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Daniela Derntl

Diggin' Diversity

11. 2. 2014 - 17:53

Jet Set Freshness

Left Boy ist der FM4 Artist Of The Week. Auf seinem Debütalbum "Permanent Midnight" schwankt der Rapper und Produzent zwischen Haudrauf-Hedonismus und gefühlvoller Introspektion.

Artist Of The Week

FM4 Musikempfehlungen

Wien, Los Angeles, London, New York. In diesen Städten ist "Permanent Midnight" entstanden. Ein Jet-Set-Album quasi, denn Viel- und Überflieger Left Boy hat sein Studio, also einen Laptop, Soundkarte und Mikrofon, überall mit dabei. Jede Idee wird sofort umgesetzt, egal wo er ist.

Left Boy beim FM4 Frequency Festival 2013

Dominique Hammer

Left Boy live beim Frequency Festival 2013

Left Boy bei FM4

Am 14.2., dem „day of love“, wird Left Boy die FM4 Studios besuchen:

  • FM4 Morningshow

Von 7 bis 8 Uhr wird er in der FM4 Morningshow zu Gast sein, um nicht nur mit dem FM4 Moderator John Megill „silly games“ zu spielen sondern auch um die FM4 Hörer_innen beim Left Boy-Quiz zu unterstützen.

  • FM4 Unlimited

In FM4 Unlimited (14-15 Uhr) bei DJ Functionist kommt Left Boy dann gemeinsam mit seinem Tour DJ Eric Kin zu Wort, der anschließend die aktuellesten Lieblingstunes aus dem Left Boy Headquarter auflegen wird.

  • FM4 Connected

Der aktuelle FM4 Artist Of The Week wird in FM4 Connected (15-19 Uhr) über sein Debüt „Permanent Midnight“ sprechen und hat auch Konzerttickets sowie signierte Alben für die FM4 Hörer_innen mitgebracht.

Wie würde Ferdinand Sarnitz sein Alter Ego Left Boy jemandem beschreiben, den er zufällig in der Warteschlange vor dem "Security Check" am Flughafen trifft? "Ich würde keinen je am Flughafen erzählen, dass ich Musiker bin. Ich bleib dem Thema gerne fern, weil ich sonst eh den ganzen Tag über Musik und mich selbst reden muss. Ich bin froh, wenn ich das mal nicht machen muss."

Doch nicht nur der Entstehungsprozess war ein ausgedehnter Trip, auch das Album ist eine musikalische Reise quer durch den Genre-Gemüsegarten. Left Boy bläst sich mit Electro-Anabolika und lustigen Dubstep-Derivaten zum Party-Zampano auf und lässt die Puppen tanzen wie in seinen Videos. Doch nach jeder Party kommt der Kater und auch davon weiß er einige Lieder zu singen.

In "Time and Again" reflektiert er über den Anlauf, der zum Absturz führt: schneller Sex, Drogen und all dieser geile Selbstzerstörungs-Kram, der einen am nächsten Tag zum emotionalen Vollvaserl macht. Vor diesem Party-Blues, der Angst und den Selbstzweifeln ist auch ein Typ mit einem "Healthy Ego" wie Left Boy nicht gefeit.

Doch der Zuspruch, den er für seine Musik bekommen hat, lässt die Zweifel wieder verschwinden: "Ich war fest davon überzeugt, dass es klappen wird mit der Musik. Ich hatte schon sehr früh Unterstützung von allen Seiten. Ich hab fast nie etwas Negatives gehört. Besonders am Anfang wurde ich mit Positivem überschüttet und deswegen hab ich gewusst, dass ich damit etwas machen kann. Bei fast jedem, dem ich es gezeigt habe, ist es gut angekommen und ich war da schon ziemlich selbstsicher."

So selbstsicher kann man auch sein, wenn die Youtube-Videos Klickzahlen jenseits der Million einfahren und das allererste Konzert im Wiener WUK ausverkauft ist: "Bei meiner ersten Performance habe ich gemerkt, was für krasse Fans ich eigentlich hab und dass ich da gar keine Angst haben muss beim Performen, weil ich nur mit Freude empfangen werde. Das erste Konzert war sicher eine Schlüsselerfahrung in diesen Jahren."

Left Boy beim FM4 Frequency Festival 2013

Dominique Hammer

In "Star", einer ruhigen Elektro-Pop-Nummer mit Piano-Tupfern, singt er über den Druck und das Lampenfieber, das er vor seinem ersten Auftritt verspürt hat: "Ich hab gedacht, das wird meine Karriere zerstören und mich vernichten. Ich werde als Phony geoutet vor tausend Fans beim ausverkauften Konzert und zehn verschiedenen Label-Leuten, die da auch gekommen sind. Ich hab mir gedacht, dass, wenn ich die Lieder nicht so perfekt performen kann, wie ich sie aufgenommen hab, ich dann meine Fans betrüge. Aber durch die vielen Konzerte habe ich gelernt, dass es vor allem auf die Energie ankommt und nicht darauf, dass man jeden Ton perfekt trifft."

Dieser Perfektionsdrang erklärt auch den späten Zeitpunkt der Album-Veröffentlichung, denn eigentlich hätte es schon im Vorjahr erscheinen sollen. Aber gut Ding braucht Weile und macht "Permanent Midnight" zu einem ausgereiften, wenn auch nicht ganz gewöhnlichen Debüt-Album.

Denn vor dem Album hat sich Left Boy auf zahlreichen EPs und Singles ausprobiert, die er als Gratis-Downloads verschenkt hat. Gratis deshalb, weil er viele Sampels verwendet hat, für die er keine Freigabe bekommen hat, wie zum Beispiel bei "Lullabye". Eigentlich hätte der Track auch auf "Permanent Midnight" erscheinen sollen, doch Left Boy hat die Rechte für das Sample von Billy Joels gleichnamigen Song nicht bekommen. "Lullabye" ist ein Song, in dem er seiner Mutter dankt, dass sie sich so um ihn und seinen Bruder gekümmert hat und ihre Pläne hinten angestellt hat.

Das ist nicht das einzige Beispiel dafür, dass Ferdinand Sarnitz ein Familienmensch ist: Die Großmutter spielt in dem Video "Healthy Ego" mit und weil sie am 9. August Geburtstag hatte und er gerade beim Sziget-Festival auf der Bühne stand, hat er ihr kurzerhand eine Videogrußbotschaft während des Auftritts mit dem Handy geschickt.

Auch der berühmte Vater und All-Around-Artist André Heller hatte Einfluss auf einen Song. Als Left Boy vor einigen Jahren mit Freund und Musiker-Kollege James Hersey gejammt hat, kam der Herr Papa vorbei und meinte wohlwollend zu einem Gitarren-Riff: "Alles fließt". Daraus wurde dann der Song "Everything Flows", eine akustische Ballade, in der Left Boy seinen Liebeskummer verarbeitet.

Die Songs auf "Permanent Midnight" sind Tagebuchaufzeichnungen aus dem bewegten Leben eines Mittzwanzigers, in dem es neben Party-Exzessen auch um sehr ernste Dinge geht: als seine Freundin schwanger war und er keine Zeit für sie hatte, weil er sich die Musiker-Karriere aufbauen musste, um seine kleine Familie zu versorgen, hat er begonnen "That’s How Much" zu schreiben. Der Song beginnt mit dem Sample von Ambrosias Achtziger-Jahre-Hit "How Much I Feel", dessen Schwülstigkeit Left Boy in eine tanzbare RnB-Ballade transferiert.

Left Boy lebt seine Crate-Diggin-Leidenschaft auch bei "10 AM", einem fröhlich pulsierenden Synthie-Popsong, aus, dem er ein Sample von "Lonley Boy" von Andrew Gold voranstellt.

Dieser Umgang mit Samples zeichnet neben dem nasalen Gesang den Stil vieler Left Boy-Nummern aus: alte Hits ausgraben, mit aktuellen Beats aufpeppen, ihnen mit der eigenen Geschichte neue Bedeutung geben um sie somit in die Gegenwart zu transferieren. Dieser Retromania-Zugang ist ein weiterer Ausdruck der musikalischen Reise und Vermischung der Genres, von der Left Boy im Interview gerne spricht.

Mit dieser im positiven Sinne eigenwilligen Liason von Electro, Dubstep, Rap und Pop hat Left Boy die Latte für sein nächstes Album ziemlich hoch gelegt. Hoffentlich muss man darauf nicht solange warten wie auf das Debüt.