Erstellt am: 23. 2. 2014 - 15:07 Uhr
The daily Blumenau. Weekend Edition, 23-02-14.
Auch 2014, wie schon seit der Nationalrats-Wahl online: der Versuch das Journal in der Form von 2003, '05, '07, 2009 und 2011 durch ein kürzeres Format zu ersetzen, um so Täglichkeit hinzukriegen. Und das mit Items aus diesen Themenfeldern.
Was konnte #sochi14? Versuch einer Bilanz
Immerhin: die – eigentlich deutlich zu hoch gegriffene - Erwartungs-Haltung der Teamführung wurde eingelöst. Die Medaillen-Bilanz, der Oberflächen-Spiegel für all jene, die ständig ein einfach verständliches Update brauchen, weil ihnen der Überblick fehlt, entweder vom Verständnis oder wegen der ein wenig anspruchsvollen Logistik, also quasi die Bild-Zeitung der Spiele, die stimmt; Übertrifft die Erwartungen sogar leicht.
Wäre nicht am letzten Tag der Kandidat für Medaille 18 des Dopings überführt worden, wäre 17 die einzig relevante Kennzahl. So ist die Bilanz jetzt positiv, aber dann doch auch ein wenig dürr. Und natürlich tauchen die Gespenster von Turin wieder auf. Markus Gandler hat gelernt, dass man sich nicht schützend vor Erwischte werfen darf und alles abstreiten soll, sondern sich so klar wie möglich distanzieren muss, weswegen er den in einer Sekunde auf die anderen Verfemten einen „Hund“ nennt. Chefmann Schröcksnadel bastelt sicher schon an einem Nachfolge-Bonmot zu „Austria is a too small country to make good doping“; ich würde einen Gag mit „bad“ Doping vorschlagen.
Österreichweit bereits abgesegnet, und da ist man deutlich schneller (und auch felsenfester) als jede Warren-Kommission, die Franz-Fuchs-Taskforce und die Priklopil-Untersucher zusammen, ist die Einzeltäter-These; ganz im Gegensatz zu echten Bösen.
Auch ansonsten ist viel passiert.
Ich kenne jetzt den Unterschied zwischen Anna Fenninger und Marcel Hirscher: die eine verfügt bereits über die nötige innere Gelassenheit, die dem anderen noch fehlt.
Ich habe jetzt noch mehr Verständnis für die scheinbar natürliche Widerständigkeit der Snowboard/Freestyle-Opposition gegenüber ÖSV und Medien: es geht da nicht nur um Akzeptanz, Platzhirscherei und das Gefühl, durch den Druck auch olympisch werden zu müssen, sich in eine grausame Zwangsehe begeben zu haben, es geht um das permanente blöde Gerede hinterm Rücken, das Ausspielen der einen gegen die anderen, den Vergleich unvergleichbarer Leistungen. Nach den Alpinen haben die Trickser & Boarder nämlich die zweitbeste Bilanz aller Disziplinen aufzuweisen,
Ich knie vor dem holländischen Eislauf-Wunder, einem, Wahnsinn auf sechs-Niederländer-unter-den-ersten-fünf-Niveau. Die Orangen sind zwar seit ich denken kann die besten Eisschnellläufer, wie sie aber die anderen, auch nicht auf einer Nudelsuppe daherschwimmenden Konkurrenten mittlerweile abgeschüttelt haben, bedarf exkursiver Aufklärung.
Meine Verachtung für die Speichellecker rund um den Veranstalter-Zaren ist ein wenig mitleidiger geworden. Nicht, was die Geschäftemacher in Diensten seiner Chef-Oligarchie betrifft, sondern gegenüber den Sport-Zapplern, die im Windschatten von Schranz und Schröcksnadel keine großen Deals ausgehandelt haben und ihre Demutsgesten für den symbolischen Putin-Erstbesuch des Österreicher-Hauses erwiesen haben.
Es ist wie beim Big Business, wenn Putins Mittelstands-Oligarchie halb Wien und ganz Tirol kauft: nur die oberen Chargen schneiden mit, die unteren bleiben Hampelmänner, hansmoserlike Kofferträger.
Obwohl; einen Erfolg kann man sich vielleicht auf die Fahnen schreiben: Putin hatte mit seinem ganzen Posing und Representing und Wichtigmaching und PussyRiot-Peitsching so viel zu tun, dass nebenan in der Ukraine sein Mann den Präsidentenposten verlor und die prowestliche Opposition (vorerst) siegreich aus einem Viertel-Bürgerkrieg hervorgegangen ist.
Und auch die Nachred' all jener, die in den Olympia-Stätten Arbeits-Wohnungen beziehen mussten, wird nicht zum Wohle Russlands und der neuen Wintersport-Station Sochi&Hinterland ausfallen: zu wirklich guter Mund-Propaganda wird es angesichts der grotesken Vorfälle (Staublunge, halbfertig, null Beschwerde-/Kritik-Kultur) nicht kommen.
Schön war die Empörung über den Ausfall der Eishockey-Mannschaft, die nach einem Teilerfolg (Sieg gegen Norwegen) den Abend versoff, um am nächsten Tag gegen Slowenien und so die Chance auf ein historisches Viertelfinale zu verlieren. Schön war die Entschuldigung der schuldaufsichladenden NHL-Unit, die so unreif formuliert war und so kindlich klang, weil sie auch tatsächlich so gemeint war.
Die viel entscheidendere Schwachstelle als das ist aber ein Coach, der den Goalie, der alles überhaupt erst möglich gemacht hatte, gar nicht nominiert hätte (sondern lieber den Reservetormann des Vereins, den er hauptberuflich betreut, berufen hatte), wenn Thomas Vanek nicht entsprechenden Druck aufgebaut hätte. Dass sich Coach Viveiros jetzt als Mahner aufspielen darf, zeigt, wo es im Eishockey-Verband krankt.
Beste Szene überhaupt: als es nach dem Zielraum-Interview mit der Slalom-Drittplatzierten Kathrin Zettel, in dem vor allem ihre Trauer über den jüngst erlittenen Tod der Großmutter herausbrach, den Kommentatoren minutenlang vor Rührung die Sprache verschlug und sie sich mit rausgewürgten, kaum verständlichen Halbsätzen drüber hinwegschwindeln wollten, anstatt daraus pathetisches Theater zu machen; und uns Zuschauer so dann noch einmal die Tränen aufsteigen ließen. Das war ein großer kleiner Moment.
Das Vorspiel zum Ende des Aufbau-Phase
Österreich ist in Gruppe G mit Russland, Schweden, Montenegro, Moldau und Nachbar Liechtenstein.
A
NED TCH TUR LET ICE KAZ
B
BOS BEL ISR WAL CYP AND
C
SPA UKR SWK BELO MAZ LUX
D
DEU EIRE SCO POL GEO GIB
E
ENG SUI SLO EST LIT SMAR
F
GRE UNG ROM FIN NIRL FÄR
G
RUS SWE AUT MONTE MOL LIE
H
ITA KRO NOR BUL AZE MALT
I
POR DEN SRB ALB ARM *FRA
#fußballjournal14 #euro16
Dieses Früjahr geht's noch: ausprobieren, sich mit guten Leistungen zufriedengeben ohne die zugehörigen Resultate groß zu beachten. Danach, nach der WM in Brasilien, ist es damit für das ÖFB-Team vorbei. Danach gilt die EM-Quali, die heute ausgelost wurde.
Die Euro-Tickets werden diesmal großzügig vergeben: die Gruppen-Ersten und Zweiten sind fix und fünf der neun Gruppen-Dritten fahren auch nach Frankreich. Platz 3 ist also die Minimalanforderung.
Nun gibt es Gruppen, in den Platz 3 ein Selbstläufer ist (I, E, C, A). Und es gibt Gruppen, in denen vier Teams reelle Chancen haben (B, D, G, H).
Österreich wurde in das zweite Szenario gelost.
Dummerweise ist Nation Nr. 4 in diesem Quartett ein Newbie, eine frische und - zumindest den hiesigen Konsumenten und auch dem Medien-Mainstream - noch recht unbekannte Größe. Deshalb wird der Hinweis darauf, dass Montenegro zuletzt etwa England an den Rand der Blamage gedrängt hatte und erst in der Barrage zur letzten Euro gescheitert war, kaum gehört verhallen. Die Ex-Internationalen und andere Schein-Experten werden den ehemaligen Yugo-Teilstaat als lächerlichen Zwerg betrachten, allein schon deshalb, weil er in der Vergangenheit (in der sie großteils heute noch leben) nicht existiert hat.
Man wird also dazu übergehen zumindest Platz 3 als g‘mahte Wiesen anzusehen. Was es keinesfalls ist.
Andererseits darf eine Nationalmannschaft, bei der ein potentieller Frühpensionist wie Branko Boskovic noch ein Leiberl hat, kein echtes Hindernis darstellen. Montenegro lebt aber nicht von seinen (vereinzelten) Stars (Vucinic, Jovetic), sondern von einer durch die sofortigen Achtungserfolgen getragenen Euphorie und der Hoffnung das nächste Bosnien (Topf 1, fix in Brasilien) sein zu können.
Die aus den vorderen Töpfen dazugelosten großen Kaliber sind zumindest teilweise in Reichweite. Und just am Beispiel Schweden wird sich formschön zeigen, was Kollers Team dazugelernt hat. Dem letztjährigen Gerede vom Fast-Auswärtssieg muss in dieser Qualifikation jetzt ein reales Auswärts-Remis folgen.
Team Russland befindet sich im für die WM 2018 geplanten Aufbau und dementsprechend im Umbruch. Die alte Garde um Arshavin und Co hat sich bereits verabschiedet - die neue, wieder fast legionärslose Truppe ist zwar immer für ein brauchbares Spiel, aber ebenso für einen pampigen Aussetzer gut. Und bis auf Dzagoev ist kein Akteur wirklicher Sonderklasse in Sicht.
So ist nach der Auslosung vor der Auslosung: für eine Euro mit 24 Teilnehmern muss sich Österreich qualifizieren. Und auch wenn man mit Montenegro den vielleicht mühsamsten Gegner aus Topf 4 bekommen hat, obwohl auch Schottland und Bulgarien ebenso harte Nüsse gewesen wären.
Schließlich hat die Auslosung dem ÖFB sowohl einen der (Ex-)Weltmeister als auch die allerschärfsten Gegner aus Topf 2 erspart. Man hatte zwar kein wirkliches Glück, aber es kam wenigstens kein Pech dazu.
Jetzt liegt es an Teamchef Koller und seinem ÖFB-Umfeld den Kader für die eineinhalbjährige Quali-Session sicher und breit aufzustellen und mit dem nötigen strategischen Rüstzeug zu versorgen. Die Zeit des Aufbaus wird nur noch dieses Frühjahr dauern – danach zählen nur noch stabile Leistungen und entsprechende Resultate.