Erstellt am: 10. 2. 2014 - 21:26 Uhr
The daily Blumenau. Monday Edition, 10-02-14.
Auch 2014, wie schon seit der Nationalrats-Wahl online: der Versuch das Journal in der Form von 2003, '05, '07, 2009 und 2011 durch ein kürzeres Format zu ersetzen, um so Täglichkeit hinzukriegen. Und das mit Items aus diesen Themenfeldern.
#medien #selfie
Nach der heutigen Betriebsversammlung, die zu einer Resolution und Printberichten geführt hat, die man sich in dieser Präzision auch in anderen Fällen wünschen würde, ist es recht klar: das Wiener Funkhaus wird über kurz oder lang aufgegeben.
Die dort angesiedelten Radio-Redaktionen werden, ebenso wie die in anderen Stätten untergebrachten Online-Redaktion und Ö3 in einem zentralen Standort untergebracht. Das wird kein Neubau in einem medien-Quartier sein, wie das noch vor ein paar Jahren angedacht wurde, als man noch auf der berühmten grünen Wiese planspielen wollte, sondern am einzigen ORF-Standort, der das platztechnisch derheben kann: am Küniglberg, den aufzugeben sich wirtschaftlich auch nicht lohnen würde.
So sieht der Vorschlag der Geschäftsführung aus - im März soll der Stiftungsrat die Entscheidung fällen. Das Funkhaus soll (wie im Vorjahr die Rosenhügel-Studios) verkauft werden, die denkmalgeschützten Bereiche (Sendesaal, Hörspielstudios) werden zurückgemietet, ein kleines Stadtstudio soll bleiben.
Es ist eine Vernunft-Lösung, die sich so schon seit langem ankündigt – was auch bereits die Aktion Rettet das Funkhaus zur Folge hatte.
Auf der einen Seite wird wirtschaftlich (ein gemeinsamer Standort ist kostengünstiger und effizienter was Synergien betrifft) und digitalpolitisch (der trimediale Newsroom als Zukunftssicherung) argumentiert. Ein Weiterwursteln wie bisher würde die Gefahr des Untergangs des gesamten Unternehmens in sich tragen.
Die andere Seite glaubt dass die räumliche Distanz zwischen den Medien demokratiepolitischen Pluralismus garantiert und hält den urbanen Standort im Kultur-Cluster zwischen Innenstadt und künftigem Zentralbahnhofs-Areal auch als kulturelle Begegnungs-Stätte für unverzichtbar. Der Verzicht auf das Funkhaus würde ein Kraftfeld voll von symbolischem Kapital unwiderbringbar zerstören und die Rolle der ORF-Radios als Kulturveranstalter schwächen.
Es haben alle auf ihre Art so recht; und es geht trotzdem nicht zusammen.
Man könnte schreien.
Würden wir heute, auf der schon vorhin erwähnten grünen Wiese einen neuen multimedial aufgestellten öffentlich-rechtlichen Rundfunk bauen – niemand käme auf die Idee irgendeinen Bereich irgendwohin auszulagern/abzusondern.
Das Zusammenwachsen der Ausspielwege, egal ob als Bewegtbild, Sound oder Text, ist nicht nur im Nachrichtenbereich eh schon evident – die bisherige Form der Kanäle wird sich vielleicht noch ein paar Jahre im prädigitalen Stil halten. Und selbstverständlich muss ein multimedialer öffentlich-rechtlicher Player da die nötigen Angebote an die Konsumenten legen; in feingetunter Abstimmung aller möglichen Medien.
Bislang ist der intermediale Austausch vorsichtig gesagt nicht gerade optimal; die Durchlässigkeit zwischen den Programmen verbesserungswürdig. Und natürlich bietet ein gemeinsamer Standort diesbezüglich bessere Möglichkeiten: kürzere Wege, direkte Ansprech-Möglichkeiten und vor allem ein deutlich besseres Gesamtklima. Die Mauern, die zwischen Fernsehen, also dem Küniglberg und allen anderen Medien (von allen Parteien) aufgebaut wurden, sind schon recht beängstigend. Und der frische Wind, der das neu aufgepeppte House on the Hill, durch die Ankunft einer ganzen Horde von (Küniglberg-)kritischen Journalisten durchwehen würde, hätte schon was.
Denn bei aller Liebe zu meinem langjährigen geschlechtlosen Lebensabschnitts-Partners Funkhaus: in dieser Hinsicht war es die letzten Jahre nicht gerade rosig. Das was Ö1, das Radiokulturhaus, die Wiener und wir an kulturellen Einmischung in Stadt und Land anbieten, das, was wir an Vernetzungs-Leistung hinstellen, unsere Interventionen und Anstoßgebungen, die sind aller Ehren wert – da ist das Level in den letzten Jahren sogar deutlich gestiegen.
Der Gradmesser für die Qualität der inneren Kommunikation aber, der alltägliche Austausch in der Kantine, befindet sich gerade noch außerhalb der Pflegestation.
Was innerhalb der abgegrenzten Bereich prima klappt ist funkhausübergreifend nämlich in der Krise.
Noch vor zehn, fünfzehn Jahren, also schon nach dem durchaus klimaschädigenden Auszügen von Ö3 und Radio NÖ, war ein Sidestep in die Funkhaus-Kantine Garant für irgendeine Form der inhaltlichen Auseinandersetzung: über irgendeinen Tisch, in irgendeine Gruppe, die Lust hatte etwas anzusprechen, stolperte man immer; Sender- und genreübergreifend. Religionsleute stritten mit Sportreportern, Intellektuelle mit Unterhaltern, Taxifahrer mit Stargästen. Und nicht selten brachte so ein multikulturell gemischtes Tischgelage Ideen, Projekte, Liebschaften und auch Nachwuchs hervor, programmlichen wie fleischlichen. Wie eine klassische Theater-Kantine.
Diese Fähigkeiten hat das Funkhaus in der unbeabsichtigten Abschottung, die durch die zu langsame Teilnahme an der Revolution der Medien-Konvergenz passiert ist, mittlerweile verloren. Es gibt bereits eine ganze Generation an jungen Kollegen, die diesen Austausch nicht mehr kennt, und deshalb auch gewisse Skills gar nicht mehr beherrscht, eine verlorene Generation.
Wenn das Funkhaus, und so scheint es, auf die Basics, die Kulturveranstaltungssäle, das Orchester, die beiden großen Aufnahme-Studios und ein kleinen Stadtstudio reduziert werden soll und der Rest rauf in den bislang nur dem Fernsehen vorbehaltenen Bereich wandert, dann konnte das, dass nämlich dieses Theater-Kantinen-Feeling der alten Funkhaus-Kantine wieder zum Leben erweckt wird, Träger von Hoffnung auf eine wieder inhaltlich verdichtete Zukunft werden.