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Anna Masoner

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Anna Masoner

Erkundet als digitale Migrantin Vorzüge und Abgründe der Informationsgesellschaft

19. 2. 2014 - 11:56

Das "Gute-Gewissen-Telefon"

Dass man nicht nur faire Bananen und faire Kleidung, sondern auch faire Elektronik herstellen kann, das will das Start-Up "Fairphone" aus Amsterdam beweisen. Doch wie fair ist das Smartphone wirklich?

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Wer im vergangenen Jahr 325 Euro in die Crowdfunding Kampagne von Fairphone investiert hatte, bekam sein Telefon Anfang des Jahres in einem kleinen Päckchen aus Pappkarton geliefert. 25.000 Stück hat die niederländische Firma erst einmal produzieren lassen. Ausgestattet ist es mit allem, was ein gewöhnliches Smartphone bietet. Ein solides Gerät mit ein paar Kinderkrankheiten, lautet die Bilanz vieler Produkttests. So fällt gerade bei kleiner geschrieben Textpassagen auf, dass die Auflösung des Displays nicht besonders hoch ist. Doch wie steht es um die Fairness des Telefons?

Fairphone

CC BY 2.0, flickr.com, User: rainerstropek

Bereits im Vorfeld, haben die Macher ja angekündigt, dass sie auf Anhieb kein rundum sauberes Smartphone herstellen können.

Ist Fairness quantifizierbar?

"Man kann Fairness nicht in Zahlen darstellen", sagt dazu Fairphone-Mitarbeiterin Roos van der Weerd. Was die Initiative geschafft habe, sei erstmals eine transparente Lieferkette für Konfliktmetalle aus dem Kongo aufzubauen. Genauer gesagt geht es um die beiden Rohstoffe Tantal und Zinn. Die Macher von Fairphone haben mit dem Netzwerk Solutions for Hope zusammengearbeitet, das im Kongo kleine Minengenossenschaften aufbaut. Dank einer Art Sendeverfolgung kann die Herkunft jedes Sacks Zinn und Tantal nachvollzogen werden.

Annehmbare Arbeitsbedingungen in China

Produziert wird das Fairphone in China. Nicht um Kosten zu sparen, wie es die meisten Großkonzerne machen, sondern um in einer Fabrik vor Ort faire und gerechte Arbeitsstandards durchzusetzen, sagt Roos van der Weerd. Auch das ein langwieriger Prozess. Beim Auftragsfertiger A´Hong gab es die Bereitschaft des Managements, die Situation der Beschäftigten langfristig zu verbessern. Etwa die Reduktion der Normarbeitszeit von 80 auf 60 Stunden pro Woche und die Einführung eines Mindestlohns. Außerdem hat Fairphone einen Mitarbeiterfonds eingerichtet. Pro verkauftem Telefon wandern fünf US-Dollar in den Fonds.
"Wie das Geld verteilt wird, darüber entscheiden die Arbeiter mit. Dass Arbeiter mitentscheiden können, ist für chinesische Fabriken noch recht ungewöhnlich."

Mitarbeiter von Fairphone

CC BY 2.0, flickr.com, User: Waag Society

Juhu, es lässt sich reparieren

Auch in Sachen Nachhaltigkeit und Umweltschutz soll das Fairphone punkten. Alle 18 Monate wechseln wir im Schnitt derzeit ein Smartphone.
"Wir haben ein Telefon gebaut, das man öffnen kann. Das heißt, man kann es leicht reparieren. Wir bieten Ersatzteile an, etwa die Fotolinse. Außerdem kann man den Akku und den Touchscreen leicht austauschen." Das Fairphone sollen seine Besitzer also länger nutzen. Und am Ende soll es im besten Fall sogar vollständig recycelt werden. In den wichtigsten Elektroschrottländern will das Unternehmen Recyclingkapazitäten aufbauen.

Fairphone startet in Kürze übrigens mit der Produktion der zweiten Tranche. Wer die Initiative unterstützen will, kann auf der Webseite bereits ein Telefon vorbestellen.

Fazit?

Das Fairphone ist momentan nicht sehr viel fairer als andere Smartphones, gibt Roos van der Weerd zu. Wichtiger sei aber die Idee, die es transportiert und die Veränderungen, die es anregt. Konflikt-freies Kupfer würde mittlerweile auch von Firmen wie Philipps, Blackberry und Motorola eingesetzt.

"Konsumenten machen sich noch nicht lange über die Produktionsbedingungen ihrer Computer und Smartphones Gedanken. Und sie fordern faire Elektronik erst seit kurzem ein. Wenn dieser Trend Schule macht, wenn sich also die Nachfrage erhöht, dann müssen die großen Hersteller das liefern.", meint Roos van der Weerd.