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Robert Zikmund

Wirtschaft und Politik

24. 2. 2014 - 17:25

Kanalräumer und feine Herren

Auf Liebscher folgt Nowotny und eine Demo für einen Untersuchungsausschuss. Ein Hypo-Update.

Es kommt nicht oft vor, dass sich die beiden bekanntesten Federn der auflagenstärksten Zeitung Österreichs in einem sonntäglichen Schaukampf widersprechen – gestern hat man dieses Stilmittel aber gewählt.

Während Claus Pandi in der gestrigen Kronen Zeitung erklärt, warum Dirk Notheis jemand ist, der als Kanalräumer der modernen Finanzwelt für den Job des Hypo-Abbauberaters goldrichtig ist – schwadroniert Herr Jeannee, bis dato noch nicht als Bankenexperte aufgefallen, über den scheidenden Chef der Hypo-Taskforce, Klaus Liebscher.

Der gepflegte, ältere Herr mit den perfekten Anzügen und der sonoren Stimme, dem Jeannee als Symbol der guten, alten Marktwirtschaft nachweint (im Vergleich zum schmutzigen Spiel namens Turbokapitalismus, den für ihn Notheis versinnbildlicht), hat nämlich den Hut genommen. Zuviel waren ihm die Anfeindungen und öffentlichen Schmähungen, das habe er nicht nötig.

Der Nachfolger im Cockpit der Hypo-Taskforce, die nun also vom Ex-Morgan Stanley Chef Notheis beraten wird, heißt übrigens Ewald Nowotny. Und ist just der Mann, der Liebscher auch als Gouverneur der Nationalbank nachfolgte, nun eben auch als Chef der Taskforce. Ein Umstand, der hinsichtlich der Rolle der OeNB vor, während und nach der Verstaatlichung der Hypo Alpe Adria im Dezember 2009, vor allem was ihre Kontrollfunktionen betrifft, noch durchaus für Aufregung sorgen wird.

Und die OeNB sorgt bereits für Aufregung

So wirft etwa der Grünen-Abgeordnete Werner Kogler der Nationalbank massives Aufsichtsversagen vor und will diese Frage in einem eigenen Untersuchungsausschuss geklärt wissen. So hat die Nationalbank, als sie die Hypo Alpe Adria Ende 2008 prüfte, mit der Wortkreation "not distressed" eine eigene Bewertung eingeführt und sie eben weder als "sound" (gesund), noch als "distressed" (krank) bezeichnet – fast alle Beobachter sind sich mittlerweile einig, dass die Beurteilung "distressed" hätte lauten müssen. Da war bereits Ewald Nowotny am Ruder, am Otto Wagner Platz in Wien.

Untersuchungsausschuss?

Ein möglicher Untersuchungsausschuss zur Hypo müsste also zahlreiche Fragen klären und ließe sich zeitlich in drei Stufen einteilen: Vom Beginn der rasanten Expansion bis zum Verkauf an die Bayern LB 2007, vom Verkauf bis zur Notverstaatlichung 2009 – und alles ab der Verstaatlichung (der Zeitraum, den etwa auch die Grünen als "Leichenschminkerei" bezeichnen). Morgen Nachmittag wird es Anträge auf einen Untersuchungsausschuss im Nationalrat geben.

Allerdings ist mit Sicherheit anzunehmen, dass es keinen einheitlichen Antrag der Opposition geben wird (die FPÖ will etwa die Fokussierung der Untersuchungen auf die Zeit um und ab der Verstaatlichung). Dafür haben sich für die Kundgebung neben den Grünen auch die NEOS oder die Sozialistische Jugend angekündigt – FM4 wird morgen berichten.

Addendum 1: Späteinsteiger

Es gibt klarerweise täglich mehr Menschen, die nicht mal mehr den Namen dieser Bank hören können, ohne ein ganzes Portfolio stress-induzierter Hautkrankheiten zu entwickeln. Allerdings, wie das etwa Report-Journalist Ernst Johann Schwarz richtig anmerkte, die Causa geht deswegen trotzdem nicht von selber weg. Und – es bleibt einer der größten Finanzskandale der zweiten Republik. Recht brauchbar sind da oft die Blicke aus dem Ausland, das betrifft sowohl den schon oft zitierten Beitrag der NZZ über Filz in Österreich - als auch den sehr übersichtlichen Beitrag der gestern via n-tv publiziert wurde.

Addendum 2: Kosten

Das Zahlenmikado scheint undurchdringlich, ob dem Steuerzahler nun 19, 13, 4 oder doch knapp über null Milliarden zusätzlicher Schulden blühen, die Antwort auf diese Frage hatte fast schon Teamchef-Dimensionen – wo auch gefühlt jeder zweite Österreicher was beizutragen hat.

Allerdings kann es helfen bei dieser Frage auf die eine oder andere Einführungsvorlesung aus "Buchhaltung" zurückzugreifen – denn spätestens dann stellt sich die Frage: Wenn dauernd über notleidende Kredite der Hypo gesprochen wird und wie sich deren Rückzahlung auf unsere Staatsverschuldung auswirkt – wie können die Aktiva einer verstaatlichten Bank die österreichischen Schulden erhöhen?

Die Antwort ist dabei so einfach wie selten erörtert, was vielleicht auch am Image der Buchhaltung liegt: Nicht das Portfolio der Hypo (ob nun 19, 13, 7, oder wie viele Milliarden auch immer) wandert zu unseren Staatsschulden – es ist vielmehr so, dass Österreich (als Eigentümer der zu errichtenden Bad Bank) für zu erwartende Ausfälle eben eine Art Rückstellung bilden muss.

Kurt Razellis Song zum Hypo-Skandal

Zu vergleichen mit Rückstellungen für zu erwartende Prozesskosten etwa, oder für Schadenersatz. Wie hoch diese Rückstellung sein muss, wie viele Milliarden nun also tatsächlich zu unseren Schulden kommen, hängt dabei im Prinzip von jener Quote ab, die man (oder Eurostat) als Ausfall erwartet. Und da eine Rückstellung ja rein buchhalterisch eben zum Fremdkapital zählt und auf der rechten Seite der Bilanz steht, ist so auch für die Rechnungswesen-Nerds unter uns wieder alles verständlich.