Erstellt am: 26. 2. 2014 - 03:29 Uhr
Bam Ki-moon, Oida!
Weil es damals so eine kuriose Sache war, die stark in Erinnerung geblieben ist, sehe ich so alle ein, zwei Jahre in einer ruhigen Minute mal wieder nach, ob es in Sachen Krocha etwas Neues gibt. Das funktioniert recht einfach: YouTube, Stichwortsuche plus die jeweilige Jahreszahl - oder nach Hochladedatum sortieren. Vergangenes Wochenende war es wieder soweit und ich traute meinen Augen kaum. Statt orangegebrannter junger Männer, die ehemals vorm Supermarkt-Parkplatz tanzten, waren da lauter koreanische Schriftzeichen. Krocha stand auch da, sonst hätte es die Suche ja nicht ausgespuckt. Was ist hier passiert?
Nach minutenlanger Verblüffung folgte das große Fragezeichen, wie es zu diesem unkonventionellen Kulturexport kommen konnte. Hat Elmayer seinen speziellen Tanzkurs nach Seoul gebracht? Ist Lugner im Urlaub mit ungelenk-extatischen Bewegungen aufgefallen? - Die Erklärung ist wohl viel simpler: Durch die schlauen YouTube-Videorelations tauchen die alten Krocha-Clips schnell mal auf, wenn man nach entsprechenden Tanzvideos stöbert. Wer beispielsweise nach den verwandten Begriffen "Shuffle", "Hardstep" oder "Tektonic" sucht, ist nur wenige Klicks vom nächsten Krocha entfernt.
Entdeckt hat das junge Südkorea den Wiener White Trash-Tanzhype schon vor ein paar Jahren. Ein Video mit weit über einer halben Million Hits stammt bereits aus Ende 2011.
Demografisch hat sich bei den asiatischen Krochern in Bezug zu ihren westlichen Vorreitern wenig geändert: Auch der typische Korea-Krocha ist zwischen 16 und 21 Jahre alt und zumeist männlich. Der ehemals überdrehte Look mit Flash-Cap, weißen Jeans und auffälligen Sneakers ist einem etwas dezenteren, schicken Street Style gewichen. Reden tun die koreanischen Krocha-Tänzer auch nicht so viel - ob sie Ausdrücke und Begriffe wie "Bam, Oida!", "Braq" oder "Zerlega" kennen oder koreanische Pendants dazu entwickelt haben, ist nicht überliefert.
Die Schritte von "Korea Step", wie es von einigen YouTube-Tänzern auch genannt wird, sind weitgehend gleich geblieben. Auch musikalisch hat sich kaum etwas verändert, allerdings ist ein Schwerpunkt zu melodiöseren Trance- und Electro House-Stücken zu bemerken. Die originalen Krocha mochten auch Hardcore-Techno bzw. Hardstyle, wie es Mitte der Nullerjahre oft genannt wurde, recht gerne.
Fragt sich nur, in welchen Clubs die koreanischen Styler krochen, wenn es draußen dunkel geworden oder der Park nach dem Regen zu nass zum Tanzen ist. Schicht gibt's nicht, vermutlich. Alles in allem wirkt das kleine asiatische Krocha-Revival stilsicherer als das österreichische Original. Liegt vielleicht aber auch nur daran, dass die meisten von uns die Schriftzeichen nicht lesen können und der Korea-Krocha einen mysteriösen Hauch von Exotik versprüht, der bei einem gepflegten "Uah leiwaound, Oida!" sonst schnell flöten geht. Fix!