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Robert Glashüttner

Videospielkultur, digital geprägte Lebenswelten.

19. 2. 2014 - 17:13

Fight the power, hack the system

Cory Doctorows Roman "Little Brother" über die Auflehnung von Jugendlichen gegen die harsche Antiterrorfahndung in den USA ist als deutschsprachiges Bühnenstück adaptiert worden.

Was kann man als Einzelperson gegen Massenüberwachung und konsequente Verletzung der Privatsphäre tun? Wenig, aber man kann informiert sein, Aufmerksamkeit schaffen, mit anderen Menschen und Gruppierungen zusammenarbeiten und sichtbar sein, während man sich dagegen stemmt. Langfristig ist am wichtigsten, jüngeren Menschen die Relevanz von fundierter Kritik und Protest am Überwachungsstaat zu vermitteln.

Einer besonders renommierter Journalist und Aktivist für Netzkultur, Datenschutz und die Beibehaltung von Bürgerrechten im digitalen Zeitalter ist Cory Doctorow. Zusätzlich dazu ist er erfolgreicher Science Fiction-Autor und verbindet Themen wie Hacking, digitale Popkultur und technische Zukunftsvisionen in packende Geschichten, die nah dran sind am wirklichen Leben. Jetzt ist einer von Doctorows Romanen, das Jugendbuch "Little Brother" (2008 erschienen), auch als Bühnenadaption verfügbar.



Ursprünglich hat der Dramaturg Josh Costello das Stück in San Francisco urgeaufgeführt. Anfang dieser Woche hatte es auch auf Deutsch Premiere, und zwar in der ARGE Kultur in Salzburg. "Little Brother" (angelehnt an den "Big Brother") erzählt die Geschichte von drei schlauen Teenage-Hackern, die sich gegen die US-Antiterrormethoden auflehnen. Am Anfang ist alles noch harmlos und vertraut. Schüler grenzen sich von Erwachsenen durch technischen Vorsprung ab.

Doch irgendwann wird aus dem Katz-und-Maus-Spiel zwischen Lehrern und hackenden Schülern bitterer Ernst. Mehrere Terroranschläge finden zur selben Zeit statt, die Bay Bridge in San Francisco, wo der Roman spielt, wird gesprengt. Weil sich die Jugendlichen wegen einer Verletzung nicht gleich in die Schutzräume zurückziehen, werden sie vom Department of Homeland Security als potenzielle Terroristen gefangen genommen.

Der Kalifornier Josh Costello war bei der deutschsprachigen Premiere in der ARGE Kultur in Salzburg anwesend. Er sagt über das Stück: "It's a story about kids fighting back against authority. Which I think is something that teenagers tend to identify with a lot - I know I did when I was a teenager. And when I read the book, I was very drawn to that aspect of it, that idea of how it feels to be a teenager and to be feeling like things are unfair and wanting to make a difference and wanting to put things right."

Die zwei Burschen sitzen nebeneinander und werden von einer Beamtin vom Department of Homeland Security verhört.

Robert Glashüttner, ORF/FM4

Off-Theater-Setup mit hoher Dynamik

Der Roman "Little Brother" von Cory Doctorow ist unter einer Creative Commons-Lizenz frei verfügbar.

Regisseurin Caroline Richards hat seine Bühnenfassung übersetzt und adaptiert. Interessanterweise war das Theater in der Metropole San Francisco kleiner, als es die ARGE Kultur im verhältnismäßig provinziellen Salzburg ist. In beiden Theaterinszenierungen gibt es nur drei Schauspieler: den männlichen Protagonisten Marcus, eine Frau und einen zweiten Mann, die alle anderen Rollen spielen.

Dementsprechend minimalistisch, aber funktionell ist auch das Bühnenbild: Caroline Richards arbeitet mit Live-Kamera-Projektionen und einem geschickten Modulsystem, das aus mit bestimmten Gegenständen bemalten Kisten besteht. Die werden so angeordnet, dass die Schauspieler während der Vorstellung ein Rednerpult, einen Schreibtisch, eine Partysituation oder einen improvisierten Hackerspace herstellen können. Dass diese Umarrangierungen Teil des Stückes sind, macht auch deshalb Sinn, weil die Inszenierung voller Körperbewegungen ist: Hauptdarsteller Valentin Alfery ist unter seinem Pseudonym Knuffelbunt als Profi-Breakdancer aktiv, einige seiner Moves sind auch in "Little Brother" zu sehen.

Marcus steht auf einem Podest und hält die Hände in die Luft, im Hintergrund sieht man eine projizierte Straßenkarten von San Francisco.

Robert Glashüttner, ORF/FM4

"Little Brother" in der Bühnenfassung von Caroline Richards wird wieder Anfang April in der ARGE Kultur gespielt.

Aktueller und wichtiger könnte das Thema von "Little Brother" kaum sein. Weil Buchautor Cory Doctorow sehr nahe am Thema Netzkultur, Hacking und digitaler Privatsphäre dran ist, sind auch die Inhalte auf der Bühne glaubhaft und prinzipiell eins zu eins auf die wirkliche Welt übertragbar. Auch vor harschen Situationen wird nicht zurückgeschreckt. Themen wie Folter - etwa Waterboarding - werden nicht ausgespart, was Caroline Richards, aber auch Josh Costello an der Romanvorlage schätzen:

"One of the things (that) I like about the novel is that it doesn't flinch away from that. It is a novel intended for teenagers, it's a young adult novel, but it deals with some really horrible, scary things - in a way that brings it home for young people."