Erstellt am: 18. 2. 2014 - 14:57 Uhr
The daily Blumenau. Tuesday Edition, 18-02-14.
Auch 2014, wie schon seit der Nationalrats-Wahl online: der Versuch das Journal in der Form von 2003, '05, '07, 2009 und 2011 durch ein kürzeres Format zu ersetzen, um so Täglichkeit hinzukriegen. Und das mit Items aus diesen Themenfeldern.
Mit der neuen genialen Klug'schen Wortkreation könnten Franz Ferdinand ihrem Hit Darts of Pleasure jetzt eine neue Strophe hinzufügen.
Wer ist schuld an der Nichtigkeit des Pressefoyers?
#medien #wortdesjahres #politischekultur
Natürlich ist es zum Schreien komisch. Und bietet gerechtfertigten Anlass zu jeder Menge Spaß und Spott.
Wenn Verteidigungsminister Klug den zwischen Regierung und Medienvertretern schwelenden Konflikt um das ritualisierte Pressfoyer damit erklärt, dass sein Kanzler die Sache situationselastisch entwickeln würde, ist der kleine HämeStorm fix; damit hat er sich (wieder) ein kleines Denkmal gesetzt, was die politische Kommunikations-Kultur Österreichs betrifft.
APA / Georg Hochmuth
Klar ist dieser Neusprech-Terminus, der sich nur zwischen den eng benachbarten Polen "Hobt's mi gern" und "I moch wos i wü!" bewegt, eine Provokation. Jahrelang war das (vom Medienkanzler Kreisky erfundene) dienstägliche Pressefoyer nach dem Ministerrat die selbstverständliche Mixed-Zone für Medien und Mächtige, in der sich Regierungschef und (ab der Wenderegierung Schüssel) auch VizekanzlerIn stellten.
Mit Faymann II endet diese Tradition: man wolle nur noch anlassbezogen auftreten und stattdessen immer je zwei Minister mit Neuigkeiten aus deren Ressorts ins Rennen schicken.
Spätestens seit der neuen Aufregung um die Hypo ging diese (murrend zur Kenntnis genommene) Taktik natürlich in die Hose: Finanzminister Spindelegger bezahlte seine Absenz, die als bewusstes Sich-Nicht-Stellenwollen interpretiert wurde, mit der dritten internen VP-Vertrauenskrise innerhalb weniger Monate. Und dem verdoppelten Medien-Spott.
Keine Frage: die spindoktorell/strategisch weiterhin ganz ganz schlecht beratene Regierungsspitze hatte die Absicht sich mit dieser Maßnahme den ewigen pseudokritischen Sticheleien der Journaille zu entziehen, die das Pressefoyer längst zum Anlass nahm, selber hysterische Empörungs-Politik zu betreiben anstatt über Beschlossenes, Präsentiertes, Erreichtes zu berichten. Und: je schwächer die politischen Persönlichkeiten, desto dünnhäutiger die Reaktionen.
Ein Elefant wie Schüssel stand auch die Anfangs-Jahre seines Haider-Pakts durch, ein Mammut wie Kreisky konnte Kritik mit einem kantigen Gegenschlag problemlos wegwischen, selbst der Lobbyist Gusenbauer (der, die Jüngeren werden es nicht mehr wissen, auch einmal Kanzler war) schien die Reibung zu schätzen - Faymann/Spindelegger haben zurecht deutlich mehr Angst vor der direkten Konfrontation.
APA/HANS PUNZ
Aus einer Position der Schwäche lassen sich Reformen bekanntlich schwer argumentieren - vor allem wenn sie gegen die Interessen jener, die sich als Partner fühlen, gerichtet sind.
Aber: anders als in Deutschland, wo die irgendwie vergleichbare Bundespressekonferenz sich in Besitz der Journalisten befindet, ist das Pressefoyer ein Zugeständnis eines Kanzlers der 70er Jahre, der damit ein Zeichen gegen den metternich'schen Mief, der noch unter seinen Vorgängern herrschte, setzen wollte.
Nicht mehr.
Keine Verpflichtung, sondern ein Entgegenkommen, auf freiwilliger Basis.
Mehr zu Seibt und seinen 15 Thesen demnächst - sollte eigentlich heute Teil des Eintrags werden...
Und: die Bedeutung des politischen Journalismus hat (trotz der medialen Verhaberung, aber die findet ja nur auf der Chefebene statt) deutlich abgenommen - siehe auch Punkt 3 dieser Thesenliste.
Wäre der Zugang, den die Regierung Faymann/Spindelegger in Medienfragen hat, ein verantwortungsvoller, dann könnte man die Maßnahme der Umgestaltung des Pressefoyers als überfällige Neubesinnung auf politische Inhalte interpretieren.
Über die zu berichten, sie zu bewerten und ihre Tiefe auszuloten, das ist nämlich die erste und vorderste Pflicht des politischen Journalismus.
Die Praxis sieht anders aus: es geht der Medien-Branche um Personalpolitik, Skandalisierung, an Society-Berichterstattung angelehnten Tratsch, um Scoops, die Empörungswellen und dementsprechendes Interesse an den Medien selber generieren, teilweise sogar um Erkenntnisgewinn, den man dann geschäftlich nutzbringend abtauschen kann.
Für die Schlagzeile, die Stoßrichtung des Chefkommentators oder die Ausrichtung des Weiterdrehs in den nächsten Tagen reicht diese Oberfläche völlig aus.
Das Politische selbst bleibt ein paar Wenigen in Randbereichen der wenigen Qualitätsmedien vorbehalten, die sich entweder selber auskennen und deshalb verstehen, was hinter bestimmten Beschlüssen und Maßnahmen steckt, oder zumindest wissen, welche Experten sie dazu befragen müssen.
Wie gesagt: wäre die Umgestaltung des Pressefoyers auf Basis einer inhaltlich begründeten Neu-Besinnung auf politische Kultur und journalistische Werte erfolgt, dann wäre die Regierung ihrer auch hier bestehende Verantwortung auf hervorragende Art und Weise nachgekommen.
Es ist aber zu befürchten, dass dies nicht der Fall ist.
Das ist schlimm.
Bevor die Medien-Branche jetzt aber wieder zu jammern beginnt: genauso wäre es ihr möglich, diesen Umbruch zum Anlass für eine Rückbesinnung auf ihre eigenen Agenden zu nehmen.
Ich weiß das wird nicht passieren - man ist zu sehr im eigenen Spinnennetz verfangen um sich überhaupt noch anders bewegen zu können.
Ich finde aber, dass man sich der eigenen Schwächen und Fehler bewusst sein muss, ehe man Hohn und Spott über jene ausschüttet, denen die Wortwahl entglitten ist.
Allzu situationselastisch braucht man da gar nicht sein.