Erstellt am: 16. 2. 2014 - 15:33 Uhr
Kafka in Comics
Das Salzburger Literaturhaus ist ein mächtiger Altbau, der mit seinen dicken Mauern und engen Stiegen irgendwie gut zu Kafka passt. Schon im Stiegenhaus sieht man ein Porträt des jungen Kafka mit Hut und darüber die Sprechblase "Ich finde die K hässlich".
Zita Bereuter/FM4
Noch während man überlegt, wer mit K gemeint sein könnte, lenken im ersten Stock lebensgroße Pappfiguren ab: zwei rennende Männer (die Gehilfen aus dem Schloss) und eine Kellnerin mit Bierkrügen, die vor dem Café wartet. An den Wänden hängen Portraits von Figuren aus Kafkas Werk.
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"K: KafKa in KomiKs" die Ausstellung im Literaturhaus Salzburg läuft noch bis 11. April 2014.
Sie wollten keine Ausstellung über Comics, sondern eine Comicausstellung. "Das ist etwas ganz anderes", erklärt Kurator und Autor mehrerer Kafka-Comics David Zane Mairowitz.
Die Aufmerksamkeit erregt eine kleine Kabine - ein Bretterverschlag - aus dem es geheimnisvoll leuchtet. Darauf eine Zeichnung von Robert Crumb, auf der Kafka eine Treppe hinaufsteigt - Hand in Hand mit einer Frau. Während die Frau singt, denkt sich Kafka "Sexualität ist die 'Sehnsucht nach Schmutz'. Der Koitus ist die Bestrafung für das Glück des Beisammenseins." In der Mitte dieses Bildes ist ein kleines Guckloch - dahinter erkennt man K und eine Frau beim Sex.
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Die Erotik bei Kafka und sein Humor bilden die beiden Schwerpunkte der Ausstellung. Beides sei sehr wichtig in Kafkas Werk und beides würde von den meisten Leuten ignoriert, erläutert David Zane Mairowitz. Kafka habe einen ganz schlechten Ruf. "Man denkt, dass er ein deutschsprachiger Orwell ist und es gibt eine Riesenmacht, die uns irgendwie unterdrückt und alles ist sehr schwarz. Ich finde, das ist reiner Quatsch. Kafka hat natürlich mit der berühmten Habsburger Bürokratie gelebt, aber es ist für ihn eher komisch und fast lächerlich als bedrohend."
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Orwell kommt dennoch vor. Zieht man an einer Schnur, liest er Kafka. Daneben gibt es eine Kafka-Verfilmung, Musik der Kafka-Band, eine Installation in einer Rumpelkammer, Käfer im Stiegenhaus und selbst in den Toiletten hört man Kafka.
Und natürlich themenspezifische Bildersammlungen – etwa zu Kafka und seiner neurotischen Beziehung zu Frauen. Kafka sei generell sehr zurückhaltend gewesen, meint Mairowitz. Auf manche Leute wirkte Kafka selbst während einer Unterhaltung so, als wäre er gar nicht anwesend. Auf andere zuzugehen war für Kafka immer schwierig - besonders auf Frauen.
Bekannt ist auch Kafkas Drang zur Selbstvernichtung. Dem ist eine beeindruckende Wand gewidmet, in der neben Zeichnungen - etwa von Robert Crumb - auch eine Pistole, ein Giftfläschchen und ein Messer angebracht sind - und von der Decke baumelt ein Strick. "k killt k" ist mit grüner Farbe über die Illustrationen gesprüht. Statt Selbstmord habe Kafka in seiner Arbeit einen Ausweg gefunden, erläutert Mairowitz.
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Selbstverständlich auch ausgestellt:
- David Zane Mairowitz, Robert Crumb: Kafka, Reprodukt
- David Zane Mairowitz, Jaromír 99, Franz Kafka: Das Schloss, Knesebeck
- David Zane Mairowitz, Chantal Montellier, Franz Kafka: Der Process, Knesebeck
Die Grundlage für diese Ausstellung bilden die drei Comics des Autors David Zane Mairowitz. Die beiden Comicadaptionen "Der Prozess", von der Französin Chantal Montellier und "Das Schloss", das der Tscheche Jaromír 99 bebildert hat, sowie der Band "Kafka", der vom großen Undergroundcomichelden Robert Crumb gezeichnet wurde.
Während "Der Prozess" leider nicht wirklich überzeugt - zu unstimmig und holprig wirkt der Zeichenstil, schafft "Das Schloss" eine beeindruckende Atmosphäre.
Jaromír 99 erzählt im Interview, dass er ursprünglich Scherenschnitte anfertigte und sich vom Dunkeln ins Helle vorgearbeitet habe.
Robert Crumb und Kafka
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Ein wirklicher Glücksfall von einem Comic ist die von Robert Crumb gezeichnete Biografie "Kafka". Knapp und präzise wird das Leben Kafkas erzählt und geschickt und verständlich mit Kafkas Werk verwoben. Der strenge Übervater, das religiöse, jüdische Prag, der Antisemitismus, Kafkas Arbeit in der Versicherungsanstalt und seine Beziehung zu Frauen: Kafkas Zerrissenheit wird sehr deutlich.
Robert Crumb ist der ideale Zeichner für Kafkas Welt. Crumbs gewaltiger Stil – leicht düster, bedrohlich und geheimnisvoll aber dennoch bestimmt, kräftig und mitunter humorvoll – ergänzt das Werk Kafkas geradezu. Robert Crumb habe sich gut mit Kafka identifizieren können, erzählt David Zane Mairowitz. Denn auch Crumb habe eine schwere Familiengeschichte gehabt und sei sehr zurückhaltend - gerade auch gegenüber Frauen. "Er hat Kafkas merkwürdige Erotik gezeichnet, als ob er es miterlebt hat."
Kafka ist nicht nur ein Meister der Sprache und der Handlung, sondern auch der Bildhaftigkeit. Sein Werk eignet sich daher besonders gut für Comics, findet David Zane Mairowitz.
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Wort und Bild wachsen immer wieder übereinander hinaus. Etwa bei der Darstellung von Kafkas eigenen Skizzen - als Versicherungsbeamter war er auch für Arbeitsunfälle zuständig und fertigte dafür Zeichnungen von gefährlichen Maschinenteilen und verstümmelten Händen an.
Kafka wusste auch um die Bedeutung von Illustrationen – so wollte er nicht, dass auf die Ausgabe seines Romans "Die Verwandlung" eine Illustration eine Käfers oder Insekts kam. Er schrieb seinem Verleger Kurt Wolff: "Das nicht, bitte das nicht! … Das Insekt selbst kann nicht gezeichnet werden. Es kann noch nicht einmal von der Ferne aus gezeichnet werden." Kafka wollte uns kein bestimmtes Bild von dem Ungeziefer geben, erklärt David Zane Mairowitz. Damit das Unheimliche noch besser wirken kann.