "Das große Museum" von Johannes Holzhausen wird die Diagonale 2014 eröffnen und als Schauwerk die Schauwerke des Kunsthistorischen Museums Wien und die Arbeitsprozesse genau betrachten. Ohne Off-Stimme und humorvoll. So berichten jene, die den Film auf der Berlinale bereits gesehen haben.

Ein Mann hält eine Miniaturskulptur zweier Kämpfer auf einem Sockel und betrachtet sie genau

Navigator Film

Die Diagonale 2014 in Zahlen:
192 Filme und Videos, davon 44 Ur-Aufführungen und 28 Österreich-Premieren.
Eingereicht wurden insgesamt 500 Werke.
Der Große Diagonale-Preis ist mit 15.000 Euro dotiert und wird einmal für die beste Doku und einmal für den besten Spielfilm verliehen. Insgesamt werden Preise im Wert von rund 165.000 Euro verliehen.

"Und in der Mitte, da sind wir" vom gebürtigen oberösterreichischen Regisseur Sebastian Brameshuber ist ebenfalls bereits in Berlin aufgeführt worden und feiert bei der Diagonale seine Österreich-Premiere. Der Alltag dreier Jugendlicher aus Ebensee erzählt auch von gesellschaftspolitischen Zuständen. Wie ist es, an einem Ort wie Ebensee aufzuwachsen? Für Diagonale-Intendantin Barbara Pichler "ein sehr außergewöhnlicher, kluger Film".

Premiere, Premiere, Premiere!

Beeindruckend ist die Zahl der Uraufführungen, mit der die Diagonale dieses Jahr aufwartet. Darunter: Für "Der Fotograf vor der Kamera" begleiteten Tizza Covi und Rainer Frimmel den 90jährigen Erich Lessing. Die Kinodoku "Kick Out Your Boss" von Elisabeth Scharang schaut sich an, wie eine Arbeitswelt ohne Existenzdruck und ohne Lohndumping funktioniert. Katharina Copony porträtiert mit "Spieler" einen 23-Jährigen, der vom Online-Poker-Spielen lebt. "Sitzfleisch" von Lisa Weber offenbart Vorstellungen von Liebe auf einer Reise in den Norden. Gloria Dürnberger dokumentiert mit "Das Kind in der Schachtel" ihre eigene Familiengeschichte als Tochter einer schizophrenen Mutter, die bei Pflegeeltern aufwuchs. Yvette Löcker rückt ein junges, russisches Paar ins Zentrum von "Wenn es blendet, öffne die Augen".

FM4 sendet live von der Diagonale am 19. März

An dieser Stelle geht sich nicht einmal die Erwähnung aller Ur-Aufführungen - geschweige denn der Österreich-Premieren - aus, wie etwa der des lang erwarteten "Everyday Rebellion". Darum sei einmal bei der Nennung Frauen der Vorzug gegeben.

Der Bechdel-Test ist mit seinen Fragen auf den Bierdeckeln der Diagonale abgedruckt

Radio FM4

So läuft mit Johanna Moders Langfilmdebüt "High Performance - Mandarinen lügen nicht" eine Komödie, die bereits unmittelbar nach der Erstaufführung in Deutschland mit dem Publikumspreis des Max Ophüls Filmfestivals ausgezeichnet wurde. Und die Regisseurin und Kamerafrau Elfi Mikesch erzählt mit ihrem neuen Spielfilm "Fieber" eine außergewöhnliche Geschichte, die sich nicht zuletzt um die Frage dreht, wie weit sich ein Trauma durch ein ganzes Leben zieht.

Inwieweit sich Kino zur Aufarbeitung eignet, das könnten sich ZuschauerInnen bei "Über-Ich und Du" von Benjamin Heisenberg fragen. Im Katalog der Diagonale fällt das Wort "Nazi-Vodoo". Bei Georg Friedrich als "proletarischem Filou im Jeans-Outfit" stellt sich schnell Vertrautheit ein. Der Schauspieler wird der Österreich-Premiere in Graz beiwohnen und schon zuvor anreisen: Georg Friedrich wird mit dem Großen Diagonale-Schauspielpreis 2014 geehrt.

Neben neuen Werken bietet die Diagonale auch Gelegenheit, Versäumtes nachzuholen. Im Jahresrückblick zu sehen sind etwa "Blutgletscher" von Marvin Kren oder Andreas Prochaskas "Das finstere Tal", den laut Verleih mit dem kommenden Wochenende 100.000 Menschen im Kino angeschaut haben werden.

Kino, das im Alltag fehlt

Ein Programm anzubieten, das im Alltag fehlt, das ist für Diagonale-Intendantin Barbara Pichler die zentrale Aufgabe des Festivals. Viel zu selten, nämlich nahezu nie, laufen zum Beispiel heimische Animationswerke in den österreichischen Kinos. Das will Thomas Renoldner ändern, also hat er das One Day Animation Festival in Wien und auch gleich die Plattform ASIFA Austria begründet. Für die Diagonale kuratiert er ein Best of Austrian Animation 2013 mit Sabine Groschup. Darunter auch ein Rezept von Skero: Gefülltes Kamel.

Apropos Kreationen: Wie sehr sich die GrazerInnen auf die Diagonale freuen, zeigt sich derzeit in den Schaufenstern der Stadt. Ein Blumenmeer aus einem Diagonale-Plakat, das wiederum bei Tageslicht das Diagonale-Plakat-Sujet ergibt.

Schaufenster mit hundert gefalteten Blumen aus dem Diagonale-Plakat bei Nacht.

Matthias Gumhalter

Austrian Pulp

"Viele würden vielleicht sagen, wir sind in der B-Movie-Abteilung gelandet", teasert Barbara Pichler, nicht ohne den Nachsatz: "Was ja auch stimmt". Austrian Pulp muss als Begriff noch geläufig werden. Zumindest, wenn es nach den Kuratoren Paul Poet, Thomas Ballhausen und Markus Keuschnigg geht. Allein die Titel des Spezialprogramms klingen verlockend: "Sukkubus - Den Teufel im Leib" von Georg Tressler oder "Mädchen in der Mambo-Bar" von Wolfgang Glück aus 1959 lassen in ein Underground-Kino blicken.

Auf der Gästeliste

Kamerafrau Agnes Godard

Agnes Godard Privatarchiv

Persönliche Geschichten erfahren BesucherInnen in den sich stets lohnenden Werkstattgesprächen. Interessant bis faszinierend sind die Gedankenwelten des amerikanischen Experimentalfilmers, in die man im Kunsthaus Graz bei der Ausstellung "Decoding Fear" und einer eigenen Matinee und dem Film "Landscape Suicide" eintauchen kann.

Die diesjährige Personale ist dem österreichischen Künstler Manfred Neuwirth gewidmet, der 1978 mit der Medienwerkstatt Wien ein nichtkommerzielles Videostudio gründete. Und mit Agnès Godard kommt eine Kamerafrau zum Festival, die es mehr als versteht, Atmosphären einzufangen.

FM4 empfiehlt: Die Diagonale Nightline

Die Luise im Kunsthaus ist das Lokal, wo abends geplaudert und eventuell getanzt wird. Für das Unterhaltungsprogramm gilt Eintritt frei:

19. März, ab 22 Uhr
"A Filmmaker's Festival Soundtrack" mit Mirjam Ugner und Gerald Votava und weiteren. Live: L. Lothringer

20. März, ab 22 Uhr
Live geben sich Denice Bourbon sowie Madame Cameltoe aka Sabine Marte ein Stelldichein bei der Shake Your Glory! Party hosted vom FC Gloria.

21. März, ab 22 Uhr
Institut Schamlos lädt zur Schnitzelbeat-Party feat. Al Bird Dirt (Trash Rock Archive)

Am 22. März geht die Diagonale 2014 mit der Preisverleihung dann ins Finale. Doch erst mal: Vorfreude!