Erstellt am: 26. 2. 2014 - 17:52 Uhr
The daily Blumenau. Wednesday Edition, 26-02-14.
Auch 2014, wie schon seit der Nationalrats-Wahl online: der Versuch das Journal in der Form von 2003, '05, '07, 2009 und 2011 durch ein kürzeres Format zu ersetzen, um so Täglichkeit hinzukriegen. Und das mit Items aus diesen Themenfeldern.
Heute etwas über die zunehmende Unattraktivität, die mitel- und langfristige politische Betätigung auf die Jungen abstrahlt. Aus Anlass des Rückzugs von Laura Rudas.
Und ein Blick zu Austria Wiens U19, die in Lissabon um das Viertelfinale der jungen Champions League gekämpft hat.
Hilflos im Minenfeld: politischer Nachwuchs am Prüfstand
#machtpolitik #nachwuchsförderung
Ich habe unter meinen Kollegen beim Zivildienst (vor vielen Jahren, bei der Mutter der NGOs) viele interessante und lustige Leute kennengelernt: den besten Comic-Letterer Österreichs, einen jungen x-fachen Familienvater aus dem Kleinwalsertal oder meinen späteren Ressortchef beim Kurier. Und dann auch den Jung-Funktionär. Ich verbreitere mich jetzt nicht, welcher Partei bzw. welchem Sozialpartner der junge Mann diente: er war sich seiner Sache jedenfalls sicher. Zum einen ideologisch, dann aber auch karrieretechnisch; sein Zugang war überaus pragmatisch, er pflegte eine Mitschwimmen-ohne-Aufzufallen-Strategie mit gelegentlichen (abgesicherten) Engagement-Spitzen und suchte Gespräche mit den richtgen/wichtigen Leuten.
Ich würde einmal behaupten, dass dieser Weg noch bis in die 90er hinein der meistbegangene war, eine sichere Bank für junge Menschen, die nicht in der Intrigenmühle jeder großen Organisation zerrieben werden wollten. Im Gegenzug für diese Ochsentour gab es sowas wie eine Bestandsgarantie: wer lange genug ausharrte und sich irgendwann gar ein Interessensfeld erarbeitet hatte, der wurde dann auch was.
Irgendwo rund um den Jahrtausendwechsel ist diese alte Normalität verlorengegangen und wurde auch durch keine neue mehr ersetzt.
Seitdem tappen politische Nachwuchs-Kräfte im Dunklen und werden von ihren Organisationen zu einem Zeitpunkt in Minenfelder geschickt, der so früh geraten ist, dass er zahlreiche Opfer garantiert.
Laura Rudas ist das signifikanteste dieser Beispiele. Gut, bei ihrer Karriere-Planung ging einiges schief, zudem musste sie aufgrund ihrer Außenwirkung als Watschenfrau für die zunehmende Ideologielosig-, Beliebig- und Medien-Hörigkeit der Faymann-SPÖ herhalten. Da sie den Fehler machte, die Faymann-Seilschafts-Tricks auch auf ein paar Ebenen darunter anzuwenden und sich im Fall von Niko Pelinka (der so auch totalverbrannt wurde) selber das Bein stellte, macht das dahinterstehende Prinzip nicht weniger problematisch: es gibt kein Nachwuchs-Problem, es gibt ein Problem im Nachwuchs-Coaching, im Managen des Humankapitals.
Dass kurz nach Fertigstellung dieses Eintrags auch noch SJ Moitzi seinen Abschied ankündigt bestätigt das schwelende Problem nur noch.
Anderes Beispiel: selbst Sebastian Kurz, die aktuelle Ausnahme von der Regel, der Vorzeige-Jungpolitiker, kündigt - durchaus glaubwürdig - an, nach dieser Legislatur-Periode in die Wirtschaft gehen zu wollen.
Und dass just heute die steirische Landesrätin Kristina Edlinger-Ploder ihren Rückzug bekanntgibt, weil man ihre politischen Pläne schon parteiintern (Stichwort: Reformpartnerschaft) desavouiert hat, und sie keine weitere Hoffnung auf Besserung hat, ist ein Ausfluss desselben Problems.
Gut, es gibt dahinter, in der zweiten bis fünften Reihe, aktuell vor allem als Ministersekretäre tätige Nachwuchs-Kräfte, die - ganz old school - ackern und auf Beförderung hoffen; also alles wie immer.
Nur verlangen die neuen Zeiten, die anderen Medienwelten und der digitale Umbruch einfach nach deutlich mehr jugendlichem Input in der ersten Reihe. Und da, im positiven Lobbying, im gezielten Aufbau, zeigen die Parteien und ihre Parallelgesellschaften Schwächen, die im Sport bereits mit dem Abstieg oder Absturz bestraft worden wären.
In der Politik wird es dauern, bis diese Recruiting/Coaching-Krise sich auswirkt - die Folgen werden aber umso fataler werden.
Was nämlich in diesen Tagen überbleibt wenn man die Parameter Jungsein und politisches Engagement einem Reality Check unterzieht, ist, dass sich die besten jungen Köpfe schon längst nicht einmal mehr ansatzweise politische Karrieren vorstellen können. Die Maximalvariante ist der Karmasin-Trick: jahrelanges schickes öffentliches Auftreten und die Hoffnung auf ein Quereinsteiger-Angebot.
Das kann aber die Auseinandersetzung mit politischer und ökonomischer Ideologie, den Abtausch von Standpunkten, die jugendlichen Debattierklubs und das Kennenlernen der hiesigen Realverfassung nicht ersetzen.
Dieses Terrain ist aktuell aber so jugendfeindlich geworden, dass nicht einmal die anfangs erwähnte Sicherheits-Variante mehr existiert und selbst die nach Sicherheit gierende Praktikums-Generation den Weg in die Politik (und somit auch in die politische Verantwortung, den Willen Demokratie und Sozialstaat zu erhalten) verweigern.
Aus ihrer Sicht zurecht.
Dann lieber privatistisches, lobbyistisches, egomanisches Vorgehen. Auch legitim. Aber zum Schaden einer Gesellschaft, die junge Menschen in politisch ambitionierten Positionen und Stellungen braucht, um ihre Zukunft zu sichern.
Young Austria Wien auf dem Weg durch Europa
#fußballjournal14 #nachwuchsförderung
Nun gut: heute nachmittag ging der Weg zuende. Lissabon war die finale Destination, die junge Austria war zuvor bereits erfolgreich nach Madrid oder Petersburg gessandt worden, um - ähnlich wie Salzburg in der Vorwoche - Zeugnis abzulegen von der Güte des Außenseiters, dem Vermögen des Underdogs, dem Können des Kleinen.
Und ja, 1:4 zu verlieren, das klingt hart und unterlegen. War es aber nicht. Wie immer bisher in dieser heuer erstmals so gespielten Youth league, der Nachwuchs-Champions League, spielte die U19 der Austria gut mit, verband cleveres Abwehrspiel mit guter strategischer Sichtweise im Mittelfeld und schnellem, effektivem Konter.
Es war im Livestream der Austria-Website zu sehen: Die jungen Österreicher führen zur Halbzeit im Youth League-Achtelfinale gegen die U19 von Benfica Lissabon mit 1:0, konnten im Benfica-Trainingszentrum in Seixal mehr als nur mithalten und gingen durch einen ihrer schnellen Gegenstöße (Kvasina schloß einen Slalomlauf nach Idealpaß von Michorl kaltblütig ab) in Führung.
Benfica fand erst in Hälfte 2 ins Spiel, schaffte durch ein Kopftor nach einem Corner den Ausgleich.
Die Entscheidung fiel in der 69. und 70. Minute. Nach einer Doppelchance der Austria (auch nach einem Corner) erzielte Mittelstürmer Balde das 2:1. Danach öffnete die Austria ihr Spiel, lief in einen Konter, schaffte fast das 2:3 und kassierte in der Nachspielzeit noch eine Draufgabe.
Nicht, weil sie sich aufgegeben hatten, sondern weil sie (wie im Eishockey) alles riskierten.
Wäre dieses Achtelfinale in Hin- und Rückspiel ausgetragen, hätten sie nach dem 1:2 zuugemacht und auf das retour-Match vertraut - allein die Youth League verfolgt ab dem Achtelfinale die Ein-Match-Politik. Das hat mit dem Abstellungs/Termingejaule vor allem der großen deutschen Vereine zu tun (von denen eh nur noch Schalke im Bewerb ist; die anderen fielen raus; Spanien dominiert klar).
Überhaupt war die Youth League im Vorfeld umstritten - auch in Österreich. Denn während sonstwo fast überall Jugendmeisterschaften auf U19- und U17-Ebene stattfinden (und so keine Probleme mit dem U19-Charakter dieses Bewerbs haben), ticken in Österreich die Uhren anders: man spielt U18 und U16.
Die Youth League-Mannschaft der Austria musste also erst als Hybrid aus den jungen Leuten (Jahrgänge 95 und jünger) des Amateur-Teams und den Besten der U18 aus der Taufe gehoben worden.
Dass die Austria-Akademie-Leitung um Ralf Muhr und Coach Herbert Gager das zustandebrachte ist schon eine gute Leistung. Wie diese neue Truppe dann im Herbst aufspielte, übertraf alle Erwartungen. Man wurde mit nur wenig Rückstand auf Atletico Madrid völlig verdienter Gruppen-Zweiter, besiegte Porto und St.Petersburg und zog ins Achtelfinale ein.
Gager, der taktisch immer wieder durchmischte, je nach Personal 4-3-3, 4-2-3-1 oder auch 4-2-4 spielte, erspielte sich über diese Erfolge das Recht neuer Trainer der Austria-Profis zu werden. Die jungen Herren Hadzikic, Casali Horvath, Gluhakovic und Michorl rücken (zumindest nominell oder per zeitweiser Beförderung) in den A-Kader auf. Und auch der Rest hat sich in die Scouting-Notizbücher der europäischen Großclubs gespielt.
Natürlich spielt die bekannt seriöse Arbeit der Austria-Akademie, die bereits seit einiger Zeit eine eigene Philosophie verfolgt, eine gute Rolle: dass dieser Erfolg (der gemeinsam mit Salzburg größte des heimischen Fußballs im Herbst, deutlich mehr wert als der mediokre Auftritt der großen Austria in der großen Champions League) gegen die verkorksten heimischen Jugendfußball-Strukturen und gegen die schlechte Vorab-Stimmung geleistet wurde, ist auch irgendwie typisch.
Es lässt sich also kein Trend ablesen; "unser Nachwuchs" ist nicht Europa-Klasse, ein paar Jahrgänge des Austria-Nachwuchses, die ohne eine von außen kommende Fügung so gar nie zusammengespielt hätten, sind es, auch weil sie von ein paar hochkompetenten Leuten forciert wurden.
Da steckt Absicht und viel Arbeit dahinter - es ist kein Zufallsprodukt. Aussagekraft in Hinblick auf einen gesamtösterreichischen Standard gibt es aber nicht.
Nächsten Herbst werden es die 96undjünger-Jahrgänge von Salzburg sein, die ihre Chance bekommen. Und auch hier muss man wieder eine eigene Hybrid-Truppe aufbauen (wer vorbaut, tut das schon jetzt). Das wird dann der Elchtest.