Erstellt am: 16. 2. 2014 - 17:31 Uhr
Fischen nach Freiheit
Ein Mädchen und ein Bursche sitzen an zwei unterschiedlichen Orten, sie auf einer Wiese, er in einem noch undefinierten Raum. Der Bildschirm ist in der Mitte geteilt, wir können uns entscheiden, welche Person wir wählen. Wer die beiden sind, ist noch völlig unklar, ebenso, worum es hier eigentlich geht. Ich entscheide mich für das Mädchen: Sie wird von ihrer wohl jüngeren Schwester abgeholt und ins Haus der Familie geleitet. Es sieht aus, als hätten wir Geburtstag, doch schon bald stellt sich heraus, dass wir stattdessen Teil eines bizarren Opferrituals werden und uns darüber auch noch freuen sollen. Beim sogenannten "Maiden's Feast" werden in jedem Ort regelmäßig junge Frauen an Mog Chothra, einem riesigen Seemonster, zum Fraß präsentiert.
"Warum können wir das Monster nicht töten?" fragt die junge Frau die alte Zeremonienmeisterin. "Sei still", zischt diese, "sonst kommt nur Unheil über das Dorf!" Wir können nun weiterspielen, aber zu jeder Zeit auch den Schauplatz wechseln - zu dem Burschen. Das heißt also, wir spielen hier eigentlich zwei Adventures in einem. Es stellt sich heraus, dass er in einem Raumschiff gefangen ist, wo ihn die Computer seit seiner Geburt verhätscheln und schützen und außer ihm anscheinend niemand an Bord ist. Es gibt eine Fake-Brücke und Fake-Missionen, omnipräsente Computer in Form von Mami (in Form einer Sonne) und Papi (Mond), die über das fast schon erwachsene Kindlein wachen. "Ich bin hier doch nur Gefangener!", schimpft er. Aber das müsse eben so sein, denn von seiner Sicherheit hängt alles ab.
Aufbruch in neue Lebensabschnitte
"Broken Age" vermischt Märchen, Fantasy, Science Fiction und Comedy in einer wundersamen Mischung. Auch Feminismus ist ein großes Thema, denn Vella, so heißt das Mädchen, weigert sich sehr bald, Opfergabe des Monsters zu werden und wird aus ihrem kuriosen Cupcake-Kleid wohl flüchten können und Rachepläne schmieden. Alle schreien, nur der vermeintlich senile Opa ist stolz auf seine Vella. Way to go, girl!
Double Fine
Obwohl in den letzten Jahren regelmäßig neue Adventures in allen Qualitätsstufen erschienen sind - "Broken Age" sticht aus dem gesamten Genreangebot besonders positiv hervor. Die Geschichte ist zauberhaft, die Mono- und Dialoge sind humorvoll, die Rätselaufgaben genau in der richtigen Balance. Der Grafikstil ist eine auffallend hübsche Mischung aus Comic und Malerei. "Broken Age" zeigt vor, dass wir uns an die alten Adventures wie "Maniac Mansion" oder "Monkey Island" nicht nur aus Nostalgie so gerne zurückerinnern.
Den Score von Peter McConnell, eingespielt vom Melbourne Symphony Orchestra, gibt es hier.
A propos Erinnern: "Broken Age" ist das Ergebnis einer der ersten super erfolgreichen Crowdfunding-Kampagnen (Frühjahr 2012). 400.000 US-Dollar hätten es werden sollen, am Schluss sind es fast 3,5 Millionen geworden. Der renommierte Gamedesigner Tim Schafer, der hinter "Broken Age" und der Entwicklerfirma Double Fine steckt, ist als besonders talentierter Autor von Point-and-Click-Adventures in die Geschichte eingegangen. Schafers letzter diesbezüglicher Streich, "Grim Fandango", liegt allerdings schon 15 Jahre zurück.
Zwei Jahre hat es nun gedauert, bis "Broken Age" (ehemals "Double Fine Adventure") das Licht der Welt erblickt hat, aber sowohl Backing-Geld als auch Wartezeit waren gut investiert. Das kreativ und erzählerisch wunderbare Spiel hat darüber hinaus das große Budget gut genützt. Geprotzt wird damit aber zu keiner Zeit, stattdessen fügen sich alle Einzelteile bescheiden und unaufgeregt in ein stringentes Kunstwerk.
Elijah Wood spricht Shay. Und, natürlich: Wil Wheaton kommt auch vor.
Der erste Teil von "Broken Age" ist für Linux, Mac und Windows auf Steam als Download erhältlich, der zweite Teil wird später dieses Jahr für alle Käufer/innen des ersten Teils gratis nachgereicht.